Ungebundene Pflasterdecken und Plattenbeläge – Teil 3
Auswahl von Fugen- und Bettungsmaterial in VerkehrsflächenDer Auswahl von Fugen- und Bettungsmaterial in Verkehrsflächen kommt große Bedeutung zu; die Materialien müssen im eingebauten Zustand, sowie im Betrieb hinreichend standsicher, tragfähig und wasserdurchlässig sein.
In DIN 18318 (1196) [1] war der Einbau von Splitt 1/3 und 2/5 als Fugen- und Bettungsmaterial möglich. Gemäß ZTVP-StB 2000 [3] sollte Splitt 2/5 mm als Bettungsmaterial nur eingesetzt werden, wenn ausreichend positive Erfahrungen vorliegen. Mit Einführung der ZTV Pflaster-StB 2006 [4] sollten als Bettungsmaterialien nur Baustoffgemische 0/4, 0/5, 0/8 oder 0/11 eingesetzt werden. Gemäß ZTV Pflaster-StB 2020 [5] sollten Lieferkörnungen 2/5, 2/8 oder 2/11 für Verkehrsflächen, die mit Kraftfahrzeugen befahren werden, nicht verwendet werden.
Splitt verbannen?
Die Verbannung von Splitt, insbesondere als Bettungsmaterial, liegt nach Einschätzung des Verfassers einerseits an dem Ergebnis der Ursachenforschung aufgetretener Fugenentleerungen und damit der nicht vorhandenen Filterstabilität zwischen Fugen und Bettungsmaterial; andererseits soll sich Splitt unter Verkehrsbelastung zermahlen und somit die Funktionsfähigkeit und Dauerhaftigkeit der Beläge gefährden. Dass sich Bettungsmaterial unabhängig von der Zusammensetzung je nach Verkehrsbelastung zerreiben/zermahlen und verfestigen kann, ist als üblich anzusehen. Beispielsweise erfährt ein Baustoffgemisch 0/5 mm ebenso die Belastung wie ein Splitt 2/5, wobei die Wasserdurchlässigkeit aufgrund der bereits bei Lieferung vorhandenen wasserreduzierenden bzw. verfestigungsbegünstigenden Gesteinskörnern < 0,5 schneller reduziert wird als bei Splitt.
Abbildung 1: Hier ist eine ungebundene Betonsteinpflasterdecke zu sehen. Im Vordergrund befindet sich die Bettung nach der Steinentnahme. Das ungebundene Fugenmaterial haftet teilweise an den Seitenflächen.
© Dr.-Ing. Andreas Heiko Metzing
Abbildung 3: Die grüne Linie zeigt die Korngrößenverteilung vom an den Seitenflächen der Betonsteinen anhaftendem Fugenmaterial, welches dem Grunde nach einer Gesteinskörnung 0/2 gemäß ZTV Pflaster-StB 20 [5] und TL Pflaster[6] entspricht, sowie des Bettungsmaterials der Abbildung 1.
© Dr.-Ing. Andreas Heiko Metzing
Abbildung 1 zeigt beispielhaft den Zustand der Bettung, sowie an den Seitenflächen anhaftendes Fugenmaterial, ca. 3 Wochen nach Inbetriebnahme einer Verkehrsfläche. Beide Materialien entsprechen noch den Anforderungen im Lieferzustand (vgl. Abbildung 3, Fugenmaterial grüne Linie und Bettungsmaterial graue Linie) der TL Pflaster-StB [6] und ZTV Pflaster-StB [5]. Eine schadlose Ableitung von unvermeidbar eindringendem Wasser ist nicht mehr möglich.
Stärken und Schwächen
Gemäß DIN 18318 (2019) [2] können derzeit ungebundene Bettungsstoffe aus Gesteinskörnungen und Gesteinskörnungsgemischen 0/2, 0/4, 0/5, 0/8, 0/11, 1/3, 1/5, 1/8, 2/5, 2/8, 4/8, 5/11 eingesetzt werden. Gemäß TL Pflaster-StB [6] sind als Baustoffgemische für Bettungsmaterialien die Lieferkörnungen 0/4, 0/5, 0/8 oder 0/11 zu verwenden. Die Richtlinie [7] ermöglicht, Lieferkörnungen 0/4, 0/5, 0/8 oder 0/11 gemäß TL Pflaster-StB [6] sowie 1/5, 1/8, 2/5, 2/8 einzubauen. Für Fugenmaterialien gelten die Anforderungen dem Grunde nach analog.
Splitt als Bettungsmaterial besitzt gegenüber einem Baustoffgemisch gemäß TL Pflaster StB 06/2015 [6] den Vorteil, dass einerseits im Betrieb eine deutlich bessere Wasserdurchlässigkeit gegeben ist und andererseits keine Entmischungen auftreten, die unterschiedliche Materialqualitäten im eingebauten Zustand zur Folge haben. Baustoffgemische 0/4, 0/5, 0/8 und 0/11 besitzen eine Entmischungsneigung, damit kann eine variierende Menge der Gesteinskörnung 0/2 im eingebauten Zustand, verteilt über die gesamte Fläche, vorhanden sein. Das bedeutet auch, dass es zu unterschiedlichen Verdichtungsgraden und Setzungsverhalten im Betrieb kommen kann.
Nachverdichtung im Betrieb als unerwünschte Folge
Abbildung 2 : Hier ist das Bettungsmaterial nach der Steinentnahme bei einer üblichen Pflasterdecke zu erkennen. Visuell sind keine oberflächennahen Hohlräume zu sehen.
© Dr.-Ing. Andreas Heiko Metzing
Ist keine einheitliche Zusammensetzung des Bettungsmaterials vorhanden, so kann in Kombination mit einem nicht optimalen Wassergehalt beim Einbau eine Nachverdichtung im Betrieb die Folge sein. Abbildung 2 zeigt ein weiteres Beispiel aufgetretener Nachverdichtung unter Verkehrsbelastung. Das Bettungsmaterial entspricht hier auch ca. 4 Jahre nach Herstellung und Nutzung den Anforderungen gemäß TL-Pflaster-StB [6] und ZTV Pflaster-StB [5] (vgl. Abbildung 3, orange Linie). Allein dadurch kann die Lagestabilität der ungebundenen Decke negativ beeinflusst werden. Splitt 2/5 beispielsweise entmischt sich nicht, wird auf die Tragschicht aufgebracht und hat über den s.g. Korn zu Korn Kontakt nach der Verdichtung gleich die entsprechende Lagestabilität.
Auch wenn Splitt als Bettungsmaterial in der ZTV Pflaster-StB 20 [5] und in der TL Pflaster-StB 06/2015 [6] nicht vorgesehen ist, so wird unter Berücksichtigung der DIN 18318 [2] und der Richtlinie [7] als Bettungsmaterial der Einsatz der Gesteinskörnung 1/5, 1/8, 2/5 und 2/8 ermöglicht.
Betrachtet man nun das Fugenmaterial und die herzustellende Verfugung, so gilt der Sachverhalt wie beim Bettungsmaterial analog. Als Fugenmaterial sollte auf überwiegender Fugenhöhe mit Splitt 1/3, 1/4 oder 2/5 mm je nach Fugenbreite verwendet werden, damit der Belag bereits nach der Herstellung eine hinreichende Anfangsstabilität aufweist. Splitte 1/3, 1/5, 1/8, 2/5 und 2/8 als Fugenmaterialien sind in der DIN 18318 [2] sowie der Richtlinie [7] enthalten.
Eine Frage des Einbaus
Anders als die Fugenmaterialien nach ZTV Pflaster-StB 20 [5] und TL Pflaster-StB 06/2015 [6] besitzen splittige Fugenmaterialien kein Ausweichpotential. Beim Einsatz von Fugenmaterialien mit Sandanteilen 0/2 kann es bereits beim Verfugungsvorgang zu Entmischungen kommen. Maßgebend hier ist auch der mengenmäßige Sandanteil 0/2. Die Sandanteile 0/2 besitzen die Aufgabe, das vorhandene Porenvolumen zu füllen.
Abbildung 4: Hier ist eine ungebundene Betonsteinpflasterdecke mit Fugenmaterial mit Anteilen der Gesteinskörnung 0/2 mm zu sehen. Flankenabrisse aufgrund fehlenden Stützkorns sind hier die Folge.
© Dr.-Ing. Andreas Heiko Metzing
Kommt es beim Einbau zusätzlich zu einer Entmischung (das Material wird im „Freien Fall“ eingebaut), so kann es durchaus sein, dass in Teilbereichen eines Fugenquerschnittes keine grobe Gesteinskörnung vorhanden ist, so dass sich der lastabtragende Querschnitt zudem deutlich reduziert. Sind die Lasten dementsprechend zu hoch, so kann es bei sandhaltigen Fugenmaterialien selbst bei optimaler Verdichtung zu Steinbewegungen kommen, da auftretende Lasten in der Regel über eine grobe Gesteinskörnung übertragen werden und diese nicht hinreichend vorhanden ist (vgl. Metzing, A. & Saathoff, F. [8], Abbildung 4 und 5). Abbildung 4 zeigt beispielhaft ein derartiges Problem; s.g. Flankenabrisse des ungebundenen Fugenmaterials sind erkennbar. Die für eine dauerhafte Lastabtragung notwendige grobe Gesteinskörnung ist in Abbildung 5 ersichtlich.
Fazit
Warum sollte Splitt als Fugen- und Bettungsmaterial eingebaut werden?
Unvermeidbare Zermahlungseffekte im Betrieb, je nach Verkehrsbelastung, führen nicht gleich zu einer deutlich reduzierten Wasserdurchlässigkeit.
Das grobe Korngerüst steht nach dem direkten Verdichtungsvorgang aufeinander und kann Lasten optimal aufnehmen.
Splitter haben nach einer sachgerechten Verdichtung ein geringes Nachverdichtungsrisiko, anders als sandhaltige Materialien, die bei Wasserzutritt instabil werden können.
Wasser kann schnell aufgenommen und abgeführt werden.
Derartige Bettungsmaterialien entmischen sich aufgrund der Ausfallkörnung beim Transport, Entladen, Umladen und Reinregnen auf abgezogener Bettung nicht.
Was ist bei der Verwendung von Baustoffgemischen 0/4, 0/5, 0/8 und 0/11 zu beachten?
Diese Materialien sind verformungsanfällig, insbesondere wenn der Anteil der Gesteinskörnung 0/2 im Gemisch größer ist als die Hohlraumfüllung, also die Gesteinskörnung 0/2 Lasten abtragen muss.
Was ist bei Fuge und Bettung zu berücksichtigen?
Die für die Bettung zu verwendende Körnung ist abhängig von der Schichtdicke und für das Fugenmaterial besteht aus Sicht des Verfassers ein Zusammenhang mit Fugenbreite/2 = Größtkorn Fugenmaterial (vgl. Metzing, A. [9]). Materialverfeinerungen und -verfestigungen im Betrieb sind je nach Verkehrsbelastung auch bei einer sehr harten Gesteinsart (z.B. Diabas, Gabbro Basalt jeweils mit einem Schlagzertrümmerungswert deutlich kleiner SZ18) nicht zu vermeiden. Diese werden dann zusätzlich begünstigt, wenn eine erhöhte Bewegung in der Decke durch z.B. nicht sachgerechte Verdichtung oder ungünstige Materialien vorhanden ist. Die Dicke der Bettung sollte bei splittigen Materialien auf steifen Unterlagen (z.B. Dränbetontragschicht) erhöht werden, um Reflexionseffekte zu reduzieren. Fugenmaterialien mit einem Feinanteil von bis zu 9 M.-% über den gesamten Fugenquerschnitt werden als kritisch angesehen, da die feinen Gesteinskörner eine Verfestigung der Fuge (vgl. Abbildung 1) erzeugen oder sich beim Einbau auf der Bettungsoberfläche ablagern können.
Dr.-Ing. Andreas Heiko Metzing
Literaturverzeichnis
[1] DIN 18318, VOB Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil C, Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV), Verkehrswegebauarbeiten, Pflasterdecken, Plattenbeläge, Einfassungen, Ausgabe Juni 1996, Herausgeber: Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin
[2] DIN 18318, VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil C, Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV), Pflasterdecken und Plattenbeläge, Einfassungen, Ausgabe September 2019, Herausgeber: Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin
[3] ZTV P-StB 2000, Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Pflasterdecken und Plattenbelägen, Ausgabe 2000, Herausgeber: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V., Köln
[4] ZTV Pflaster-StB 06, Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Herstellung von Pflasterdecken, Plattenbelägen und Einfassungen, Ausgabe 2006, Herausgeber: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V., Köln
[5] ZTV Pflaster-StB 20, Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Herstellung von Verkehrsflächen mit Pflasterdecken, Plattenbelägen sowie von Einfassungen, Ausgabe 2020 Herausgeber: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V., Köln
[6] TL Pflaster StB 06/2015, Technische Lieferbedingungen für Bauprodukte zur Herstellung von Pflasterdecken, Plattenbelägen und Einfassungen, Ausgabe 2006/2015, Herausgeber: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V., Köln
[7] Richtlinie Pflaster- und Plattendecken für befahrene und begangene Flächen in ungebundener und gebundener Ausführung sowie Mischbauweisen, Ausgabe 2014, Herausgeber: Deutscher Naturwerkstein-Verband e.V., Sanderstraße 4, 97070 Würzburg
[8] Metzing, A. & Saathoff, F.: Funktion der ungebundenen Fuge bei Pflasterdecken und Plattenbelägen, Ausgabe 01/2018, Zeitschrift Tiefbau, Hochbau, Ingenieurbau, Straßenbau Bauverlag BV GmbH, Gütersloh
[9] Metzing, A.: Ungebundene Pflasterdecken und Plattenbeläge, Teil 2, Festlegung der Fugenbreite, Ausgabe 05/2023, Zeitschrift Tiefbau, Hochbau, Ingenieurbau, Straßenbau Bauverlag BV GmbH, Gütersloh