„Wir wollen Hilfestellung bieten“
Schwammstadt – Auswirkungen des Klimawandels mildernGespräch mit Matthias Funke und Rudolf Töws, Leitung Technik, und Frank Horstmann, Fachberater Regenwasserbewirtschaftung bei Funke Kunststoffe GmbH, über die Herausforderungen von Städten und Kommunen durch den Klimawandel
THIS: Sind nach Ihrer Einschätzung Städte und Kommunen auf die Herausforderungen durch den Klimawandel vergleichbar gut vorbereitet?
© Funke-Gruppe
Matthias Funke: Da sind die Herausforderungen schon unterschiedlich. Kleinere Städte in einer eher ländlichen Umgebung haben weniger Sorgen als große Städte wie Berlin, Hamburg, München oder Köln, wo wirklich viel Fläche versiegelt ist.
Rudolf Töws: Darüber hinaus gibt es von Bundesland zu Bundesland, aber auch von Stadt zu Stadt andere Vorstellungen, andere Vorgaben. Einige Städte stellen inzwischen Leute ein, die nur für die Klimaanpassung zuständig sind, und die in jedes neue Bauvorhaben mit einbezogen werden. Die machen Vorschläge, wie man dem Thema Schwammstadt am besten näherkommt. Es gibt aber auch Regionen und Kommunen, wo noch gar nichts gemacht wird. Es ist gesetzlich noch nicht vorgeschrieben bzw. klar geregelt.
THIS: Es sind wie immer die Menschen, die den Unterschied machen.
Rudolf Töws: Noch sehr viel läuft auf freiwilliger Basis. Und wenn man in einer Stadt, in einer Kommune keinen Visionär hat, dann passiert auch nicht viel.
Matthias Funke: Es gibt vorbildliche große Städte, auch hier im Ruhrgebiet. Da wird beispielsweise eine vierspurige Straße zurückgebaut, um in der Mitte einen Streifen anzulegen, in dem Bäume gepflanzt werden. Da wurde ein ehemaliger Sportplatz zurückgebaut, nun wird dort über ein Mulden-Rigolen-System Regenwasser gespeichert, das man verdunsten lässt. Dort wird das Wasser in Rigolen gespeichert, in Mulden behandelt. Es wird dann ab- bzw. in Quartiere geleitet, wo man es vielleicht nutzen kann. Auf solche Projekte sollte man hinweisen. Es gibt Expertennetzwerke, wo man sich zu solchen Themen und Projekten austauscht. Daran lehnen sich dann auch verschiedenste Städte an.
THIS: Spricht etwas dagegen, diese vorbildliche Stadt zu benennen?
Matthias Funke: Keinesfalls. Es ist Bochum. Die haben auch schon Filme produziert, um auf das Thema Schwammstadt hinzuweisen – wirklich vorbildlich.
THIS: Ist es möglich, solche Konzepte flächendeckend in die vorhandenen Strukturen zu integrieren?
Mit dem Rundum-sorglos-Paket für die Bewässerung und die Belüftung von Bäumen lassen sich Baumstandorte optimal gestalten. Sowohl hinsichtlich der Versorgung mit Wasser, Luft und Nährstoffen, als auch mit Blick auf einen sicheren und gut durchdringbaren Wurzelbereich.
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Das Niederschlagswasser wird über einen Reinigungsschacht DN/OD 315 in einen unterirdischen Rigolenkörper geleitet, der zwischen Schacht und dem Baumstandort angeordnet ist. Er besteht aus D-Raintank 3000-Elementen und ist mit Geotextil ummantelt.
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Rudolf Töws: Auf der einen Seite ist das für Städte ein Wohlstands- bzw. Wohlfühlthema, wenn in heißen Sommertagen die Luft durch Verdunstung etwa durch große Bäume oder Fassadenbegrünung an den Hochbauten ein wenig gekühlt werden kann. Aber daheim stellen wir uns auch nicht die großen Bäume in den Garten oder begrünen die Fassade, weil das eben Arbeit macht und Dreck erzeugt, wenn das Laub fällt.
Frank Horstmann: Aber Bäume sind Multitalente. Die können alles: die können Wasser aufnehmen, es speichern, es verdunsten. Und wenn wir nicht umdenken und nicht in Kauf nehmen, dass wir vielleicht ein- oder zweimal im Jahr dort saubermachen müssen, dann kommen wir nicht weiter.
Matthias Funke: Dort, wo neu gebaut wird, hat man natürlich einen ganz anderen Handlungsspielraum. Aber wenn man dann mal durch die großen Städte fährt und sieht, wie viele Altbauten saniert werden, könnte man das Thema auch dort in Angriff nehmen. Da will man die Wärmedämmung auf den höchsten Standard aufrüsten, aber alles andere – ob Dachbegrünung, Fassadenbegrünung oder Wasserrückgewinnung, bleibt außen vor.
THIS: Gibt es da noch keine gesetzlichen Vorgaben oder Regelungen?
Rudolf Töws: Es gibt ein neues Merkblatt, DWA-M 102-4, von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfälle e.V., der DWA. Das schreibt bei Neubau oder Sanierung vor, die Wasserhaushaltsbilanz anhand der drei Größen Ableitung, Versickerung und Verdunstung wieder so herzustellen, dass diese dem Referenzzustand möglichst nahe kommt.
Funke bietet ein breites Produktportfolio für die Regenwasserbewirtschaftung auf Parkflächen.
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Matthias Funke: Bei Einkaufszentren und Einkaufsmärkten wird etwa vorausgesetzt, dass man eine Dachbegrünung umsetzt, dass man Photovoltaik betreibt, dass das Wasser wirklich auf dem Grundstück bleibt, beispielsweise über Mulden-Rigolen-Systeme versickert wird. Da spielt die Kombination von Bäumen und Rigolen eine Rolle. Ein gepflanzter Baum verdunstet viel mehr als vorher der Rasen. Also kann man durch ausreichende Baumbepflanzung einen Anteil der Fläche asphaltieren, und trotzdem würde man die Verdunstungsbilanz nicht verschlechtern.
THIS: Die Fachplaner werden Lösungen dafür finden, aber wie sieht es in den Kommunen aus? Die Gespräche, die ich geführt habe, sind häufig eher von gutem Willen als von Know-how geprägt.
Frank Horstmann: Die Vorkenntnisse sind ganz unterschiedlich. In meinen Beratungen habe ich mit unterschiedlichen Abteilungen zu tun. Das kann beispielsweise das Tiefbauamt, das Grünflächenamt, oder aber auch das Umweltamt sein. Unterstützt werden diese durch Ingenieurbüros für Tiefbau oder TGA technische Gebäudeausrüstung, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner. Dabei gilt es die unterschiedlichen Kenntnisstände zu bündeln um zukunftsfähige Lösungskonzepte zu entwickeln. Aufgrund unterschiedlicher Interessenslage ist es selbstverständlich nicht immer einfach, jedoch sehen wir da deutliche Fortschritte.
THIS: Wie löst man diesen Knoten auf?
Frank Horstmann: Das Einfachste ist immer, solche Projekte an einem großen Tisch zu besprechen. Jeder hat eigene Befindlichkeiten und man muss gemeinsam gucken, wie man solche Projekte für alle Beteiligten zufriedenstellend umsetzen kann.
Rudolf Töws: Das Spannende an der Sache ist, dass es keine Pauschallösungen gibt – kein Projekt ist wie das andere, jedes Mal sind andere Ideen und andere Ansätze gefragt. Das ist die Herausforderung für den Planer, aber auch für uns. Das macht den Job spannend.
THIS: Das klingt nach viel Bedarf an Beratungsleistung …
Frank Horstmann: Wir wollen mithelfen, Ideen, Konzepte und Lösungen zu entwickeln. Wir können am Ende zwar Produkte liefern, aber am Anfang steht eigentlich die Idee, das Ziel, was wir überhaupt schaffen wollen. Da wollen wir auch für die Fachplaner Hilfestellung bieten, diese Idee zu Ende zu entwickeln. Das fertige Konzept in Produkte umzusetzen und diese zu liefern, ist dann eher der einfache Teil.
THIS: Bei der Entwicklung einer Lösung treffen oft unterschiedliche Sichtweisen aufeinander, etwa Architekten und Fachplaner, Kunst und Praxis. Gibt das nicht gelegentlich Konflikte?
Matthias Funke: Ein wichtiger Punkt, den Sie da ansprechen. Den Architekten wird in Zukunft noch viel mehr Bedeutung zukommen, denn sie stehen am Anfang der Planung. Und wenn in dem Entwurf schon keine Grüninsel ist, dann kommt die später auch nicht mehr rein. Deswegen müssen wir die Architekten noch viel stärker einbeziehen.
Rudolf Töws: Wenn wir Seminare veranstalten, haben wir bei ca. 300 Teilnehmern vielleicht 20-30 Architekten, obwohl viele Architekten eingeladen werden. Das zeigt uns, dass Architekten eventuell noch nicht so richtig in das Thema involviert sind. Aber die brauchen wir, eigentlich genauso dringend wie die Fachplaner.