Stockacher Aach mehrfach unterquert
In Stockach nahe am Bodensee (Landkreis Konstanz) musste die Stockacher Aach, ein Fluss aus dem westlichsten Oberschwaben, mehrfach unterquert werden, um eine neue Stromleitung zu verlegen. Diese wurde erforderlich im Zuge des Baus eines zweiten Schaltwerks, um das Netz nachhaltig zu
verstärken und es damit für die Zukunft zu rüsten.
Das neue Schaltwerk steht in Stockach im Bereich Kniebreche/ Papiermühle. Über eine 1.500 Meter lange Einspeiseleitung ist es direkt an das Umspannwerk der Netze BW angeschlossen und versorgt die Kernstadt von Stockach nun parallel über zwei Schaltwerke. Für alle Stromkunden bedeutet das auch auf lange Sicht größtmögliche Versorgungssicherheit und Zuverlässigkeit. Zudem stellen die Stadtwerke Stockach damit höhere Leistungskapazitäten bereit.
Verlauf der Stromleitungstrasse
Die HDD-Bohrungsabschnitte sind zum Teil sehr komplex, da der Fluss meist schräg verlaufend unterquert werden musste (schräge Unterschneidungen), zum Teil unter künstlichen Uferverbauungen, zum Teil unter Wehrstufen, zum Teil unter sehr wertvollen Uferbiotopstreifen. Auf der Nordseite des weit schleifenförmig verlaufenden Flusses grenzen die industrielle und die wohnliche Bebauung an den Fluss heran, im Gewerbegebiet zudem mit künstlichen Auffüllungen bis an die nördliche Uferkante heran. Die Stockacher Aach, nicht zu verwechseln mit der größeren, weiter westlich liegenden Radolfzeller Aach, die aus dem größten Quelltopf Deutschlands entspringt, unterliegt dennoch, genauso wie der größere „Schwesterfluss“, starken saisonalen Schwankungen in der Wasserführung. Kurzweilige starke Wasserführungen wechseln mit Niedrigwasser ab, wobei die heftigen Wasserführungen sich innerhalb weniger Stunden ereignen können und im Hinblick auf Baumaßnahmen sehr schnell eine stark veränderte Situation herbeiführen können.
Geologie im Trassenbereich
Sowohl die Stockacher Aach, als auch ihr kleiner Seitenfluss im Stadtgebiet, die Mahlspürer Aach, liegen in groben Terrassenschottern der ehemaligen Würm-Eiszeit. Diese Schotter sind sehr grob, umfassen zumeist die Geröll-Klasse, gehen in ihrer Größe aber auch darüber hinaus. Die Herkunft und Zusammensetzung dieser Grobschotter umfasst fast die gesamte Bandbreite zentralalpiner bis nordalpiner Gesteine, d.h. Gesteine mit Druckfestigkeiten zwischen 160 – 340 MPa sind vertreten. Besonders die Gerölle mit Herkunft aus den Zentralalpen – und deren Anteil ist sehr hoch – mit Graniten, Gneisen, Amphiboliten, Dioriten, Ophiolithen, Diabasen und Hornstein bieten die hohen Druckfestigkeitswerte. Zwischen den Geröllen und kleinen Blöcken dieser Grobschotter sind auch Sande vertreten. Auch größere Sandstein-Stücke aus Molasse-Sandstein waren in der Trasse anzutreffen. Die würm-eiszeitlichen Terrassenschotter weisen hohe Durchlässigkeit auf, sie sind bohrtechnisch auch daher eine große Herausforderung. Selbst mit bestem Felsbohr-Equipment ist die bohrtechnische Steuerung in diesen Grobschottern nicht einfach und die hohe Durchlässigkeit dieser Eiszeit-Schotter macht die Bohrlochstützung sehr aufwendig. Mit Bentonit allein kann bei großen Aufweit-Durchmessern keine Standfestigkeit erreicht werden, sondern umweltfreundliche Polymer-Zusätze sind zur Bohrloch-Stabilisierung erforderlich.
HDD-Bohrungen unter und neben der Stockacher Aach
Die renommierte HDD-Bohrtechnik-Firma Maier Bau GmbH, Dettighofen-Baltersweil, erhielt den Bauauftrag, gemeinsam mit der Firma Meier Straßen- & Tiefbau, Stockach, zur Durchführung von insgesamt 4 doppelten HDD—Bohrungen und Tiefbauleistungen. Es wurden jeweils 2 Bohrungen parallel im Abstand von etwa 1,50 m voneinander unter und neben der Stockacher Aach durchgeführt.
Die Bohrungen beinhalteten folgende Strecken zur Aufnahme folgender Rohrprodukte:
– 2 doppelte Spülbohrungen mit Einzellängen zwischen 110 m und 150 m, Bündel-Rohreinzug 3 x DA 140 mm + 1 x DA 50 mm und parallel dazu im Abstand von etwa 1,5 Meter ein Bündel-Rohreinzug 2 x DA 160 mm + 1 x DA 50 mm sowie
– 2 weitere doppelte Spülbohrungen Einzellängen zwischen 100 m und 140 m, Bündel-Rohreinzug 2 x DA 160 mm + 1 x DA 50 mm und parallelem Bündel-Rohreinzug 3 x DA 140 mm + 1 x DA 50 mm Gesamtlänge über 900 Meter.
Eingesetzt wurden für die Maßnahme eine Grundodrill 25 N – Bohranlage (für 3 Bohrungen) und eine Grundodrill 18 ACS – Bohranlage (1 Bohrung), jeweils vom Hersteller Tracto-Technik GmbH & Co KG aus Lennestadt.
Für die Pilotbohrungen, die je Bohrung etwa 6 – 10 Arbeitsstunden in Anspruch nahmen, wurden Harddrillheads von Tracto-Technik eingesetzt. Die Mindestdeckung unter der Flußsohle mußte 1,5 Meter betragen, de facto wurden jedoch 2 m Mindestdeckung realisiert. Die Aufweitarbeiten für jedes Bohrloch erfolgte in 3 Schritten: zunächst mit einem 250er-Konusreamer, dann mit einem 350er-Konusreamer und schließlich erfolgte ein Cleaning-Run mit einem 380er-Glättungsreamer. Jeder Aufweitschritt nahm in diesem groben Geröllmaterial etwa 6 Stunden in Anspruch.Das Rohrmaterial wurde jeweils im Bündel eingezogen, wobei die größeren Rohre der Aufnahme der Einzelader-Leitungen des neuen Mittelspannungskabels dienten und in das begleitende 50er-Rohr Steuer- und Datenleitungen aus Glasfaser eingezogen wurden. Bis auf Sandsteinhindernisse nahe der Wehrstufe der Stockacher Aach, die etwas die Bohrarbeiten verzögernten, verliefen alle Bohrarbeiten trotz der sehr schwierigen Geologie routiniert und im gesetzten Zeitplan, so dass nach 4 Wochen Bohrarbeiten alle vier Bohrstrecken der Vermessungsmannschaft der Stadtwerke zur Einmessung übergeben werden konnte.