Wandel in der Arbeitswelt (Teil 2)

Richtig auf sich verändernde Bedingungen reagieren

Es gehört zu den Aufgaben von Unternehmen, Beschäftigungsfähigkeit /
Employability zu fördern. Als wichtige personalpolitische Ansätze sind Employability
Management und die alternsgerechte Personalpolitik zu nennen.

Der erste Teil des Artikels, der in THIS 2/2018 veröffentlicht wurde, behandelte die sich ändernden Bedingungen der Arbeitswelt, ausgelöst durch die Globalisierung, die Entwicklung zur Wissensgesellschaft und den demografischen Wandel. Wie Arbeitgeber den dadurch gestiegenen An- und Herausforderungen zukünftig gerecht werden können, ist Thema dieses zweiten und letzten Teils.

Um den Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft sowie den damit verbundenen Konsequenzen Rechnung zu tragen und somit nachhaltig die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland sowie die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu erhalten und zu steigern, ist eine gute Personalarbeit notwendig. Die muss sich u.a. mit einer Reihe von zentrale Fragestellungen beschäftigen:

Welche Qualifikationen und Kompetenzen muss eine Belegschaft mitbringen, um den künftigen Anforderungen gerecht zu werden?

Wie bleibt die Lern- und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter und Führungskräfte mit zunehmendem Alter erhalten?

Wie lassen sich die unterschiedlichen Lernmuster und Arbeitsweisen bei Älteren und Jüngeren berücksichtigen?

Wie lassen sich Beschäftigte binden?

Wie können (potenzielle) Mitarbeiter für den Arbeitgeber begeistert werden?

Wie können Potenziale gehoben werden?

Um die Leitfragen umzusetzen, reichen Einzelmaßnahmen und -aktivitäten nicht aus. Vielmehr ist es notwendig, dass ganzheitlich und integrativ die relevanten Handlungsfelder und Maßnahmen einbezogen werden, die aufeinander abgestimmt und miteinander verknüpft sind sowie deren Wechselwirkungen berücksichtigt werden. Der Erfolg einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Personalpolitik umfasst somit folgende Handlungsfelder:

Förderung der Beschäftigungsfähigkeit;

alternsgerechte Dimension;

Mitarbeiterbindung und -motivierung;

Mitarbeitergewinnung;

Work-Life-Balance;

Gesundheitsförderung;

Kommunikation nach innen und außen.

Förderung von Beschäftigungsfähigkeit

(Employability Management)

Beschäftigungsfähigkeit / Employability im Unternehmen zu fördern bedeutet nicht, den Mitarbeitern und Führungskräften eine Fülle an Personalentwicklungsmaßnahmen zuteilwerden zu lassen, wie es fälschlicherweise noch immer häufig angenommen wird. Es geht vielmehr darum, dem Beschäftigten als einen der wichtigsten Wettbewerbsfaktoren an das Unternehmen zu binden und ihm ein Umfeld zu bieten, in dem er seine Kompetenzen zum beiderseitigen Wohl entfalten und weiter entwickeln kann.

Ein solches Umfeld wird jedoch nicht alleine durch Personalentwicklung geschaffen, sondern bedarf vielmehr eines Ansatzes, der die Rahmenbedingungen, in denen sich der Mitarbeiter bewegt, in adäquater Weise berücksichtigt. Dazu gehören u. a Unternehmenskultur, Führung und Organisation. Sie bilden zusammen das Fundament des „Employability Managements.“

Eine Unternehmenskultur, die Beschäftigungsfähigkeit / Employability fördert und fordert, zeigt sich vor allem in folgenden Werten:

Wertschätzung;

Gegenseitiges Vertrauen;

Integrität;

Eigenverantwortung;

Leistungsbereitschaft;

Offenheit;

Positive Haltung zum Lernen.

Führung, die Mitarbeiter in ihrem Bestreben nach Beschäftigungsfähigkeit/Employability unterstützt, muss folgende Aspekte berücksichtigen:

Schaffung von Rahmenbedingungen, in denen Mitarbeiter erfolgreich arbeiten können;

Gewährung von Freiräumen und Handlungsspielräumen;

Glaubwürdigkeit, die sich im konsequenten Handeln und im Vorleben zeigt;

Inspirieren, Überzeugen, Motivieren und Herausfordern;

keine Führung im Sinne des „Gießkannen-Prinzips“, stattdessen individualisierte Führung (jeden Mitarbeiter dort abholen, wo er steht);

Schaffen einer Atmosphäre von Offenheit und Vertrauen.

Eine Employability-fördernde Organisation lässt den „kleinen Dienstweg“ zu, weist Entscheidungsbefugnisse, Verantwortlichkeiten und Handlungsspielräume auf, ist transparent und verfügt über flexible Arbeitsstrukturen und -bedingungen. Projekt- und Teamarbeit können ebenfalls unterstützend wirken. „Öfter mal etwas Neues“ ist ein Motto, das es umzusetzen gilt. Nichts ist fataler für den Verlust der Employability, als jahrelang das Gleiche zu tun.

Personalentwicklung im Sinne der Förderung von Beschäftigungsfähigkeit / Employability baut auf drei Dimensionen auf. Die erste Dimension befasst sich mit den Inhalten. Inhalte einer Employability-fördernden Personalentwicklung sind die Übertragung der PE-Verantwortung auf Mitarbeiter und deren Vorgesetzte, die Individualisierung, die Förderung des Lebenslangen Lernens und der Schlüsselkompetenzen sowie der Erwerb der Fachkompetenzen. Die zweite Dimension nimmt die Methoden in den Fokus. Dazu gehören z. B. Coaching und Mentoring, die Verzahnung von Arbeit und Lernen sowie ein regelmäßiges Monitoring im Sinne einer Standortbestimmung der Kompetenzen und Qualifikationen. Die dritte Dimension zeigt die Bedeutung von Veränderungen. „In Bewegung bleiben“ ist eine grundlegende Philosophie des Employability Managements.

Alternsgerechte Dimension

Wie bereits dargestellt, führt die demografische Entwicklung in den nächsten Jahren zu einer Alterung auf dem Arbeitsmarkt und in Unternehmen sowie zu einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Es stellt sich nun die Frage, was ein Unternehmen vor diesem Hintergrund des demografischen Wandels tun kann bzw. muss, um die Motivation der Beschäftigten zu erhalten und ihre Employability zu fördern.

Grundsätzlich gibt es den proaktiven und den reaktiven Handlungsansatz. Während der proaktive Ansatz den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit / Employability über alle Altersgrenzen hinweg und die Aufrechterhaltung des Spannungsbogens des Lernens unter Berücksichtigung unterschiedlicher alternsbedingter Lernmuster zum Gegenstand hat, fokussiert der reaktive Ansatz auf ältere Beschäftigte mit dem Ziel, den Spannungsbogen des Lernens und der Beschäftigungsfähigkeit wieder zu erreichen, wenn er durchbrochen ist. Die älteren Arbeitnehmern nicht selten unterstellte geringere Lernbereitschaft und -fähigkeit hat ihren Ursprung in der Regel nicht im Alter der betroffenen Person, sondern vielmehr in deren bisheriger „Lernbiografie“. Experten sprechen von einer sogenannten „Lernentwöhnung“, die eintritt, wenn über Jahre hinweg keine konsequente Auseinandersetzung mit der persönlichen Weiterbildung stattfindet. Lernen kann auch verlernt werden, und vorhandene Fähigkeiten können verloren gehen. Eine so entstandene Lernentwöhnung geht mit Ängsten und einer verringerten Lernmotivation einher (Disuse-Effekt). Konfrontiert man einen derart „entwöhnten“ Arbeitnehmer nun mit komplexen Lerninhalten, so verwundert es kaum, dass es ihm schwerfällt, sich für diese zu öffnen und ein Verständnis für sie zu entwickeln.

Eine solche Entwicklung zu verhindern und die individuelle Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten, ist Aufgabe des proaktiven Ansatzes. Hier kann das Konzept des Employability Managements zum Einsatz kommen. Grundsätzlich gilt für das Employability Management eine Altersunabhängigkeit. Da sich jedoch die Lernmuster im Laufe des Lebens ändern (Ältere lernen nicht besser oder schlechter, sondern anders), bedarf es deren Berücksichtigung. Employability Management wird somit zum lebensphasenorientierten Employability Management.

Um der Verlängerung der Lebensarbeitszeit, der Alterung der Belegschaft sowie der steigenden Veränderungsgeschwindigkeit und Komplexität Rechnung zu tragen, ist im Rahmen des Employability Managements das Handlungsfeld der präventiven Gesundheitsförderung zu ergänzen. Die präventive Gesundheitsförderung kann auf vielfältige Weise erfolgen.

Zunächst einmal gilt es, bekannte Belastungen an Arbeitsplätzen weitestgehend abzubauen bzw. zu verringern. Dies betrifft nicht nur physische Beanspruchungen, sondern auch psychische Belastungen. Negativer Stress kann zum Beispiel durch adäquates Führungsverhalten und eine konstruktive Arbeitsatmosphäre begrenzt werden. In Fällen körperlicher Belastungen können entsprechende Pausenregelungen sowie systematische Belastungs- und Tätigkeitswechsel dem betroffenen Arbeitnehmer Erleichterung verschaffen. Gruppen- und Teamarbeit ist nahezu ideal dazu geeignet, einseitige Belastungen zu vermeiden und dient darüber hinaus auch der Vermittlung neuer Kompetenzen und Fertigkeiten.

Eine Maßnahme in Bezug auf besonders belastende Bereiche und Tätigkeiten stellt eine Begrenzung der Verweildauer oder eine Reduzierung der Arbeitszeit an solchen Arbeitsplätzen dar. Letzteres setzt allerdings eine konsequente Personaleinsatz- und Qualifizierungsplanung voraus. Des Weiteren gehören zur präventiven Gesundheitsförderung Informationen über gesundheitsförderliches Verhalten, gesundes Essen in der Kantine, Fitnessangebote und Betriebssport, Programme zur Förderung der gesundheitlichen Kompetenzen sowie Gesundheits-Checks.

Grundsätzlich ist im Hinblick auf die Demografie-bedingten Effekte in Unternehmen davon auszugehen, dass die nachhaltige Sicherung von Beschäftigungsfähigkeit / Employability und des lebenslangen Lernens in erster Linie durch proaktive Handlungsansätze gefördert wird. Reaktive Maßnahmen sollten lediglich einen „reparierenden“ Charakter haben. Die Frage des Alters spielt dann erst in zweiter Linie eine Rolle.

Dennoch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass es Situationen gibt, in denen der Spannungsbogen des Lernens durchbrochen ist. Hier ist dann reaktives Handeln gefragt. Ziel ist das Aufbrechen der Lernentwöhnung, der Umgang mit Ängsten und einer verringerten Lernmotivation, der Umgang mit fehlendem Selbstvertrauen (selbst erfüllende Prophezeiung) und die Sensibilität, um die betreffenden Personen nicht als Randgruppe zu stigmatisieren, die besonderer Unterstützung bedarf.

Als reaktive Umsetzungswege kommen altershomogene Schulungskonzepte beim Erwerb von technischem Fachwissen, vorzugsweise altersheterogene Lern-Tandems bei komplexen Themen, eine kontinuierliche „Kompetenz-Standortbestimmung“ und Zielfindung mit Betreuung, Coaching und Mentoring sowie Gesundheitsförderung bei bereits eingetretenen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit in Frage.

Mitarbeiterbindung und -motivierung

In den nächsten Jahren wird sich der Fachkräftebedarf aufgrund zunehmender Wissensintensität, Veränderungs- und Innovationsgeschwindigkeit sowie steigender Flexibilitätsanforderungen und Kundenansprüche beständig erhöhen – zumindest in bestimmten Berufsgruppen, Branchen und Regionen. Es liegt auf der Hand, dass Unternehmen vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ein profundes Interesse daran haben, ihren Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern heute und in Zukunft zu sichern, um so ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Um qualifizierte Mitarbeiter im Unternehmen zu halten, müssen neben den betrieblichen Notwendigkeiten die Interessen, Ziele und Werte der Mitarbeiter in Verbindung mit ihren Lebensphasen und ihrer individuellen Lebenssituation Beachtung finden. Angesichts des Wertewandels in der Gesellschaft sollte daher differenziert vorgegangen werden. Während die älteren Generationen mit Arbeitsplatz- bzw. Beschäftigungssicherheit, mit Aussicht auf eine Führungsposition und mit einem „guten“ Gehalt bzw. einem „guten“ Lohn an das Unternehmen gebunden werden können, wünschen sich junge Nachwuchskräfte zudem

interessante Arbeitsinhalte;

die Anerkennung der eigenen Leistung;

eine Ausgewogenheit zwischen Arbeits- und Privatleben;

Entwicklungschancen für die eigene Persönlichkeit;

Weiterbildungsmöglichkeiten;

selbstständiges Arbeiten;

eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Das Erreichen einer Führungsposition mit entsprechender Verantwortung ist zwar weiterhin nicht unwichtig, ebenso wie ein hohes Einkommen, aber dies nicht mehr ausschließlich, sondern nur in der Kombination mit den oben genannten Aspekten. Diese Verschiebung ist Spiegelbild des gesellschaftlichen Wertewandels. Darüber hinaus ist vielen jüngeren Arbeitnehmern bewusst, dass ihre Lebensarbeitszeit unter den Bedingungen einer sich stetig erhöhenden Veränderungsgeschwindigkeit und Komplexität 40 bis 45 Jahre betragen wird.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Personalpolitik in Unternehmen häufig von der Nachkriegs-Generation oder den Baby-Boomern gestaltet wird, die nicht selten ihre Werte sowie Denk- und Handlungsmuster zugrunde legen – und sich wundern, warum ihre Personalpolitik nur bedingt greift.

Mitarbeitergewinnung

Der demografische Wandel und die mit ihm einhergehende Verkleinerung der Geburtenjahrgänge hat bereits heute die Gruppe der Schulabgänger erreicht. In der Folge besteht die Herausforderung immer weniger darin, in ausreichendem Maße Ausbildungs- oder
Hochschulplätze für junge Menschen bereitzustellen. Vielmehr sinkt die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen stetig, und auch die Zahl der Studienanfänger wird mit einer Verzögerung von wenigen Jahren rückläufig sein. Diese Entwicklung wird es für Unternehmen immer schwieriger machen, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Wann und in welchem Umfang einzelne Betriebe von Engpässen in Bezug auf das verfügbare Nachwuchs- und Arbeitskräftepotenzial betroffen sein werden, hängt von mehreren Faktoren ab. Hier ist zum einen die räumliche Lage zu nennen. Immer deutlicher zeigen sich Unterschiede in den Wirtschafts- und Bevölkerungsstrukturen der Regionen. So nimmt im ländlichen Bereich die Abwanderung gerade jüngerer Arbeitskräfte weiter zu, während sich rund um größere Wirtschaftsstandorte regelrechte Ballungszentren entwickeln. In der Folge fällt es Betrieben in ländlichen Gegenden zunehmend schwer, qualifizierte Nachwuchs- und Arbeitskräfte für sich zu gewinnen.

Hinzu kommt, dass in einer sich selbst verstärkenden Spirale die Abwanderung von Arbeitskräften zu einer weiteren Einschränkung der Infrastruktur, wie z. B. dem öffentlichen Nahverkehr, Sport- und Freizeitstätten sowie Kinderbetreuung führt, wodurch wiederum die Region an Attraktivität als Lebensraum verliert.

Des Weiteren zeigt sich, dass insbesondere solche Unternehmen bereits heute von einem kaum noch zu deckenden Arbeitskräftebedarf sprechen, die auf Mitarbeiter mit mittleren oder höheren Qualifikationen angewiesen sind. In diesen Betrieben spielt mittlerweile das Alter der qualifizierten Kräfte immer weniger die entscheidende Rolle. Arbeitgeber hingegen, deren Beschäftigte überwiegend aus dem niedrig qualifikatorischen Bereich kommen, sehen weder heute noch für die Zukunft Engpässe bezüglich ihrer Arbeitskräfte auf sich zukommen.

Grundsätzlich stehen Unternehmen unterschiedliche Ansätze zur Verfügung, um Personal zu rekrutieren. Dazu gehören:

Ausbildung;

die Rekrutierung auch auf internationalen Arbeitsmärkten;

die altersunabhängige Rekrutierung;

die Rekrutierung verstärkt von Frauen;

die Zusammenarbeit mit Schulen und Hochschulen.

Zudem sollte im Rahmen der Mitarbeitergewinnung eine sogenannte „Ökonomisierung von Loyalität“ sowie die Wertevielfalt berücksichtigt werden. Da vielen Arbeitnehmern bewusst ist, dass Arbeitsplatz- bzw. Beschäftigungssicherheit von Seiten des Arbeitgebers kaum noch angeboten werden kann, agieren sie mehr und mehr als „Unternehmer in eigener Sache“. Sie machen ihre Loyalität abhängig von Incentives, Arbeitsinhalten und den Bedingungen, die sie im Unternehmen vorfinden. Entsprechen diese ihren Vorstellungen, bleiben sie. Entsprechen diese nicht den Vorstellungen, werden Incentives, Arbeitsinhalte und -bedingungen mit denen anderer potenzieller Arbeitgeber verglichen. Werden die Angebote als besser wahrgenommen, wechseln nicht wenige Arbeitnehmer den Arbeitgeber.

In Anbetracht der aufgezeigten Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt werden im Wettbewerb um qualifizierte Beschäftigte insbesondere diejenigen Unternehmen erfolgreich sein, die eine besondere Attraktivität als Arbeitgeber aufweisen. Wie bereits erläutert, definieren gerade jüngere Frauen und Männer die Attraktivität eines Unternehmens allerdings nicht mehr vorrangig über das Gehalt und die Möglichkeit einer schnellen „Kaminkarriere“. Für viele nimmt die Realisierbarkeit persönlicher Ziele und Wertvorstellungen eine hohe Bedeutung ein. Unternehmen, die beispielsweise erfolgreich vermitteln können, dass sie flexibel auf Wünsche nach einer familienorientierten Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitszeit eingehen oder individuelle Ansätze für unterschiedliche Lebenssituationen anbieten, werden in der Konsequenz immer stärker als attraktiv eingestuft.

Work-Life-Balance

Noch bis vor wenigen Jahrzehnten waren die beiden entscheidenden Sphären im Leben vieler Menschen – Beruf und Privatleben – klar voneinander abgegrenzt und in ihrer Verteilung von Be- und Entlastung eindeutig definiert. Nach getaner „harter“ Arbeit im Betrieb wartete zuhause die verdiente Entspannung. Dieses Bild existiert für die Mehrzahl der heutigen Arbeitnehmer nicht mehr, die alte Balance kippt im Zuge einer zunehmend gleichberechtigten Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern und einer „Entgrenzung“ von Arbeit und Freizeit. Heute ist in der Regel nicht mehr ohne Weiteres auszumachen, inwieweit „Work“ oder „Life“ den Einzelnen be- oder entlasten. Nach einem anstrengenden Arbeitstag Hausaufgaben zu überprüfen, die Wohnung zu putzen oder Einkäufe für sich selbst oder ältere Angehörige zu erledigen, hat nicht zwangsläufig den klassischen Feierabend-Charakter. 

Umgekehrt sehnt sich der eine oder andere zuweilen angesichts privater Unruhe nach einem vergleichsweise „ruhigen“ Arbeitsplatz. Wo, wann und in welchem Maße der Einzelne Belastung empfindet und im Gegenzug „auftankt“, hängt also in hohem Maße von der persönlichen Situation in Beruf und Privatleben, von Neigungen und individuellen Einschätzungen ab. In der Folge sieht auch für jeden Menschen seine Work-Life-Balance anders aus. Hinzu kommt, dass das Empfinden bezüglich dieser Balance einem beständigen Wandel im Laufe eines Erwerbslebens unterliegt, das von unterschiedlichen Berufs- und Lebensphasen gekennzeichnet ist.

Das Hinwirken auf eine in dieser Form definierte Work-Life-Balance ist angesichts zentraler Trends und Entwicklungen in der Arbeitswelt ein Muss auf der Agenda zukunftsgerichteter Unternehmen. Dennoch entsteht hieraus eine paradoxe Situation: Einerseits ist eine gelungene Work-Life-Balance immer schwieriger zu realisieren, denn aufgrund betrieblicher Zwänge wird dem Einzelnen eine „Flexibilisierung von privaten Routinen“ abverlangt, z. B. in Bezug auf Betreuungs-Arrangements. Zudem fallen beruflich bedingten Ortswechseln oder unregelmäßigen Arbeitszeiten nicht selten klassische „Anker“ im privaten Bereich wie soziale Kontakte oder Vereinsaktivitäten zum Opfer. Andererseits steigt jedoch die Notwendigkeit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, „Work“ und „Life“ in Balance zu halten, um zu gewährleisten, dass es in einer immer komplexeren und schnelllebigeren Welt nicht zum „Ausbrennen“ kommt.

Gelingt es, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu gestalten, so ergibt sich eine dreifache Win-Win-Situation für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Gesellschaft. Arbeitgeber sind gleichermaßen Auslöser, Betroffene und Gestalter der Problematik: Sie verursachen das Spannungsfeld zwischen beruflicher und privater Sphäre, leiden jedoch ebenso unter den negativen Auswirkungen einer unzureichenden Balance und verfügen über entscheidende Stellschrauben, um diese zu verbessern. Dabei erhoffen sie sich u.a. folgende Effekte:

Vorteile für Arbeitnehmer ergeben sich insbesondere durch eine größere Souveränität über die individuelle Lebensführung, da aus zwangsläufigen „Entweder-Oder“-Entscheidungen „Sowohl-Als-Auch“-Lösungen werden. Dies gilt für die Familienplanung ebenso wie für außerberufliche Aktivitäten, die Pflege sozialer Beziehungen oder Weiterbildungsbemühungen. Durch eine verlässlichere Planung im privaten und beruflichen Bereich wird die Belastung deutlich reduziert und Optionen zur Sicherung der Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit geschaffen.

Auch auf gesellschaftlicher Ebene lassen sich positive Effekte einer ausgewogenen Work-Life-Balance identifizieren. So trägt die Schaffung zusätzlicher Freiräume der Erwerbstätigen zur

Verbesserung der „weichen“ Standortfaktoren für den Wirtschaftsstandort Deutschland

Unterstützung beim Aufbau extrafunktionaler Kompetenzen aus außerberuflichem Engagement (z. B. soziale und kommunikative Kompetenzen, Fähigkeit zu Selbststeuerung und Verantwortungsübernahme) für ehrenamtliches, soziales oder politisches Engagement ebenso zur Entlastung des Staates bei wie die Verbesserung der psychischen und physischen Gesundheit von Erwerbstätigen.

Hinzu kommen die individuelle Einkommenssicherung durch die Verstetigung der Erwerbsverläufe, Sicherung der ökonomischen Unabhängigkeit von Frauen und den Erhalt der Leistungsfähigkeit Älterer sowie die Verteilung der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme auf eine größere Zahl von Beitragszahlern. Nicht zuletzt fördern die genannten Vorteile einer ausgewogenen Work-Life-Balance auf betrieblicher Ebene auch das gesamtwirtschaftliche Wachstum.

Gesundheitsförderung

Grundsätzlich ist festzustellen, dass vor allem die psychische Beanspruchung am Arbeitsplatz insbesondere aufgrund der steigenden Veränderungsgeschwindigkeit und der zunehmenden Komplexität kontinuierlich ansteigen.

Der Erhalt und die erfolgreiche Entwicklung von Beschäftigungsfähigkeit auf der einen Seite sowie Gesundheit und körperliches Wohlbefinden auf der anderen Seite stehen in engem Zusammenhang. Erst das Vorhandensein von beruflich verwertbarer Kompetenz und Gesundheit führt zu einer nachhaltigen Beschäftigungsfähigkeit. Verfügt ein Mitarbeiter zwar über exzellente berufsrelevante Kompetenzen, achtet jedoch nicht auf seine Gesundheit, ist er ebenso wenig beschäftigungsfähig wie derjenige, der gesundheitsbewusst handelt, dafür aber seinen beruflichen Anforderungen nicht gewachsen ist.

Grundsätzlich hat Gesundheitsförderung zwei Wirkrichtungen:

Zum einen die auftretenden Belastungsmomente gesundheitsförderlich zu bewältigen und / oder Belastungsmomente erst gar nicht entstehen zu lassen (proaktive / präventive Gesundheitsförderung), sowie

zum anderen eingetretenen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit durch geeignete Maßnahmen Rechnung zu tragen (reaktive Gesundheitsförderung).

Unternehmen tun gut daran, vor allem der Fokus auf die Gesundheitsprävention zu richten. Dazu können Fitnessangebote und Betriebssport, Programme zur Förderung gesundheitlicher Kompetenzen und Gesundheits-Checks gehören. Fitnessangebote und Betriebssport sprechen alle Beschäftigte an und zielen auf körperliche Fitness und ein steigendes Gesundheitsbewusstsein ab.

Damit ist auch die Philosophie verbunden, dass ein gesunder Körper die Bewältigung von Stress und mentalen Belastungen unterstützt. In Programmen zur Förderung gesundheitlicher Kompetenzen werden Daten und Fakten, Hintergründe und Handlungsempfehlungen sowie Tipps vermittelt. Sie bieten eine gute Ergänzung zu Fitnessangeboten. Darüber hinaus bieten Gesundheits-Checks eine persönliche Bestandaufnahme. „Sie holen den Einzelnen dort ab, wo er sich befindet“. Aktivitäten der Gesundheitsförderung können dann gezielt zum Einsatz kommen sowie bedarfs- und personenbezogen angepasst werden.

Auch der Arbeitsplatz sowie die Arbeitsbedingungen bieten Möglichkeiten zur Gesundheitsförderung. Die traditionellen Maßnahmen der Gesundheitsförderung haben vor allem die Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit im Blick. Dies ist wünschenswert aber nicht ausreichend. Zur Gesundheitsförderung gehört auch die Begrenzung von negativen Stress-Situationen. Damit wird sie auch Aufgabe von Führung, ist im Kontext von Personaleinsatzplanung zu betrachten und steht in einer Beziehung zur Personalentwicklung. Darüber hinaus kann die Gestaltung einer konstruktiven Arbeitsatmosphäre ein Handlungsfeld von Gesundheitsförderung sein. Daneben haben auch organisatorische Maßnahmen wie Belastungswechsel und Tätigkeitsmischungen Einfluss.

Rahmenfaktoren und -bedingungen entscheiden letztendlich darüber, inwieweit die individuelle Gesundheitskompetenz sich entfalten kann. Verfügt ein Mitarbeiter über Gesundheitskompetenzen, so kann er sie nur dann vollständig zur Entfaltung bringen, wenn die Faktoren und Bedingungen am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung dies erlauben.

Organisation und Technik betreffen jedoch nicht nur das Arbeitsfeld, sondern sind auch im Freizeitbereich anzutreffen. Sachzwänge z. B. im familiären Umfeld und technisches Equipment im Hobbybereich beeinflussen die Umsetzung der individuellen Gesundheitskompetenz erheblich. Darüber hinaus tragen soziale Kontakte und die Einbindung in soziale Systeme zur Entwicklung und zur Umsetzung der individuellen Gesundheitskompetenz bei. Innerhalb von sozialen Systemen existieren explizite und implizite Regeln, deren Einhaltung belohnt und deren Missachtung bestraft werden. Häufig geschieht dies unterschwellig, dennoch haben solche Regelungen Einfluss auf die Denk- und Handlungsmuster.

Kommunikation nach innen und nach außen

Wenn über Kommunikation, Kommunikationsstrategie und Kommunikationspolitik gesprochen wird, lassen sich grundsätzlich zwei Ausrichtungen identifizieren: DieKommunikation nach innen und die Kommunikation nach außen.

Wenden wir uns zunächst der Kommunikation nach innen zu: Unternehmen, deren Informations- und Kommunikationspolitik sich durch Offenheit, Ehrlichkeit (und damit Glaubwürdigkeit) und Transparenz auszeichnet, können damit rechnen, dass die Leistungsbereitschaft und das Leistungsverhalten ihrer Mitarbeiter positiv beeinflusst werden. Dabei spielen neben der tatsächlichen Zugänglichkeit zur Information und dem tatsächlichen Austausch vor allem die erlebte Zugänglichkeit und der erlebte Austausch eine Rolle. Zudem kommt eine besondere Bedeutung dem Verhalten der Führungskräfte zu, die eine Vorbildfunktion einnehmen und gleichzeitig ihre Mitarbeiter im Arbeitsprozess unterstützen.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass ein Instrumentenmix (direkte sowie indirekte Informations- und Kommunikation) von Nutzen ist. Direkte, auf persönliche Kontakte beruhende Instrumente haben den Vorteil der schnellen Übermittlung. Zudem kann die direkte Form mit einem hohen Informationsgehalt einhergehen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit der direkten, sofortigen Rückkopplung. Wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der direkten, auf persönlichen Kontakten beruhenden Instrumente stellt die Kommunikationsbereitschaft und -fähigkeit vor allem des Senders, aber auch des Empfängers dar. Als ein Vorteil des indirekten, mediengestützten Instrumentariums der Informations- und Kommunikationspolitik wird die zeitliche und räumliche Entkopplung der Beziehung von Sender und Empfänger gesehen, die das Ansprechen eines größeren Empfängerkreises ermöglicht. Der Empfängerkreis kann somit stark ausgedehnt werden. Eine Wiederholbarkeit des Informationsvorgangs ist jederzeit relativ problemlos ausführbar.

Es wird immer wieder die Frage gestellt, wieviel Informationen ein Mitarbeiter verträgt und wann die Grenze zum Informations-Overload überschritten ist. Es besteht die Gefahr, dass die Qualität der Arbeit und der Entscheidungsfindung sinkt. Zahlreichen Studien zufolge scheinen viele Mitarbeiter einem Informations-Overload jedoch nicht negativ gegenüber zu stehen. So vermittelt eine große Quantität von Informationen nicht selten das Gefühl von Informiertheit und Transparenz.

Als Grenze einer offenen Informations- und Kommunikationspolitik gilt die wettbewerbsbedingte Erfordernis der Wahrung von Betriebsgeheimnissen. Wissensvorsprünge sind auf den Märkten oft überlebensnotwendig. Da Mitarbeiter i.d.R. nicht der Geheimhaltungspflicht unterworfen sind, bedarf es nicht selten der Abwägung, welche Daten zu Planung, Forschung und Entwicklung sowie wirtschaftlicher Situation zur betriebsinternen Veröffentlichung gedacht sind.

In vielen Unternehmen ist nicht selten ein „strategisches“ Informations- und Kommunikationsverhalten zu beobachten. „Strategisches“ Informations- und Kommunikationsverhalten zeigt sich z. B. in einer bewussten Zurückhaltung, Beschränkung zu Informationsquellen sowie Verfälschung. Begründen lässt sich dieses Verhalten mit der Haltung, persönliche Vorteile nicht verlieren, Macht mehren, Kritik vermeiden, Fehler vertuschen und Bestehendes zementieren zu wollen. Darüber hinaus können eine mangelnde Informationsweitergabe und eine eingeschränkte Kommunikation auch auf der fehlenden Einsicht in die Notwendigkeit, andere zu informieren und mit anderen zu kommunizieren, basieren.

Dem „strategischen“ Informations- und Kommunikationsverhalten wirken IT-gestützte Informations- und Kommunikationssysteme, die eine Art „Demokratisierung“ des Informationsflusses und der Kommunikationskanäle hervorrufen, mehr und mehr entgegen. Zwar können weiterhin Informationen zurückgehalten werden, doch stehen den Mitarbeitern heute vielfach andere Quellen und Wege zur Verfügung.

Die Kommunikation nach außen sollte das Spiegelbild des internen Agierens sein. Eine Selbstdarstellung nach außen, die in Widerspruch zur Unternehmenskultur und zum Führungsverhalten steht, wird über kurz oder lang des „Mehr Schein als Sein“ überführt werden – nicht zuletzt durch die Mitarbeiter selbst, die in der Öffentlichkeit über ihren Arbeitgeber reden. Damit verliert der Arbeitgeber ihre Glaubwürdigkeit. Eine fatale Entwicklung in mehrfacher Hinsicht:

Auf dem Arbeitsmarkt: Ein schlechtes Image verschlechtert die Position bei der Mitarbeitergewinnung.

Auf Produktmärkten: Eine schlechte Reputation schmälert die Absatzchancen, insbesondere, wenn auf Kundenseite eine Sensibilität vorhanden ist.

Neben der Kompatibilität von Innen- und Außensicht sowie der damit verbundenen Glaubwürdigkeit sollte die extern ausgerichtete Kommunikationspolitik offensiv die Vorzüge und Errungenschaften des Unternehmens publik machen. Das Motto kann durchaus lauten: „Tue Gutes und rede darüber“. Zudem bedarf es eines regelmäßigen Screenings der Außenwahrnehmung der Arbeitgebermarke (z. B. durch Wettbewerbe, www.kununu.de).

Zum Abschluss sei darauf hingewiesen, dass eine externe Informations- und Kommunikationspolitik nicht nur einseitig ist, sondern mittlerweile im Sinne des web 2.0 ausgerichtet ist. Mit anderen Worten: Alle Akteure sind miteinander vernetzt und die Kommunikation gestaltet sich zwei- oder mehrseitig. Mit der Vernetzung schwindet dann auch die Kontrolle des Informationsgehalts und der Informations- und Kommunikationskanäle. Ein einmal initiierter Twitter-Prozess lässt sich kaum mehr aufhalten.

Die einzige Möglichkeit, den Prozess zu stoppen bzw. in den Prozess einzugreifen, besteht in der Glaubwürdigkeit des Unternehmens. Glaubwürdigkeit wiederum wirkt von innen. Darüber hinaus muss die Geschwindigkeit, mit der sich Informationen und Eindrücke verbreiten, berücksichtigt werden. Strategien und Szenarien, wie, wann, unter welchen Umständen kommuniziert wird, sind hilfreich, denn im Ernstfall bleibt nicht viel Zeit.

Schlussbetrachtung

Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Der demografische Wandel, die technologischen Entwicklungen, die Globalisierung, die Wissens- und Innovationsgesellschaft, Frauen, Individualisierung, Nachhaltigkeit und der gesellschaftliche Wertewandel sind einige Megatrends, mit denen wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten konfrontiert werden.

Die Konsequenzen für Arbeitgeber und auch für Beschäftigte sind vielfältig. So reicht es nicht mehr aus, nur das zu wissen, was man einmal in der Schule und in der Ausbildung gelernt hat, denn das Wissen ändert sich heutzutage rasant. Um am Ball bleiben zu können, muss ständig Neues dazugelernt werden. Deshalb sollte eines in der Diskussion um die Zukunftsfähigkeit nicht vergessen werden: In der Familie und in der Schule werden die Grundlagen für die Zukunftsfähigkeit gelegt werden. Dazu ist kooperatives Handeln aller Akteure (Schule, Unternehmen, Eltern, Bildungspolitik, ...) notwendig.

Institut für Beschäftigung und Employabilität

www.ibe-ludwigshafen.de

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