„Versunkenes Rathaus“
Historischem Gebäude wird neues Leben eingehauchtIm historischen Stadtteil von Memmingen wurde ein
denkmalgeschütztes Rathaus aus dem späten 19. Jahrhundert
mit passenden Instandsetzungsmaßnahmen saniert.
Nach langer Zeit des Leerstandes, entschloss sich die renomierte Memminger Immobilienfirma k+s Real Estate GmbH & Co. KG die Sanierung anzugehen. Eine große Herausforderung für alle am Bau Beteiligten: Architekten, Bauleiter und zuletzt für die ausführenden Handwerker. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude in der Kemptner Straße wurde komplett entkernt, erhielt neue Fundamente und wurde statisch ertüchtigt. Die 12 Wohneinheiten wurden auf den neuesten technischen Stand gebracht.
Optik der Bestandsfassade blieb erhalten
Im denkmalpflegerischem Sinne achteten alle Beteiligten - trotz des maroden Zustands – darauf, möglichst viel von der Bausubstands zu erhalten. Die Fassadensanierung ging weit über eine kosmetische Korrektur der Fassade hinaus. So mussten die Fassaden auf der Süd- und Ostseite komplett mit Ausgleichsmörtel und einem neuem Oberputz versehen werden. Nachdem die Fassade gereinigt und vorhandene Hohlstellen abgeschlagen und mit Baumit TrassKalkputz TK 04 ergänzt wurden, konnte als Ausgleichs- und Haftvermittler Baumit multiContact MC 55 W aufgebracht werden.
Nach Stand- bzw. Trocknungszeiten wurde als Oberputz Baumit Fascina aufgebracht und mit der Glättkelle strukturiert. Die Fensterfaschen wurden ebenfalls mit Baumit multiContact MC 55 W gefilzt und zusätzlich mit Farbe abgesetzt. Auf der Nordseite kam das Baumit Star-System Mineralwolle auf den bestehenden Grundputz zum Einsatz. Auf die nicht im Lot stehende Bestandfassade brachte die ausführende Firma Zettler GmbH aus Memmingen Mineraltherm Lamellen Platten auf. Bewusst wurde auf einen Putzausgleich verzichtet, so dass die Dämmplatten entlang der Bestandfassade verlegt wurden.
Auch die Gewebespachtelung wurde in einer gleichmäßigen Stärke von ca. 8 mm auf die Dämmung aufgebracht, so dass sich im Endergebnis nach dem Auftrag des Oberputzes Baumit Fascina in einer Körnung von 3 mm die Gegebenheit der Bestandsfassade wiederspiegelt. Das WDVS Star-System Mineraltherm mit dem Güte Siegel Blauer Engel ist so nicht erkennbar. Als Schlussbeschichtung erhielten alle Fassadenteile einen zweifachen Fassadenanstich mit Silikat Farbe.
Untersuchung des Untergrundes
Die bei dem Objekt ausgeführten Sanierungsmaßnahmen offenbaren die Vielfalt an möglichen FassadenInstandsetzungssystemen. Weiterhin zeigte sich, wie wichtig eine gründliche Untersuchung des zu überarbeitenden Untergrundes ist. Vor einer Fassaden-
sanierung empfiehlt es sich daher grundsätzlich, die zu sanierenden Flächen auf mögliche Putzhohlstellen zu untersuchen. Insbesondere dann, wenn der Bestandsputz nicht abgeschlagen werden soll, sind weitere Untersuchungen unabdingbar. Mögliche Untersuchungen können hierbei Abriss- und Gitterschnittprüfungen sein.
Falls die ausgeführten Untersuchungen ergeben sollten, dass die zu überarbeitenden Putzflächen einen tragfähigen Untergrund darstellen, kann auf den Rückbau des bestehenden Putzaufbaus verzichtet werden. Bei Schäden an Fassaden, welche auf Feuchtigkeitseinwirkungen zurückzuführen sind, ist die Ursache der vorhandenen Feuchtigkeitsschäden zu ermitteln und ggf. abzustellen. Dies gilt vor allem bei Feuchtigkeitsschäden, welche auf eine nicht vorhandene bzw. nicht fachgerecht ausgeführte Bauwerksabdichtung zurückzuführen sind. Vor der Überarbeitung gerissener Putzflächen sind zudem die Schadensursachen der vorhandenen Risse festzustellen. Hierbei ist zwischen putzbedingten, putzgrundbedingten und konstruktionsbedingten Rissen zu unterscheiden.
Verschiedene Instandsetzungssysteme
Da ein Großteil der zu sanierenden Fassaden Risse aufweist, soll hier auch näher auf die in Abhängigkeit der Rissursache(n) mögliche Instandsetzungssysteme eingegangen. Gemäß dem WTA-Merkblatt „2-4 Beurteilung und Instandsetzung gerissener Putze und Fassaden (Ausgabe 8.2008)“ wird hier zwischen Instand-
setzungssystemen zur Sanierung von Einzelrissen und Instandsetzungssystemen zur flächigen Sanierung unterschieden. Untenstehend werden die anstrichtechnischen und putztechnischen Instandsetzungsverfahren beschrieben.
Rissverschluss mit gefüllter Beschichtung oder Mörtel
Das Verfahren E1 stellt den Rissverschluss mit einer gefüllten Beschichtung dar. Dieses Verfahren kann eingesetzt werden bei ruhenden Einzelrissen, welche eine Rissbreite bis 0,1 mm aufweisen und kurz nach der Fertigstellung der Putzfassade aufgetreten sind. Hierbei wird zunächst der Untergrund gereinigt und anschließend die zu überarbeitenden Risse mit einer gefüllten Farbe verschlämmt.
Beim Verfahren E2 erfolgt der Rissverschluss mit Mörtel. Dieses Verfahren wird eingesetzt, wenn geringe optische Anforderungen an die Risssanierung gestellt werden. Falls erforderlich, werden die zu sanierenden Risse aufgeweitet und die Rissränder mittels einer Grundierung verfestigt. Anschließend wird der Riss mit Mörtel ausgefüllt und nach ausreichender Trocknung erfolgt der Oberputzauftrag mit der Angleichung an die restliche Fassadenfläche. Das Verfahren eignet sich nicht bei putzgrundbedingten und konstruktionsbedingten Rissen.
Rissüberbrückung mittels Trennlage
Bei dem gemäß dem WTA-Merkblatt beschriebenen Instandsetzungsverfahren E-4 erfolgt eine Rissüberbrückung mittels Trennlage und Putzträger. Die Rissüberbrückung mit Putz beruht hierbei auf dem Prinzip der Entkopplung. Dieses Verfahren eignet sich bei Einzelrissen mit zu erwartenden Rissbreitenänderung von bis ca. ± 0,1 mm. Dazu zählen u. a. konstruktionsbedingte Risse aus weitgehend abgeschlossen Verformungen. Bei der Instandsetzung wird der Putz beidseitig des Risses auf einer Breite von ca 20 cm bis zum Untergrund entfernt. Der vorhandene Oberputz wird beidseitig noch um zusätzliche 5 cm entfernt.
Anschließend wird der zu überarbeitende Untergrund gereinigt und eine Trennlage (z. B. ein mehrlagiges Glasvlies) in einer Breite
von ca. 20 cm aufgebracht. Dann erfolgt die Befestigung eines Putzträgers, auf welchen ein zweilagiger Putzaufbau aufgebracht wird.
Flächige Sanierung gerissener Fassaden
Neben den beschriebenen Instandsetzungssytstemen zur Sanierung von Einzelrissen werden im WTA-Merkblatt ebenfalls Instandsetzungssysteme zur flächigen Sanierung gerissener Fassaden beschrieben. Bei den Instandsetzungsverfahren F1 bis F3 handelt es sich um anstrichtechnische Sanierungssysteme. Das Verfahren F1 beschreibt die Sanierung gerissener Fassaden mit organischen Beschichtungssytemen. Dieses Verfahren kann eingesetzt werden bei Rissen mit einer Rissbreitenänderung bis ± 0,1 mm. Bei der Verwendung organischer Beschichtungssyteme ist jedoch besonders darauf zu achten, dass eine Hinterfeuchtung der Beschichtung ausgeschlossen ist, da rissüberbrückende, organische Beschichtungssysteme einen höheren Wasserdampfdiffusionswiderstand aufweisen.
Bei den Instandsetzungsverfahren F2 und F3 handelt es sich um rissfüllende Beschichtungssyteme, welche zum Füllen putzbedingter Risse mit Rissbreiten < 0,2 mm eingesetzt werden. Diese Beschichtungssysteme weisen jedoch im Vergleich zum Instandsetzungsverfahren F1 keine rissüberbrückende Wirkung auf.
Putztechnische Sanierungssysteme
Die Instandsetzungsverfahren F4 bis F6 stellen die putztechnischen Sanierungssysteme dar. So beschreibt das Instandsetzungsverfahren F4 den Auftrag eines mineralischen Oberputzes auf die gerissene Fassade. Dieses Verfahren dient zur Rissüberdeckung auf tragfähigen Altputzen, mit oder ohne Beschichtung. Nicht tragfähige Putze oder die Haftung behindernde Beschichtungen müssen jedoch vor dem Auftrag des Oberputzes entfernt werden. Das Verfahren kann zum Überdecken putzbedingter Risse mit Rissbreiten < 0,2 mm eingesetzt werden und hat keine rissüberbrückende Wirkung.
Bei dem Instandsetzungsverfahren F5 erfolgt der Auftrag eines
mineralischen Armierungsputzes und eines mineralischen Oberputzes und bei dem Instandsetzungsverfahren F 6 der Auftrag eines organischen Armierungsputzes und eines organischen Oberputzes. Die Verfahren F5 und F6 dienen dabei u.a. zur Überbrückung von Rissen mit Rissbreitenänderungen von ca. +/- 0,2 mm. Diese Verfahren haben sich insbesondere auch bei der Überarbeitung von Fassaden mit Stein-Putz-Rissen bewährt. Nach entsprechender Einzelrissbehandlung (Instandsetzungsverfahren E 4) können mit den Verfahren F 5 und F 6 auch konstruktionsbedingte Risse überarbeitet werden.
Bei dem Instandsetzungsverfahren F7 erfolgt die Sanierung mit einem Wärmedämm-Putzsystems. Mit dem Verfahren ist eine entkoppelnde Wirkung zwischen Putzgrund und Oberputz möglich. Gleichzeitig können unebene Untergründe ausgeglichen werden. Die Entkopplungsschicht sollte hierbei mindestens eine Dicke von 50 mm aufweisen. Das Verfahren ist vorzugsweise bei thermisch- und / oder konstruktionsbedingten Rissen mit Rissbreitenänderungen von bis ± 0,5 mm anzuwenden. Das Sanierungssystem besteht aus einem Dämmputz, einer Armierungsschicht mit vollflächiger Gewebeeinlage und einem geeigneten wasserabweisenden Oberputz.
Fazit
Die zuvor beschriebenen Instandsetzungsverfahren zeigen eine Vielzahl an möglichen Sanierungsmaßnahmen, welche es bei der Überarbeitung gerissener Fassaden gibt. Des Weiteren werden jedoch auch die Grenzen der einzelnen Instandsetzungsverfahren aufgezeigt. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Erfolg einer Sanierungsmaßnahme vor allem von der Durchführung von Voruntersuchungen sowie vom passenden Instandsetzungsverfahren abhängig ist.