Zeiterfassungssysteme im Vergleich
Mit einer digitalen Zeit- und Betriebsdatenerfassung können Bauunternehmen
Kosten senken und wirtschaftlicher arbeiten. Die Studie „Digitale Zeiterfassung
im Baugewerbe“ bietet einen Überblick verschiedener Systeme.
Die Zukunft ist digital, das gilt auch für das Baugewerbe. Zieht man jedoch den Branchenvergleich zurate, wird deutlich, dass Bauunternehmen noch erheblichen Nachholbedarf bei der Digitalisierung haben. Dabei gibt es inzwischen bewährte Systeme für die Zeit– und Betriebsdatenerfassung, mit denen Kosten gesenkt und die Wirtschaftlichkeit gesteigert werden können. Im Rahmen der Marktstudie: „Digitale Zeiterfassung im Baugewerbe“ wurden 15 Anbieter recherchiert, angeschrieben und um detaillierte Produkt- und Leistungsdaten gebeten. Letztendlich haben sechs Anbieter Informationen bereitgestellt, die für den System- und Leistungsvergleich heran-gezogen wurden. Die Ergebnisse stehen interessierten Bauunternehmen als Fachinformation sowie als Entscheidungshilfe für deren Investitionsentscheidung zur Verfügung.
Rationalisierung und Kostensenkung
Das Thema „Digitalisierung“ wird seit einiger Zeit viel und heiß diskutiert. Aus diesem Grund wurden von mehreren Forschungsinstituten Untersuchungen zum Stand und zu den Trends der „digitalen Wertschöpfungsaktivitäten“ angestellt. Folgt man etwa den Autoren der Studie „Digitalisierung im Mittelstand“, welche die internationale Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmens-beratungsgesellschaft Deloitte Ende 2015 veröffentlicht hat, so wird deutlich, dass, im Gegensatz zu allen anderen Branchen, im Baugewerbe der Digitalisierung nur mittlere Bedeutung beigemessen wird. So verwundert es auch nicht, dass sich die Branche bei der Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben „deutlich unterdurchschnittlich“ einordnet.
Das ist umso unverständlicher, da sich digitale Technologien hervorragend dazu eignen, die betrieblichen Abläufe besser zu steuern und Kosten zu senken. An diesem Punkt wird der Nutzen von digitalen Zeit- und Betriebsdatenerfassungssystemen besonders deutlich. Sie tragen nämlich wesentlich dazu bei, Zeit und Kosten einzusparen und so die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Für das Management eines Bauunternehmens ist der Einsatz von Zeit- und Betriebsdatenerfassungssystemen also unerlässlich, können durch sie doch wertvolle Produktivitätsreserven erschlossen werden.
Das Angebot an Zeiterfassungssystemen ist inzwischen immens. Will der Anwender jedoch mehr als nur einen elektronischen Stundenzettel, so reduziert sich die Kandidatenanzahl schnell. Einen Vergleich der unterschiedlichen Systeme und damit eine qualifizierte Auswahl vorzunehmen, ist für den Laien jedoch schwierig und war der Impuls für eine Marktstudie, die von der Unternehmensberatung Das Marketing Büro im Zeitraum August 2016 bis Januar 2017 durchgeführt wurde.
Nachteile klassischer Lösungen
Wie gehen Unternehmen das Thema digitale Zeiterfassung üblicherweise an? Sie definieren ihre Ziele und sondieren den Markt nach passenden Systemen. Für Anwender stellen sich Fragen wie: Welche Lösungen sind für uns anwendbar, wer kann Branchenerfahrung nachweisen und wer bildet unsere Systemanforderungen am besten ab?
Wenn es um den Nutzen geht, den ein Zeiterfassungssystem bieten soll, dann steht die Kosteneinsparung an oberster Stelle. Dabei geht es zuerst um den größten Faktor: das Personal. Beim klassischen Stundenzettel gibt es drei Schwachstellen: Die erste liegt beim Zettel selbst. Er wird mehr oder weniger vollständig ausgefüllt und kommt oftmals spät in der Lohnbuchhaltung an. Diese hat meist große Not damit, die Aufschriebe zu entziffern und die korrekten Daten zu übernehmen. Die zweite Schwachstelle liegt darin begründet, dass in der Praxis auf die Viertelstunde gerundet wird — erfahrungsgemäß zu Lasten des Unternehmens. Die dritte Unwägbarkeit besteht darin, dass der Polier die Instanz auf der Baustelle ist, die darüber entscheidet, was auf dem Stundenzettel eingetragen wird.
Ein kleines Rechenbeispiel verdeutlicht die finanziellen Verluste, die durch unkorrekt ausgefüllte Stundenzettel entstehen. Bei einer Firma mit 100 Beschäftigten summiert sich eine Zeitrundung von 15 Minuten je Mitarbeiter und Tag bei 200 Arbeitstagen und Lohnkosten von 27 Euro je Stunde auf eine Gesamtsumme von 135.000 Euro pro Jahr. Dazu kommt eine erhebliche Zeitersparnis und Beschleunigung in der Buchhaltung.
Erwartungen der Bauunternehmen
Die wesentlichen Erwartungen von mittelständischen Bau-
unternehmern an Zeiterfassungssysteme wurden im Rahmen der Marktstudie erfragt und lauten:
Erfüllung der gesetzlichen Pflicht zur Erfassung und Dokumentation der Arbeitszeiten
mehr Transparenz, immer zu wissen, wer auf welcher Baustelle arbeitet und welches Gerät sich wo befindet
einfache und intuitive Bedienung
robuste und langlebige Geräteausführung
Vermeidung von Missbrauch, insbesondere gegen Manipulation und Umgehung der Zeitsynchronisierung
effektive Kontrolle zur korrekten Buchung auf Kostenstelle
Sicherstellung ausschließlich genehmigter Wochenendnutzung von Fahrzeugen oder Maschinen
Revisionssicherheit: Das System soll Lohn und Nebenleistungen automatisch in die steuerlich relevanten Teile aufsplitten
Arbeitsersparnis für die Verwaltung: Schnittstellen zu Lohn- und Betriebsabrechnung
Die Notwendigkeit zu einer kostenorientierten Betriebsführung macht den Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien notwendig. Um für das Bauunternehmen einen überzeugenden Nutzen zu stiften, müssen die Systeme in der Lage sein, die branchen- und unternehmensspezifischen Besonderheiten abzubilden.
Konzeption und Durchführung der Marktstudie
Die Angebote, die am Markt zur Zeiterfassung verfügbar sind, erscheinen auf den ersten Blick als wahre Schnäppchen. Doch bei genauerer Prüfung stellte sich heraus, dass hier hauptsächlich Lösungen für das Frontend, also für die Erfassung der Zeiten, die recht einfach in Smartphones integriert werden können, angeboten werden. Die Auswertung bei diesen Einfachsystemen liefert oft nicht viel mehr als eine Tabelle, die in das DATEV-Programm eingegeben werden kann. Es fehlen meist Schnittstellen, Abbildungen der steuerlichen Komplexität oder Plausibilitätsberichte. Darüber hinaus wird keine volle Datensicherheit, kein Tracking der Fahrzeuge und Geräte, keine Buchung auf Kostenstellen usw. geboten – also genau die Punkte, die bei einem Bauunternehmer mit 100 Mitarbeitern relevant sind.
Für die Marktstudie wurde deshalb in einem ersten Schritt eine Recherche von Anbietern für Zeiterfassungssysteme durchgeführt. Auf der Grundlage einiger spezifischer branchenrelevanter Auswahlkriterien (Erfahrungen/Referenzen, Schnittstellen etc.) erfolgte eine Erstauswahl von Anbietern, welche die branchen-relevanten Systemanforderungen prinzipiell erfüllen können. Am Ende des Auswahlprozesses blieben 15 Hersteller, die im Rahmen einer Online-Befragung um die Detaildarstellung ihrer Leistungen mit Abgabe eines Musterangebots gebeten wurden.
Die erste Überraschung gab es unmittelbar nach Ende der Beantwortungsfrist, denn nur eine kleine Anzahl von Anbietern lieferte Antworten und selbst durch telefonische Nachfrage erhöhte sich die Zahl nicht mehr wesentlich. Die Marktstudie konnte schließlich mit sechs qualifizierten Anbietern durchgeführt werden.
Datenlogger unterbindet Manipulation
Zwei Hersteller verstehen sich als Komplettanbieter betriebswirtschaftlicher Software, bei denen die Zeiterfassung nur einen Teilaspekt darstellt. Die meisten propagieren die Erfassung der Daten über Smartphone oder Tablet. Oft wird davon gesprochen, dass der Vorarbeiter Zeiten und Geräte erfasst. Wer an dieser Stelle Mani-pulationen oder Statistikschönung unterbinden will, der sollte einen Datenlogger präferieren, bei dem die Datenerfassung durch den Mitarbeiter selbst erfolgt. Das Erfassungsgerät liegt entweder im Fahrzeug oder wird auf die Baustelle mitgenommen und jeder Mitarbeiter erfasst seine Zeiten mit der Chipkarte oder einem RFID-Chip.
Flexible Endgeräte gefordert
Eine zentrale Forderung ist heute jedoch, dass das gesamte System flexibel genug sein sollte, um jedes beliebige Endgerät einsetzen zu können, damit der Bauleiter oder Polier mit Hilfe eines Smartphones oder Tablet-PCs fotografisch den Bautenstand dokumentieren kann. Auch sollte es möglich sein, dass ein Mitarbeiter, der im Laufe des Arbeitstages auf eine andere Kostenstelle wechselt, auf dem Smartphone seines Bauleiters umstempeln kann. So gibt es eine Vielzahl von Erfassungsgeräten, wie Smartphone und Tablet-PCs, Datenlogger sowie Barcodescanner und RFID-Geräte, die stark im Kommen sind. RFID hat dabei den Vorteil, dass es ein vergleichsweise günstiges Erfassen erlaubt und gleichzeitig für die Zugangskontrolle oder Lagerverwaltung einsetzbar ist.
Beim Thema Datensicherheit bieten alle der sechs verglichenen Anbieter hohe Standards. In der Regel wird sichergestellt, dass die Systemzeit überall gleich ist und der Stempelort per GPS abgeglichen wird. Zürcher wirbt sogar mit einem Patent auf Datensicherheit, das eine Löschung der erfassten Daten erst dann zulässt, wenn der komplette Datensatz übertragen ist.
Branchenspezifische Lösungen
Erfreulicherweise gibt es über die reine Arbeitszeiterfassung hinaus für eine ganze Reihe branchenspezifischer Fragestellungen bereits Lösungsansätze. So kann beispielsweise im Falle des Trackings von Fahrzeugen der Disponent wirksam unterstützt werden. Außerdem lassen sich Plausibilitätsberichte erstellen, die darüber Auskunft geben, wer sich gerade an welchem Ort befindet, wer außerhalb der Baustelle angestempelt oder wer das Fahrzeug am Wochenende entgegen der Weisung benutzt hat. Auch die Kontrolle der Abrechnungen von Fremdspediteuren ist mit manchen Systemen möglich, ebenso wie die effektive Disponierung des Mietparks oder die Abrechnung unterschiedlichster Spesenregelungen bei Auslandseinsätzen. Eine Fotodokumentation, mit der die Bilder eindeutig einer Kostenstelle zugeordnet werden, sowie ein Bautagesbericht gehören vielfach schon zum Repertoire. Wenn Baugeräte erfasst werden, ist es wichtig, dass die Daten automatisch in die Betriebsabrechnung übernommen werden. Schon die Tatsache, dass die Kosten für Großgeräte transparent werden, führt oft zu einem Umdenken bei den Bauleitern und die Geräte werden nicht mehr gehortet.
Schwerpunkt Lagerverwaltung
Lagerverwaltung am Bau ist eine Welt für sich. Für viele Bauunternehmer ist sie eine Aufgabe mit hohem Stresspotential, hängt doch die Lösung vieler Probleme an der effizienten Organisation des Lagers. Hier gibt es jedoch schon Lösungsansätze, die es ermöglichen, mit der RFID-Transpondertechnologie z.B. Betriebsmittel in der Cloud überwachen zu lassen. Durch die Definition eindeutiger Geschäftsprozesse können ganze Abläufe systematisiert und damit die meisten der beschriebenen Probleme gelöst werden. An der Integration dieser Technik in die bestehenden Systeme wird von den innovativen Herstellern intensiv gearbeitet.
Die Kostenfrage: ein heikler Punkt
Ein Hauptziel der Marktstudie war es, Kostenklarheit bei den Systemangeboten herzustellen. Etwas überraschend war es deshalb, dass die Zurückhaltung bei der Benennung konkreter Kosten sehr groß war. Um Vergleichbarkeit herzustellen, sollten nach einer vorgegebenen Beispielrechnung Basispreise genannt werden. Zugrunde gelegt wurden die Anforderungen eines Anwenders, der nicht nur die Zeiten erfassen, sondern auch Plausibilitäten prüfen und die Zeiten am nächsten Morgen korrigieren bzw. buchen will. Dazu benötigt er mindestens einen Datentarif eines Kartenanbieters.
Drei der sechs angefragten Anbieter wollten oder konnten diese Frage nicht beantworten. Es wurde meist darauf verwiesen, dass diese Frage nur im Kontext eines konkreten Betriebs zu beantworten sei. Auf Nachfrage erhielten wir dann doch Aussagen zu Kosten für die Software. 123erfasst bezifferte die Grundkosten der Software auf 10 € pro Mitarbeiter und Monat, Timecard Zeiterfassung und Zürcher errechneten 1 € pro Mitarbeiter und Monat.
Einsatz rechnet sich
Trotz der dünnen Datenbasis, die wir mit unserer Musterberechnung recherchieren konnten, zeigt sich, dass sich die Einführung eines digitalen Zeit- und Betriebsdatenfassungssystems betriebswirtschaftlich rechnet. Neben der Ersparnis, die beim einzelnen Baustellenmitarbeiter durch die genauere Erfassung der Arbeitszeiten entsteht, sind es vor allem Entlastungen im Lohnbüro, die zu den Einsparungen führen. Auch die Erfassung und Verbuchung von Gütern direkt im Transportfahrzeug spart Zeit und damit Kosten.
Neben der Zeit- und Kosteneinsparung ist es vor allem jedoch die schnellere, ja oft sogar unmittelbare Verfügbarkeit der Daten, die das Entscheiden und Handeln erleichtert und beschleunigt. Aus diesem Grund ist es für die zeitgemäße Betriebsführung unerlässlich, Systeme einzusetzen, die ein professionelles Management ermöglichen.
Anwender können auswählen
Moderne Zeit- und Betriebsdatenerfassungssysteme sind Instrumente, die sich im Management von mittelständischen Bauunternehmen bewährt haben und heute unverzichtbar sind. Alle der sechs in der Marktstudie dargestellten Systeme sind prinzipiell geeignet und haben ihre Branchentauglichkeit gezeigt. Selbstverständlich gibt es Unterschiede beim Leistungsumfang, der Geräteintegration, Schnittstellen und anderen Merkmalen.
Da die Anforderungen von Bauunternehmen zu Bauunternehmen sehr individuell und dadurch unterschiedlich sind, kann eine pauschale Empfehlung für ein bestimmtes Zeit- und Betriebsdatenerfassungssystem nicht gegeben werden. Die Marktstudie dient dazu, eine qualifizierte Übersicht zu den am Markt verfügbaren Systemen zu geben.
Außerdem kann sich das Bauunternehmen, das sich mit einer solchen Investitionsentscheidung beschäftigt, durch die Studie methodische Unterstützung für den individuellen Bewertungs-
ansatz holen. Interessenten können vom Verfasser der Markt-
studie außerdem kostenlos den Original-Fragebogen unter anfordern.
Das Marketing Büro
Das Marketing Büro ist eine spezialisierte Unternehmensberatung, die seit über 16 Jahren im Innovationsmarketing tätig ist. Neben Marktuntersuchungen werden Marketingstrategien für den B2B-Bereich erarbeitet und die überwiegend mittelständische Kunden bei der Marktkommunikation unterstützt.