Ungebundene Pflasterdecken und Plattenbeläge
Funktion und Ausbildung der ungebundenen Fugenfüllung
Ungebundene Pflasterdecken und Plattenbeläge werden -auch heute noch- für Fahrbahnen und hoch anspruchsvolle Platzgestaltungen verwendet. Diese Beläge werden durch statische und dynamische Verkehrsbelastungen beansprucht. Zudem werden sie durch Reinigung und Eintrag von Oberflächenwasser belastet. Die Ausbildung einer fachgerechten Fuge ist Grundvoraussetzung zur Lastabtragung der auftretenden Verkehrsbelastungen, aber auch eine gewisse Widerstandsfähigkeit der Fuge bzw. des Fugenmaterials gegen das Aussaugen durch Reinigungsgeräte und gegen das Ausspülen durch Regen- und Oberflächenwasser muss gewährleistet sein.
Aus technischer Sicht ist zu empfehlen, Fugen zweistufig auszubilden. Abbildung 1 zeigt schematisch den grundsätzlichen Aufbau einer Verkehrsflächenbefestigung mit Pflasterdecken und Plattenbelägen, und zwar mit einer zweistufigen Fugen(ver)füllung.
Eine zweistufige Fugenfüllung bedeutet, dass zwei unterschiedliche Materialien verwendet werden. Die erste Fugenfüllung sollte nach dem Verlegen bzw. Versetzen der Steine je nach Verlege- und Steinart durch Einfegen und/oder Einschlämmen erfolgen. In der Regel sackt die Fugenfüllung nach dem ersten Verdichtungsvorgang ab, sodass eine erneute Fugenfüllung vorgenommen werden muss. Sofern die Fuge nach dem Verdichtungsvorgang ausreichend gefüllt ist, was bei etwa ¾ der Steinhöhe der Fall sein dürfte, kann die zweite Fugenfüllung, der sogenannte Fugenschluss, durch ungebundenes Fugenmaterial mit einem hohen Feinanteil < 0,063 mm erfolgen. Die zweistufige Fugenfüllung wird gewählt,
Unvermeidbar eindringendes Wasser muss nach dem Hindurchtreten durch die zweite (obere) Fugenfüllung sicher durch die erste (untere) Fugenfüllung und Bettung abgeführt werden können.
Ausreichend gefüllte Fugen sind die Grundlage für die Dauerhaftigkeit einer Pflasterdecke und eines Plattenbelages.
Gemäß ZTV Pflaster-StB 06, Ziffer 1.5.1.2 Fugenmaterial, gilt: Die Art des Fugenmaterials ist in der Leistungsbeschreibung anzugeben. Es kann eine bestimmte Korngrößenverteilung vereinbart werden. Es ist ein Material zu verwenden, das dem Aussaugen möglichst großen Widerstand entgegenbringt. Die Auswahl des Fugenmaterials soll im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse und die zukünftigen Beanspruchungen getroffen werden.
Es sind Baustoffgemische 0/4, 0/5, 0/8 bzw. 0/11 als Fugenmaterialien zu verwenden.
Bei Einsatz bestimmter Verbundpflastersteinsysteme mit geringen Fugenbreiten kann die Verwendung von Baustoffgemischen 0/2 mm als Fugenmaterial zweckmäßig sein. Der Durchgang auf dem Sieb 1 mm muss dann 40 bis 70 M.-% betragen.
Als Fugenmaterialien für Verkehrsflächen der Bauklassen III bis VI gemäß den RStO sind Baustoffgemische zu verwenden, die jeweils die Anforderungen der Zeile 1 der Tabellen 11, 12 bzw. 13 der TL Pflaster-StB erfüllen. Sollen für diese Verkehrsflächen Fugenmaterialien verwendet werden, die jeweils lediglich die Anforderungen der Zeile 2 der Tabellen 11, 12 bzw. 13 der TL Pflaster-StB erfüllen, ist dies ausdrücklich zu vereinbaren.
Für andere Verkehrsflächen können auch solche Fugenmaterialien verwendet werden, die lediglich die Anforderungen der Zeile 2 der Tabellen 11, 12 bzw. 13 der TL Pflaster-StB erfüllen.
Als Fugenmaterial für Verkehrsflächen der Bauklassen III bis VI gemäß den RStO sind Baustoffgemische aus Gesteinskörnungen zu verwenden, deren Fließkoeffizient der Kategorie Ecs35 gemäß dem Abschnitt 3.3.5 der TL Pflaster-StB entsprechen muss. Der Anteil gebrochener Oberflächen gemäß dem Anhang H, Zeile 2.2.6, der TL Gestein-StB muss der Kategorie C90/3 entsprechen. Abweichungen davon sind ausdrücklich zu vereinbaren.
Gemäß TL Pflaster-StB 06, Ziffer 3.3.1.1, gilt: Als Baustoffgemisch sind die Lieferkörnungen 0/2, 0/4, 0/5, 0/8 oder 0/11 mm zu verwenden. Gemäß TL Pflaster-StB 06, Ziffer 3.3.2, hat der Feinanteil < 0,063 mm minimal 2 und maximal 9 Massenprozent betragen.
Der in der TL Pflaster-StB 06 obere Grenzwert mit einem Feinanteil von 9 M.-% sollte auf Basis vorliegender Erfahrungen für die erste Fugenfüllung nicht verwendet werden, da dadurch das Risiko einer deutlichen Reduzierung der Wasserdurchlässigkeit besteht.
Hinsichtlich der Korngrößenverteilung einer ungebundenen Fugenfüllung sind in der TL-Pflaster-StB 06 die in Tabelle 1 dargelegten Vorgaben zu finden. Dabei ist einerseits zu beachten, dass das entsprechende Fugenmaterial in Abhängigkeit von der Fugenbreite ausgewählt werden muss, damit eine vollständig gefüllte Fuge im Gebrauchszustand gewährleistet werden kann. Andererseits ist besonderes Augenmerk auf die Filterstabilität zwischen Fugen- und Bettungsmaterial zu legen. Vorhandene Hohlräume in Fuge oder Bettung können im Betrieb zu Schwierigkeiten führen, da es zu einem stetigen oder (im Falle eines „Durchbruchs“ eines vorhandenen „Gewölbes“ in der Fuge) plötzlichen Absacken des Fugenmaterials kommen kann. Die Folgen sind eine teilweise geleerte Fuge und einhergehend, dass auftretende Lasten nicht mehr sicher abgetragen werden können und weitergehend eine erhöhte Wassermenge in die Konstruktion eindringen kann, was den Schadenfall noch weiter forciert. Der Auswahl des Bettungs- und Fugenmaterials kommt somit große Bedeutung zu. Gemäß ZTV Pflaster-StB 06 sind Bettungs- undFugenmaterial gleichmäßig durchmischt und durchfeuchtet einzubauen. Dieser Sachverhalt soll eine Homogenität der eingebauten Materialien sowie die Einhaltung der Filterstabilität gewährleisten.
Im eingebauten Zustand muss das Fugenmaterial die Lasten sicher aufnehmen und an die Pflastersteine weitergeben können. Das Fugenmaterial darf dabei auch keine negativen Auswirkungen auf die Wasserdurchlässigkeit der Bettung ausüben. Um Lasten sicher abtragen zu können, muss das Fugenmaterial vollständig in die Fugen eingebracht werden können, ohne dass Hohlräume oder eine Gewölbebildung im Fugenquerschnitt vorhanden sind.
Abb. 2 zeigt eine verfüllte Fuge mit einem Baustoffgemisch 0/4 mm vor dem Verdichtungsvorgang. Insbesondere im unteren Fugenbereich sind Hohlräume zu erkennen, da sich die grobe Gesteinskörnung an den Seitenflächen der Betonsteine verkantet hat. Abb. 3 zeigt eine homogene Fugenfüllung durch eine feine Körnung 0/2 mm. Auf der Bettungsschicht ist jedoch eine Verschlämmung im Kontaktzonenbereich Fuge/Bettung festzustellen. Das Fugenmaterial darf aber auch nicht zu fein gewählt werden, so dass auftretende Lasten Pflastersteinverschiebungen bzw. -bewegungen erzeugen und das Fugenmaterial evtl. in die Hohlräume der Bettung abwandert und damit die Fugen nicht mehr vollständig gefüllt sind. In der Praxis stellt dies den größten Schwierigkeitsgrad dar, da z.B. durch Regenschauer oder Einschlämmvorgange Entmischungen des Fugenmaterials sehr leicht auftreten können. Beim in Abb. 4 dargestellten Fall konnte nachgewiesen werden, dass die Filterstabilität zwischen Fugen- und Bettungsmaterial im eingebauten Zustand nicht gewährleistet ist, obwohl Fugen- und Bettungsmaterial im Anlieferzustand den Anforderungen der TL Pflaster-StB 06 entsprachen und die Filterstabilität gemäß ZTV Pflaster-StB 06 theoretisch nachgewiesen wurde. Abb. 4 dokumentiert weiterhin, dass der Kontaktzonenbereich Bettung/Fuge/Stein verschlämmt ist, sodass hier eindringendes Wasser nicht versickern kann.
Abb. 5 zeigt den am stärksten belasteten Bereich. Auch hinsichtlich der Minderung der Wasserdurchlässigkeit ist der Kontaktzonenbereich Bettung/Fuge/Stein als kritisch zu bewerten. Die Trapezform stellt den möglichen Ausbreitungsbereich der Verschlämmung durch Fugenmaterial bzw. Zermahlung des Fugen- und Bettungsmaterials dar. Sofern für die 1. Fuge nfüllung ein Material mit einer hohen Wasserdurchlässigkeit verwendet wird, ist die Gefahr der Minderung der Wasserdurchlässigkeit im Kontaktzonenbereich deutlich geringer. Eingebrachtes Fugenmaterial kann dann durch die Verkehrsbelastung zermahlen werden, was aber nicht zwingend mit einer nachhaltigen Minderung der Wasserdurchlässigkeit mit negativen Folgen einhergehen muss.
Die richtige Auswahl des Fugenmaterials ist von entscheidender Bedeutung für die Dauerhaftigkeit des Belages. Das Material muss u.a. folgende Anforderungen erfüllen:
In der Praxis führen nicht selten Entmischungsvorgänge dazu, dass das Fugenmaterial für den Fugenschluss in die bestehenden Hohlräume der Bettung bzw. 1. Fugenfüllung eindringt und somit die Wasserdurchlässigkeit der Bettung und insbesondere im Kontaktzonenbereich Bettung/Fuge/Stein deutlich reduziert. Aus diesem Grund ist für die 1. Fugenfüllung ein Material mit hoher Wasserdurchlässigkeit zu verwenden.
In Tabelle 2 sind beispielhaft nach Hazen und Beyer berechnete Wasserdurchlässigkeitsbeiwerte für unterschiedliche Fugenmaterialien aus der TL Pflaster und aus ausgewählten Schadenfällen aufgeführt.
Unter Berücksichtigung der Bedingungen zur Abschätzung der Wasserdurchlässigkeit sei erwähnt, dass die Formel nach Hazen vom Grundsatz nur herangezogen werden kann, wenn der Ungleichförmigkeitsgrad (des Fugenmaterials) < 5 ist.
Die rot dargestellten Zahlen zeigen, dass die Ungleichförmigkeitsgrad > 5 ist und
somit die Formel eigentlich nicht anwendbar ist. Zu bemerken ist jedoch, dass die unterschiedlichen Methoden nach Hazen und Beyer keine signifikanten Abweichungen der Wasserdurchlässigkeit der Materialien zeigen. Grundsätzlich sollte die Wasserdurchlässigkeit der Unterlage gemäß dem Merkblatt für Flächenbefestigungen mit Pflasterdecken und Plattenbeläge 10^-5 m/s betragen. Aus Tabelle 2 geht natürlich hervor, dass Fugenmaterialien mit grober Körnung eine größere Wasserdurchlässigkeit aufweisen als feine Gesteinskörnungen. Wie der Tabelle ebenfalls zu entnehmen ist, besitzt der Feinanteil des Fugenmaterials einen wesentlichen Einfluss auf die Wasserdurchlässigkeit des Fugenmaterials.
Die fachgerechte Ausbildung der ungebundenen Fuge spielt für die Dauerhaftigkeit einer Pflasterdecke bzw. eines Plattenbelages eine wesentliche Rolle. Eine Pflasterdecke bzw. ein Plattenbelag soll einerseits Wasser aus der Konstruktion heraushalten und andererseits unvermeidbar eindringendes Wasser sicher durch Fuge, Bettung und Tragschicht abführen können. Das heute sehr häufig verwendete Fugenmaterial mit einem hohen Feinanteil (<0,063 mm) für den Fugenschluss kann sich bei Fehlern in Planung und Ausführung nachhaltig negativ auswirken, da die feine Gesteinskörnung bei Hohlräumen in Fuge und Bettung sich in der Konstruktion absetzen kann und die Wasserdurchlässigkeit deutlich mindern kann. Grundsätzlich muss die Fugenbreite sowie die Bettungsdicke in Abhängigkeit von dem verwendeten Steinmaterial und der Verkehrsbelastung in Verbindung mit dem Verband festgelegt werden. Anhand dieser Festlegung sind dementsprechend Fugen- und Bettungsmaterial auszuwählen, so dass einerseits ein Bettungsmaterial mit gute Tragfähigkeit und Wasserdurchlässigkeit gewählt wird und andererseits die Filterstabilität gewährleistet werden kann.n