Wertguthaben absichern
Die Akzeptanz von Arbeitszeitflexibilisierung in der Bauwirtschaft steigt stetig. Dabei entstehen Arbeitszeitkonten in Höhe von bis zu 150 Stunden. Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass ein Guthaben jederzeit bestimmungsgemäß ausgezahlt werden kann – es geht also auch um die Absicherung von Guthaben gegen Zahlungsunfähigkeit. Dafür gibt es unterschiedliche Modelle für die betriebliche Praxis.
Eine von Soka-Bau in Auftrag gegebene Befragung von 1.500 Bauarbeitnehmern im Jahr 2013 lässt erkennen, dass in etwas mehr als der Hälfte aller Baubetriebe Arbeitszeitkonten geführt wurden, wobei der Grad der Nutzung von Arbeitszeitkonten in Betrieben mit 50 und mehr Mitarbeitern deutlich zunimmt. Aus Sicht der Betriebe macht Arbeitszeitflexibilisierung Sinn, weil sie kurzfristige Reaktionen auf Marktanforderungen ermöglicht und es heute mehr denn je um die Bindung von Fachkräften durch die Sicherung einer ganzjährigen Beschäftigung geht. Die Mehrheit der befragten Arbeitnehmer (53 %) befürwortet den Einsatz von Arbeitszeitkonten. Die Kenntnis über die Absicherung der Arbeitszeitkonten gegen Insolvenz ist dagegen noch sehr gering: Fast zwei Drittel der Befragten wissen nicht, ob ihr Arbeitszeitkonto entsprechend abgesichert ist. Nur ein Viertel bestätigt, von einer Absicherungslösung für ihre Wertguthaben durch den Arbeitgeber zu wissen. Dabei ist davon auszugehen, dass die arbeitnehmerseitige Akzeptanz von Arbeitszeitflexibilisierung nicht zuletzt davon abhängt, dass ihre Arbeitszeitguthaben im Insolvenzfall abgesichert sind. Von einer flächendeckenden Umsetzung dieser Verpflichtung in der betrieblichen Praxis ist noch nicht auszugehen. Ebenso zeigt die Untersuchung, dass der Informationsbedarf auf Seiten der Beschäftigten hoch ist.
Grundsätzlich lassen sich zwei Kategorien von Wertkonten unterscheiden: das Kurz- und das Langzeitkonto. Kurzzeitkonten (z.B. Gleitzeit- und Ampelkonten) entstehen aus vorübergehenden Abweichungen von der Regelarbeitszeit und dienen einem kurz- oder mittelfristigen Zeitausgleich. Die „große Arbeitszeitflexibilisierung“ der Bauwirtschaft ist eher den Kurzzeitkonten zuzuordnen. Dagegen gehen Langzeitkonten – auch als „Lebensarbeitszeitkonten“ oder „Zeitwertkonten“ bekannt – über den Rahmen von Jahresarbeitszeitregelungen hinaus. Zu den Langzeitkonten gehören Regelungen, bei denen über längere Ansparphasen zum Beispiel außertarifliches Entgelt, Überstunden und über dem gesetzlichen Mindesturlaub liegender Urlaubsanspruch angesammelt werden, um die Finanzierung längerfristiger Arbeitsfreistellungen wie etwa den vorzeitigen Ruhestand, ein „Sabbatical“ oder eine Qualifizierungsmaßnahme zu ermöglichen. Eingebrachte Zeitanteile werden dabei in Geld umgerechnet. In jedem Fall sind neben den tarifvertraglichen auch die einschlägigen gesetzlichen Regelungen zu beachten, die u.a. bestimmen, dass Guthaben auf Zeitwertkonten vor Insolvenz zu schützen sind (insbesondere das „Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze“, kurz: das „Flexi II-Gesetz“).
In der Bauwirtschaft geben der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) und der Rahmentarifvertrag für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes Regelungen zur Arbeitszeit vor. Der BRTV ist für allgemeinverbindlich erklärt worden. Er gilt auch für nicht tarifgebundene Unternehmen. Bei der in der Bauwirtschaft häufig genutzten „großen Arbeitszeitflexibilisierung“ können Guthaben von bis zu 150 Arbeitsstunden entstehen – knapp das monatliche Arbeitsvolumen eines Mitarbeiters. Die Vorteile für die Beschäftigten: Eine Verstetigung ihrer Einkommen und die Sicherung einer ganzjährigen Beschäftigung, denn witterungsbedingte Lohnausfälle können auf diese Weise weitgehend vermieden werden. Ein weiterer Effekt: Arbeitszeitflexibilisierung und das Saison-Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit bilden einen effektiven Verbund für die Förderung von ganzjähriger Beschäftigung. Im Zeitraum vom 1. Dezember bis zum 31. März werden bei Arbeitsausfällen zunächst vorhandene Arbeitszeitguthaben eingesetzt, bevor die Lohnersatzleistung „Saison-Kurzarbeitergeld“ bezogen werden kann. Im Gegenzug erhält der Arbeitnehmer bei Auflösung von Arbeitszeitguthaben ein so genanntes Zuschuss-Wintergeld in Höhe von 2,50 EUR pro Stunde.
Bürgschaftslösung
Ein Finanzinstitut, oft die Hausbank, schließt dabei mit dem Betrieb einen so genannten Avalkreditrahmenvertrag ab, auf dessen Grundlage Bürgschaften für die Beschäftigten herausgelegt werden. In solchen Bürgschaften verpflichtet sich die Bank gegenüber den Beschäftigten, für die Erfüllung der maximalen Verbindlichkeiten aus den Arbeitszeitkonten einzustehen. Die Bürgschaftssumme wird dabei auf die Kreditlinie des Betriebes angerechnet. Bürgschaften – gleichgültig, ob durch ein Kreditinstitut oder eine Versicherung – geht i.d.R. eine Bonitätsprüfung voraus. Bürgschaftsmodelle kommen aus den vorgenannten Gründen grundsätzlich nur für Betriebe in Frage, deren Bonität eine weitere Bürgschaft zu adäquaten Gebühren zulässt und die ihre Kreditlinie noch nicht ausgeschöpft haben. Denn gerade Bauunternehmen benötigen nicht selten Bürgschaften wie z.B. Vertragserfüllungs- oder Mängelgewährleistungsbürgschaften, die die Kreditlinie schon belasten. Ferner ist zu klären, wer die Bürgschaftsurkunde verwaltet und die Guthabenabrechnung im Insolvenzfall mit Arbeitnehmern, Sozialversicherungsträgern und der Finanzbehörde vornimmt. Die eventuellen Kosten für einen Treuhänder sind dabei in der Kosten-Nutzen-Betrachtung zu berücksichtigen.
Kautionsversicherung
Im Rahmen einer Kautionsversicherung übernimmt eine Versicherungsgesellschaft gegenüber den Beschäftigten eine Bürgschaft und sichert damit die maximalen Arbeitszeitguthaben ab. Dabei hinterlegt der Betrieb – auch in Abhängigkeit von der festgestellten Bonität - eine Sicherheit (Kaution) in Höhe von ca. 20 bis 25 Prozent der Bürgschaftssumme. Das ist oft notwendig, weil eine Kautionsversicherung, anders als die Hausbank, zumeist über keine Sicherheiten verfügt. Bürgschaftssummen im Rahmen von Kautionsversicherungen bedürfen ebenfalls einer jährlichen Bonitätsprüfung. Im Insolvenzfall wird die Guthabenabrechnung durch die Versicherungsgesellschaft durchgeführt.
Bürgschaften durch Banken und Versicherungen haben den Vorteil, dass kein bzw. im Falle der Kautionsversicherung nur ein relativ überschaubarer Anteil an Liquidität gebunden ist. Gebühren bzw. Versicherungsprämien müssen dennoch entrichtet, Verhandlungen über die Bürgschaftshöhe, die zudem ausreichend hoch bemessen sein muss, geführt werden. Zur Bonitätsprüfung benötigen die Institutionen zumeist vollständige Jahresabschlüsse und die Auswirkung auf die Kreditlinie sowie die Frage ihrer Ausschöpfung muss betriebsintern geklärt werden.
Anlagemodell
Wer ein Anlagemodell zur Absicherung von Arbeitszeitkonten wählt, richtet Depotkonten bei einer Anlagegesellschaft ein. Es gibt – je nach Anbieter – die Möglichkeit, für jeden Beschäftigten ein Konto einzurichten oder ein Globalkonto anzulegen, in dem die Entgeltansprüche aus allen Arbeitszeitkonten gesammelt werden. Anlagemodelle bewirken eine unternehmensexterne Ausfinanzierung der Guthaben und gelten dadurch als besonders insolvenzsicher. Die externe Kapitalanlage führt zu Zinserträgen in Verbindung mit zu entrichtenden Gebühren. Im Insolvenzfall wird die Guthabenabrechnung in der Regel von einer der Anlagegesellschaft angegliederten Treuhandgesellschaft durchgeführt. Insbesondere langfristige Zeitwertkonten sind hier Gegenstand der Betrachtung.
Branchenlösung für die Bauwirtschaft
Speziell für die „große Arbeitszeitflexibilisierung“ in der Bauwirtschaft mit ihrem zwölfmonatigen Ausgleichszeitraum wurde die Absicherungslösung SIKOflex von Soka-Bau entwickelt, eine Lösung, die die Grundmerkmale eines Anlagemodells aufweist. Kennzeichnend ist: Die monatliche Anpassung der Wertguthaben ist durch elektronische Datenübermittlung direkt aus einem Baulohnprogramm heraus möglich und reduziert damit den betrieblichen Aufwand enorm. Auch der Zahlungsverkehr erfolgt automatisiert. Abgesichert wird durch monatliche Anpassungen stets die exakte Summe aller Guthaben, so dass zu hohe Absicherungssummen mit unnötigen Kosten vermieden werden. Umgekehrt ist sichergestellt, dass alle Guthaben abgesichert sind. Gleichzeitig erfolgt eine Liquiditätsrückführung in den Betrieb immer dann, wenn Zeitguthaben aufgelöst und vergütet werden müssen. Da dies meist in auftragsschwachen Zeiten (zum Beispiel im Winter) geschieht, bietet SIKOflex eine sinnvolle Unterstützung der betrieblichen Liquiditätsplanung. Durch die Anspruchsführung der Guthaben je Mitarbeiter kann der Arbeitgeber jederzeit individuell die Absicherung nachweisen. Zusätzliche Treuhänderkosten fallen übrigens nicht an, da die Abrechnung im Insolvenzfall von Soka-Bau durchgeführt wird. ⇥■
Weitere Informationen:
www.soka-bau.de