Sich positiv im Markt positionieren

Kommunikationspolitik in der Bauwirtschaft

Das klassische Baugeschäft mit seinen oftmals technologisch anspruchsvollen und komplexen Projekten wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur dem Investitionsgütersektor zugeordnet. Dies führt zu unterschiedlichen Konsequenzen, eine wesentliche dieser ist, dass die Bedeutung der Kommunikationspolitik von Bauunternehmen grundsätzlich als sehr gering für das wirtschaftlich erfolgreiche Agieren dieser Anbieter gewertet wird. Demzufolge ist die Anzahl verfügbarer Publikationen zu diesem Themenkomplex äußerst überschaubar.

Zutreffend ist, dass sich das Instrumentenset der Kommunikationspolitik von Investitionsgüterherstellern im Vergleich zu Konsumgüterherstellern zwar nicht grundsätzlich unterscheidet, die Unterschiedlichkeit ist häufig vielmehr im Bereich der Nutzungs- und Anwendungsintensität angesiedelt. Während die Werbung im Konsumgüterbereich in der Regel das Hauptinstrument darstellt, um den Absatz zu stimulieren, ist die Situation bei dem Gros der Investitionsgüterunternehmen völlig unterschiedlich. Werbung wirkt sich, wenn überhaupt, nur in sehr eingeschränktem Maß auf den Absatz aus, da die Nachfrage nach Investitionsgütern abgeleitet ist. Abgeleitet bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sie sich von den organisationalen Zielen ableitet. Konkret ausgedrückt: entweder das Unternehmen hat einen Investitionsbedarf und hat diesen in seiner Investitionsplanung berücksichtigt, oder es existiert kein Investitionsbedarf, dann würde vermutlich auch die professionellste Werbung keine Nachfrage auslösen. Die Fokussierung auf die kaufentscheidungsrelevante Betrachtungsperspektive verstellt den Blick auf die weiteren Ziele und Notwendigkeiten einer etablierten Kommunikationspolitik, wie die Medienberichterstattung über die Baubranche der letzten Monate deutlich gezeigt hat. Einer Blitzumfrage bei Deutschlands führenden Baukonzernen zufolge existieren die folgenden Anspruchs- oder Zielgruppen, die kommunikationspolitisch erreicht werden müssen:

• Investoren oder potenzielle Investoren

• Nachunternehmer

• Kunden und potenzielle Kunden

• Relevante Öffentlichkeit

• Potenzielle Auszubildende/Hochschulabsolventen/Bewerber

• Hochschulen/Universitäten/Forschungseinrichtungen

• Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

Die Kommunikationsinstrumente, die in der Bauwirtschaft Anwendung finden, werden im Folgenden (siehe auch Abb. 1) skizziert.

 

Werbung in Printmedien

Im Gegensatz zu den Konsumgüterherstellern investieren die klassischen Bauunternehmen mit ihren Bausparten aus bereits erläuterten Gründen nur einen relativ geringen Anteil ihrer Mittel in Werbung. Dennoch nutzen innovative Unternehmen die Möglichkeiten die Werbung bietet, auch weil sie davon ausgehen, dass die Werbekampagnen sich entsprechend ihrer Zielsetzung (z.B. Bekanntheitsgrad erhöhen oder Image verbessern) positiv auf ihre Geschäftsaktivitäten auswirken. Hier auszugsweise einige Beispiele: Der Baukonzern Hochtief AG schaltete 1999 eine Kampagne mit dem Slogan „Wir übernehmen das für Sie“, die das Ziel verfolgte, das Unternehmen Hochtief zu einer Dachmarke mit hohem Wiedererkennungswert aufzubauen. Das Bielefelder Unternehmen Goldbeck GmbH ist seit Jahren regelmäßig in führenden Printmedien präsent; auch die Leonhard Weiss GmbH & Co.KG  setzt u.a. auf Printmedien, um öffentlichkeitswirksam auf ihre Gleisbaukompetenz hinzuweisen. 

 

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (PR) der Bauunternehmen ist, wenn überhaupt, nur relativ geringfügig durch branchenspezifische Besonderheiten geprägt. Allerdings ist es bei größeren und bedeutsameren Projektakquisitionen üblich, dass diese akquirierten Aufträge einer breiten Öffentlichkeit durch die Unternehmen zugänglich gemacht werden. Beispiele aus jüngster Zeit zeigen zudem, dass es besonders sinnvoll ist, die PR in ein effektives Krisenmanagement ausreichend einzubinden. In Zeiten insgesamt steigender Bedeutung von Kommunikation erwarten die unterschiedlichen Anspruchsgruppen, dass die Unternehmen zeitnah glaubwürdige Informationen zur Verfügung stellen; insofern hat die PR der führenden Bauunternehmen eine deutliche Professionalisierung erfahren.

 

Bautafeln und Bauzaunwerbung

Bautafeln sind eine Besonderheit der Bauindustrie. An vielen Baustellen werden sie angebracht, um der Umwelt transparent anzuzeigen, wer dieses Bauprojekt realisiert. In der Regel sind es genormte Schilder, die das Unternehmenslogo, häufig Kombinationen aus Wort- und Bildlogo, abbilden. Eine gut aufgebaute und gut sichtbare Absperrung der Baustellen durch entsprechend qualitativ hochwertige Bauzäune in Verbindung mit einer qualitativ guten Ausschilderung durch Bautafeln vermittelt unausgesprochen verschiedene positive Botschaften: Zunächst entsteht bei dem Betrachter der Eindruck, dass das verantwortliche Bauunternehmen gut und professionell organisiert ist. Diese positiv besetzen Assoziationen werden in vielen Fällen, häufig unbewusst, auf weitere Felder wie Kompetenz und Zuverlässigkeit des Bauunternehmens übertragen. Eine weitere positive Botschaft kann sich einem Betrachter durch ein mehrfaches Beobachten dieser Bautafeln an verschiedenen Örtlichkeiten bei unterschiedlichen Bauprojekten erschließen: Das Unternehmen ist erfolgreich, ansonsten würde es nicht „überall“ seine Bauaktivitäten entfalten können.  

Bautafeln wirken allerdings auch nach Innen. Die meisten Mitarbeiter in Deutschland identifizieren sich grundsätzlich mit ihrem Unternehmen. Wenn diese Mitarbeiter, die nicht auf einem spezifischen Bauprojekt eingesetzt sind und die die Bautafeln „ihres“ Unternehmens an anderen Orten erblicken, sind sie häufig Stolz, dass „ihr“ Unternehmen auch an jenem Ort tätig ist oder dass „ihr“ Unternehmen bei jenem bedeutsamen Projekt eingebunden ist. Bautafeln nehmen demnach eine wichtige Funktion nach Innen und nach Außen wahr, die weit über eine Informationsfunktion hinausgehen.

 

Beschriftung des Fuhrparks und der Baumaschinen

Die Kennzeichnung der Fahrzeuge und Maschinen durch das Unternehmenslogo bzw. durch den Unternehmensnamen wird von vielen Unternehmen unterschiedlicher Branchen angewandt. Grundsätzlich wird dadurch ein höherer Bekanntheitsgrad erreicht; gleichzeitig kann dieses Instrument einen Beitrag zum Markenaufbau bzw. -ausbau leisten. Den positiven Wirkungseffekten stehen potenziell auch entsprechende Risiken gegenüber: Ein stark verschmutztes Fahrzeug eines renommierten Investitionsgüterherstellers führt tendenziell eher zu negativen Assoziationen, ebenso wie beispielsweise eine unangemessene und aggressive Fahrweise. Die Fahrzeuge werden demnach in der Öffentlichkeit als „Botschafter“ ihres Unternehmens wahrgenommen, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Baukräne sind technisch und auch kommunikationspolitisch eine bauspezifische Besonderheit. Kommunikationspolitisch eignen sich Baukräne durch ihre Symbolkraft besonders, da sie unterschiedliche positive Botschaftsinhalte gleichzeitig repräsentieren können, häufig werden sie z.B. in den Medien bei Konjunkturentwicklungsaspekten als Bild oder als kurze Filmsequenz eingeblendet. Baukräne symbolisieren u.a. Entwicklung bzw. Weiterentwicklung, Innovation, Dynamik, wirtschaftliche Prosperität, Bewegung und Neues. Die Bauunternehmen versuchen durch eine entsprechende Kennzeichnung ihrer Baukräne die positiven Grundassoziationen zu nutzen, um diese auf das eigene Unternehmen zu übertragen. Auf größeren Baustellen wirken viele gebrandete Kräne eines Unternehmens besonders eindrucksvoll, da die Massierung der Kräne die Symbolwirkung verstärkt.

 

Messen und Ausstellungen

Messen und Ausstellungen werden ebenfalls von den Bauunternehmen genutzt, wobei die Motive relativ unterschiedlich ausfallen können: Teilweise nehmen die Unternehmen an Ausstellungen oder Messen, wie der Expo Real in München, teil, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern oder um ihr Image zu verbessern. Einige der führenden deutschen Baukonzerne beabsichtigen durch ihre Präsenz auf derartigen Veranstaltungen, dadurch aktive Kundenpflege zu betreiben und ihr Leistungsportfolio aktiv in den Markt zu kommunizieren. Darüber hinaus ermöglichen Messen und Ausstellungen nicht nur einen Leistungs- und Marktüberblick für die Besucher, sondern auch für die Aussteller.

Gerade auch die zahlreichen informellen Gespräche und Kontakte des Ausstellungspersonals untereinander bieten viele Möglichkeiten, sich über neue Entwicklungen in der Baubranche zu informieren. Einige Unternehmen äußerten in einer Befragung gegenüber dem Autor, dass sie ganz bewusst an einigen Messen und Ausstellungen teilnehmen, um sich so über die vielen aktuellen Wettbewerbsentwicklungen auszutauschen.

 

Sponsoring

Das Instrument des Sponsorings wird von zahlreichen Unternehmen der Baubranche genutzt, obwohl dies in der breiten Öffentlichkeit wenig wahrgenommen wird. Die Bereiche, die die großen Bauunternehmen überwiegend sponsern, sind soziale Einrichtungen sowie kulturelle und sportliche Veranstaltungen. Die deutliche Mehrheit der Unternehmen führt Sponsoringaktivitäten durch, um ihr Image zu verbessern. Häufig haben die gesponserten Einrichtungen einen regionalen Bezug zum Sitz des Unternehmens; so wurde ein Teil der Veranstaltungen der Stadt Essen zur europäischen Kulturhauptstadt vom dort ansässigen Unternehmen Hochtief AG gesponsert. In anderen Fällen

 

Kommunikation via Internet

Das Internet wird heute ausnahmslos von jedem größeren Bauunternehmen als Kommunikationsplattform in Deutschland genutzt; die meisten Unternehmen präsentieren sich im weltweit erreichbaren Netz (world wide web) auf ihrer Homepage. Ein Blick auf verschiedene Homepages der Bauwirtschaft zeigt, dass dieses Medium in unterschiedlicher Akzentuierung genutzt wird.

Die überwiegende Anzahl der Bauunternehmen nutzt das Internet für die folgenden kommunikationspolitischen Zwecke: Image verbessern bzw. den Bekanntheitsgrad erhöhen, zur Unterstützung personalpolitischer Aktivitäten. Die deutliche Zunahme unterschiedlicher Formate und Foren (wie z.B. Youtube) lässt erkennen, dass die Internetpräsenz sich in der Zukunft nicht nur auf eine ansprechende Homepage beschränken kann, je nachdem, welche Zielgruppe mit welcher Motivation empfängeradäquat erreicht werden soll.

 

Fazit

Die Kommunikationspolitik von Bauunternehmen bedient sich teilweise branchenspezifischer (Kranwerbung) und teilweise eher allgemeinmarketingtypischer Instrumente. Für einige Unternehmen der Baubranche war weniger die Etablierung eines effektiven Instrumentensets (Umsetzungsdimension) das Hauptproblem, sondern vielmehr das Erkennen der Notwendigkeit bzw. der Sinnhaftigkeit, sich auch auf diesem Parkett konsequent qualitativ weiterzuentwickeln. Viele der renommierten Baukonzerne brauchen den Vergleich zu erfolgreichen Konsumgüterherstellern im Hinblick auf die Qualität ihrer Kommunikationsarbeit nicht zu scheuen, bei anderen hingegen ist die historisch bedingte kommunikationspolitische Zurückhaltung noch deutlich zu erkennen, wobei sich nicht notwendigerweise ein Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Professionalität nachweisen lässt.

Auch wenn der Nutzen kommunikationspolitischer Maßnahmen gelegentlich auch von prominenter Seite hinterfragt wird und eine vollumfängliche Quantifizierbarkeit des Wertbeitrags nur schwer möglich ist, erscheint eine positive Positionierung eines Unternehmens in der Öffentlichkeit ohne eine geeignete Kommunikationspolitik kaum möglich.

Ziele und Notwendigkeiten einer etablierten Kommunikationspolitik

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