„Wir wollen Bauunternehmen Innovationen zugänglich machen“
Über die Bedeutung durchgängiger DatenstrukturenGespräch mit Dr. Thomas Reich, CEO der BRZ Deutschland GmbH, Spezialist für Bausoftware mit Sitz in Nürnberg, und Premium-Partner beim Deutschen Baupreis 2024.
THIS: Hallo Herr Dr. Reich. Sie zählen zu den Unterstützern des Wettbewerbs Deutscher Baupreis 2024 – vielen Dank dafür. Was hat Sie dazu bewogen?
Dr. Thomas Reich: Ich halte es für eine hervorragende Idee, Bauunternehmen auszuzeichnen. Es ist schon faszinierend, welch große wirtschaftliche Bedeutung die Baubranche in diesem Land hat, die sich jedoch nicht in der Sichtbarkeit spiegelt.
THIS: Wo sehen Sie Ihren Platz bzw. Ihre Aufgabe in der Baubranche?
Dr. Thomas Reich: Für uns als Softwareunternehmen steht natürlich im Vordergrund, dass wir den Unternehmen Innovationen zugänglich machen – nicht um der Innovationen willen, sondern weil diese Unternehmen dadurch wettbewerbsfähiger werden. Weil unsere Kunden Zeit einsparen und sich ganz auf das konzentrieren können, wo sie ihr Know-how haben.
THIS: Sie zielen in Richtung Fachkräftemangel?
Dr. Thomas Reich: Ja. Bauunternehmen müssen zukünftig mit weniger Menschen, die Know-how haben, mehr abwickeln. Das geht nur, wenn sie in ihren Kernprozessen gut unterstützt werden. Und wir glauben, dass die meiste Software am Markt das nur sehr holprig leisten kann.
THIS: Wie meinen Sie das?
Dr. Thomas Reich: Wir sind noch in einer Phase, in der es viele Einzellösungen gibt, sodass Unternehmen aktuell mit einem ganzen Blumenstrauß von Einzellösungen beworfen werden. Jede dieser Lösungen verspricht, dass mit ihrem Einsatz alles besser wird. Für das einzelne Segment mag das gelten. Wir sehen jedoch immer wieder, wie schwierig es für Unternehmen ist, all diese einzelnen Lösungen so zu verwenden, dass sie nicht nur zusammenspielen, sondern auch eine Durchgängigkeit ihrer Daten gesichert ist.
THIS: Da gibt es doch viele Anbieter, die das für sich in Anspruch nehmen.
Dr. Thomas Reich: Schon richtig. Aber jeder Player hat unterschiedliche Lösungen. Wichtig ist, dass diese Lösungen zusammenspielen und die Unternehmen transparent immer alle Daten bei der Hand haben. Wenn Sie für jede Anwendung, für jede Situation eine coole App verwenden, dann müssen diese Dinge im Hintergrund auch zusammenspielen. Denn gerade beim heutigen unglaublichen Preis- und Kostendruck und bei der schwierigen Wettbewerbslage sollte ein Bauunternehmen beispielsweise wissen, wie profitabel jede Baustelle ist oder welche Risiken sie birgt.
THIS: Gibt es nicht für all das bereits Lösungen am Markt?
Dr. Thomas Reich: Ja, durchaus. Für die Unternehmen ist es jedoch manchmal sehr mühsam, sich da einen Überblick zu verschaffen. Sehr viele Lösungen kommen noch aus einer sehr alten Welt. Die Apps, die wir auch privat verwenden, sind in der Regel Cloud-Lösungen. Das wird auch die Zukunft für jede Bau-Software sein.
THIS: Bei dem Einstieg nehme ich mal an, dass BRZ darauf vorbereitet ist?
Dr. Thomas Reich: Aber ja. Mit der Plattform BRZ 365 und den darin verfügbaren kaufmännischen und bautechnischen Anwendungen, wie zum Beispiel Baukalkulation, Mengenermittlung und Fakturierung, entwickeln wir Lösungen, mit denen wir Kernprozesse in die Cloud bringen. Das bietet viele Vorteile. Darüber hinaus stellen wir neue Technologien zur Verfügung, die etwa Künstliche Intelligenz integrieren – das wird bestehende Arbeitsabläufe deutlich vereinfachen und in Teilen sogar revolutionieren.
THIS: Können Sie das näher erläutern?
Dr. Thomas Reich: Wir entwickeln gemeinsam mit Kunden Lösungen, die mit Unterstützung durch KI-Systeme Arbeitsabläufe vereinfachen. Die Kunden nehmen das sofort an. Sie haben diese hohe Bereitschaft, Lösungen zu verwenden. Aber nur dort, wo sie einen klaren Nutzen bringen und auch vernünftig und leicht implementierbar sind und die Daten des Unternehmens in einer integrierten, durchgängigen Form behandelt werden.
THIS: Die Bauunternehmen, die mit der Digitalisierung früh dran waren, haben nun diesen Software-Mix, von dem Sie sprachen. Wie kommen die da glatt heraus?
Dr. Thomas Reich: Jedes Unternehmen wird in Zukunft eine Lösung für Kernprozesse brauchen, in dem Kerndaten enthalten sind. Sie müssen diese Kerndaten und die Ist-Daten, die schlussendlich in Ihren Ist-Systemen laufen, vergleichen können. Das sind Grundanforderungen, vor denen jedes einzelne Bauunternehmen steht – unabhängig von seiner Größe.
THIS: Was bedeutet das für die Bauunternehmen?
Dr. Thomas Reich: Es bedeutet, dass man um verschiedene Lösungen nicht herumkommt. Aber wichtig ist, dass man eine Lösung für Kernprozesse hat, an die die anderen Lösungen angebunden sind. Sonst müsste man zwischen Systemen wechseln und dauernd wieder Daten aus dem einen System herausnehmen und sie ins andere System eingeben; das ist zeitaufwendig und grundsätzlich fehleranfällig.
THIS: Ist denn das Thema „Schnittstellen“ weit genug gelöst?
Dr. Thomas Reich: Nur in modernen Cloudlösungen haben Sie die Chance, über Standardschnittstellen und Standardanbindungen solche Lösungen vernünftig zu verbinden. Was ich sehr spannend finde: Es geht den Bauunternehmen inzwischen nicht nur um Cloudlösungen, sondern auch schon sehr um KI-Lösungen. Sehr viele haben schon einmal mit dem KI-Chatbot ChatGPT gearbeitet und waren ganz erstaunt, wie gut das funktioniert. Und KI-Lösungen dieser Art, die viele in der Regel bisher nur im Privatbereich testen, gilt es jetzt auch für die Bauunternehmen verfügbar zu machen.
THIS: In welcher Form?
Dr. Thomas Reich: Wir wollen die Arbeitsschritte der Kunden vereinfachen. Eine Anwendung, die wir gebaut haben, analysiert bereits bestehende Kalkulationen und fügt die Ergebnisse direkt in die neue Kalkulation ein; das ist ein riesiger Mehrwert für den Kunden. Das Kalkulierungs-Know-how bleibt erhalten, aber die mühevolle Arbeit, Einzelpositionen herauszusuchen und jedes Mal neu in ein neues Leistungsverzeichnis einzugeben, entfällt.
THIS: Lassen sich also auf Knopfdruck Angebote und Ausschreibungen kalkulieren, um etwa zu sehen, ob ein kaufmännisch interessantes Projekt das Mitbieten lohnt?
Dr. Thomas Reich: Es geht sogar noch weiter. Stellen Sie sich vor: Sie bekommen ein neues Leistungsverzeichnis und verwenden dann einfach bestehende Leistungsverzeichnisse aus früheren Projekten, die Sie schon ausgefüllt haben, als Quelle. Das System sucht sich aus den bestehenden Leistungsverzeichnissen die einzelnen Positionen heraus und vergleicht, ob diese mit den neuen Positionen ähnlich sind. Die müssen nicht gleich heißen, sondern können auch unterschiedliche textliche Beschreibungen haben. Hier kommt die Künstliche Intelligenz ins Spiel, die den semantischen Inhalt dieser Beschreibungen vergleicht und fragt, ob es da übereinstimmende Konditionen gibt in den Leistungsverzeichnissen, die Sie schon befüllt haben. Damit wird das neue Leistungsverzeichnis automatisch befüllt und Sie bekommen schon mal einen ersten Entwurf.
Sie können immer noch sagen, dass Sie Positionen ändern wollen, oder Sie sehen Positionen, wo vielleicht die Erkennung nicht so gut war oder wo es auch einfach nicht passt. Aber Sie sehen zum Beispiel sehr schnell, in welcher Größenordnung das neue Projekt liegt, ob Sie gerade die nötigen Kapazitäten freihaben, usw. …
THIS: Wenn man als Bauunternehmen die Digitalisierung ernsthaft angehen möchte – wie sehen da die ersten Schritte aus?
Dr. Thomas Reich: Zuerst sollte das Unternehmen definieren, wo der primäre Bedarf liegt, etwa im Bereich „Kalkulation“. Dann sollte man schauen, dass man mit einem Software-Anbieter ins Gespräch kommt …
THIS: Gerne auch mit Ihnen?
Dr. Thomas Reich: Sehr gerne auch mit uns. Dann schauen wir gemeinsam, wie wir das Thema Kalkulation – natürlich individuell an die Anforderungen und Bedürfnisse des Unternehmens angepasst – einführen können. In anderen Unternehmen gibt es vielleicht Herausforderungen im Zusammenspiel von Buchhaltung und Einkauf oder beim Dokumentenmanagementsystem – dann sollten wir natürlich dort beginnen. Es wird auch Unternehmen geben, die ihre Buchhaltung eigentlich gar nicht selbst machen, aber auf die Datentransparenz nicht verzichten wollen. Dann können wir für sie die gesamte Buchhaltung übernehmen und dabei die Datentransparenz ermöglichen.
THIS: Jedes Unternehmen hat also seine eigenen Herausforderungen …
Dr. Thomas Reich: Ja, und entsprechend unterschiedlich können die ersten Schritte ausfallen. Aber am Anfang sollten die Analyse und das Gespräch stehen. Unser Ziel ist es, dass irgendwann das Unternehmen alle bautechnischen Prozesse und alle Unternehmensprozesse aus einer Hand hat, damit wir die wichtige Durchgängigkeit der Daten sicherstellen können.
Es gibt viele Anbieter, wir sind gewiss nicht die einzigen. Doch wenn man nur die Software hat, hat man eigentlich noch gar nichts. Man braucht jemanden, der die Beratung liefert, der die Software auch implementieren und an die individuellen Anforderungen des Unternehmens anpassen kann, wo auch nach der Installation kompetente Ansprechpartner erreichbar sind.
THIS: Vielen Dank für das interessante Gespräch. Eine letzte Frage zum Abschluss: Wer wird Ihrer Einschätzung nach bei der Siegerehrung des Deutschen Baupreises auf dem Treppchen stehen?
Dr. Thomas Reich: Da traue ich mir kein Urteil zu. Es gibt so viele leistungsfähige Top-Unternehmen, die das Zeug dazu hätten – da bin ich wirklich selbst sehr gespannt.