Umdenken ist angesagt!

Wann hat der Unternehmer Mehrvergütungsansprüche bei Vergabeverzögerungen und Bindefristverlängerungen?

Der Bundesgerichtshof hat zu diesem Thema jüngst – am 10.09.2009 – drei (!) Entscheidungen getroffen, die allesamt für die vergabe- und vor allem auch für die vertragsrechtliche Praxis (insbesondere im Verhandlungsverfahren nach VOB/A, vor allem aber bei Verträgen außerhalb der VOB/A) von erheblicher rechtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung sind und die die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfestigen bzw. konkretisieren.

Gerade die grundsätzlichen Erwägungen des BGH zu der Frage, welche Vertragspartei geschützt werden müsse, lassen erahnen, dass es wieder einmal die Unternehmer getroffen hat. Die hier besprochenen Urteile haben bei öffentlichen Ausschreibungen erhebliche Bedeutung und müssen deshalb auch zwangsläufig zu einem allseitigen Umdenken in der vertragsrechtlichen Praxis außerhalb der Verfahren nach VOB/A führen.

 

Frage 1: Was gilt, wenn die Ausführungszeit selbst unverändert bleibt?

In einem ersten Urteil vom 10.09.2009 – VII ZR 82/08 (BGH IBR 2009, 626) – ging es in einem Vergabeverfahren nach VOB/A darum, ob dem Unternehmer ein Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Nr. 5 VOB/B – der zentralen Nachtragsbestimmung im Baubereich – dann zustehen kann, wenn der Zuschlag nach und aufgrund einer Verlängerung der Bindefrist später erteilt wird als in der Ausschreibung eigentlich vorgesehen war, im Ergebnis jedoch die eigentlichen Ausführungsfristen für die Bauausführung unverändert bleiben und auch nicht verschoben werden müssen.

In Fortführung der ebenfalls noch sehr aktuellen und vielfach kritisierten Rechtsprechung des BGH vom 11.05.2009 – VII ZR 11/08 (BauR 2009, 1131) – hat der BGH mit dem neuen Urteil vom 10. September 2009 bestätigt, dass ein Mehrvergütungsanspruch nicht allein aus einer aus einer späteren Zuschlagserteilung resultierenden Änderung der Kalkulationsgrundlagen abgeleitet werden kann.

Die Kalkulationsgrundlagen sind und werden danach grundsätzlich keine Geschäftsgrundlage des später geschlossenen Vertrages, man könnte es auch durchaus salopp formulieren „und damit basta“.


Frage 2: Um was ging es konkret?

Die Klägerin betreibt eine Sanierung und Rekultivierung ehemaliger Braunkohletagebauflächen. Die Beklagte ist der bergrechtlich verantwortliche Projektträger für den Sanierungsbergbau. Die Parteien streiten um Restwerklohn. Die Maßnahme wurde im Juli 2000 ausgeschrieben. Als Ausführungszeitraum war der 01.01.2001 bis 31.12.2002 vorgegeben, als Bindefrist für die Angebote und Zuschlagstermin war der 31.10.2000 vorgesehen. Die Klägerin gab am 26.09.2000 das günstigste Angebot ab. Wegen der von der Klägerin darin enthaltenen Stromkosten führte die Beklagte mit der Klägerin und zwei weiteren Bietern im Oktober 2000 Aufklärungsgespräche.

Die Klägerin hatte für den Bezug elektrischer Energie ein günstiges Angebot von einem Lieferanten erhalten, dessen Annahme bis zum Ablauf der ursprünglich vorgesehenen Bindefrist am 31.10.2000 erfolgen konnte.

Am 17.10.2000 leitete ein Mitbewerber ein Vergabenachprüfungsverfahren nach §§ 102 ff. GWB ein. Die Beklagte bat die Klägerin deshalb mit Schreiben vom 19.10.2000 um Verlängerung der Bindefrist. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 23.10.2000 zunächst erklärt hatte, sie stimme der Verlängerung nicht vorbehaltlos zu, erklärte sie sich schließlich mit Schreiben vom 26.10.2000 mit einer Bindefristverlängerung bis 30.11.2000 einverstanden, behielt sich jedoch allgemein Schadensersatzansprüche aus etwaigen Vermögensnachteilen im Hinblick auf den vom Energielieferanten angebotenen Strompreis und eine aus einem verspäteten Zuschlag resultierende etwaige Nichtverlängerung der Lieferantenbindung vor.

Am 21.12.2000 erhielt die Klägerin den Zuschlag auf ihr Angebot vom 26.09.2000 zu einer Auftragssumme von 32 Mio. DM. Die Klägerin macht eine Mehrvergütung in Höhe von 1,8 Mio. EUR wegen Mehrkosten beim Strombezug geltend, die wegen der Verzögerung des Zuschlags durch das Nachprüfungsverfahren eines anderen Bieters eingetreten seien, nachdem der Stromlieferant sich nur noch bis 30.11.2000 an sein günstigstes Angebot habe binden lassen können.

Frage 3: Gibt es eine Mehrvergütung, wenn sich die Vergabeentscheidung und Zuschlagserteilung verzögert?

Der BGH hat in seiner Grundsatzentscheidung festgestellt, dass es bei einer nur verzögerten Vergabe keine Mehrvergütung gibt, wenn dies ohne Auswirkung auf die vertraglich vereinbarte Ausführungsfrist geblieben ist. Die Klägerin hatte die Angebotsbindung jeweils trotz ihres Hinweises auf etwaige Schadensersatzansprüche im Ergebnis vorbehaltlos verlängert. Der Bauvertrag sei nä,lichzu den angebotenen Preisen und vor allem ohne Veränderung des Leistungsinhalts zustande gekommen war. Trotz der Bindefristverlängerung habe keine Verschiebung der Ausführungsfristen stattgefunden.

 

Frage 4: Ist ein Vorbehalt bei Zustimmung mit einer Bindefristverlängerung beachtlich?

Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont der Auftraggeberin konnte das (ohne ausdrückliche Ergänzungen oder Änderungen) ursprünglich abgegebene Angebot des Unternehmers nur so verstanden werden, dass er die Bedingungen der Ausschreibung akzeptierte und es durch die Zustimmung mit der Verlängerung der Bindefrist – wie es der BGH plastisch ausdrückt „inhaltlich konservierte“. Dass sich der Unternehmer Schadensersatzansprüche vorbehalten und dabei erklärt habe, er wolle keine Nachteile aus der verzögerten Vergabe haben, ist insoweit vertragsrechtlich ohne Belang. Denn mit dieser Erklärung hat der Unternehmer die Vergabebedingungen nicht ändern wollen, sondern sich lediglich eventuelle Rechte aus dem nach den unveränderten Vergabebedingungen abzuschließenden Vertrag vorbehalten.

 

Frage 5: Muss der Vertrag bei Vergabeverzögerungen nicht ergänzend zu Gunsten des Unter­nehmers ausgelegt werden?

Nach Auffassung des BGH kommt eine Preisanpassung wegen erhöhter Stromkosten auch nicht auf der Grundlage einer ergänzenden Vertragsauslegung, wie noch im vorherigen Urteil des BGH vom 11.05.2009 entwickelt und festgestellt, in Betracht. Eine zu füllende Regelungslücke im Vertrag sei nicht gegeben gewesen. Ändern sich aber die Kalkulationsgrundlagen eines Bieters in Folge einer Verschiebung des Zuschlags, ohne dass es zu einer Änderung der Ausführungsfristen führt, kommt eine Preisanpassung nach diesen Grundsätzen nicht in Betracht.

Nur dann, wenn es durch die Verzögerung eines Vergabeverfahrens zu einer Änderung der im Vertrag festgelegten Leistungspflichten kommt oder die vereinbarten Ausführungsfristen aus tatsächlichen Gründen nicht eingehalten werden können, kann eine solche ergänzende Vertragsauslegung geboten sein und zu einem Mehrvergütungsanspruch des Unternehmers führen.


Frage 6: Wird der vorgesehene Termin der Zuschlagserteilung Vertragsbestandteil?

Der in der Ausschreibung vorgesehene Zeitpunkt des Zuschlags wird nicht Vertragsbestandteil. Vertragsbestandteil wird nur der dort vorgesehene Ausführungstermin (Beginn und Ende) bzw. die Ausführungszeit. Wenn der in der Ausschreibung vorgesehene Ausführungszeitraum unverändert bleibt, muss auch die vertragliche Bauzeit nicht angepasst werden. Eine Preisanpassung kommt dann auch nicht aus § 2 Nr. 5 VOB/B in Betracht: Diese Bestimmung greift nur dann ein, wenn Änderungen des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers zu einer Abänderung des geschlossenen Vertrages selbst führen und damit das Äquivalenzverhältnis des geschlossenen Vertrages stören bzw. gestört haben.

Der BGH wörtlich: „Es liegt auf der Hand, dass § 2 Nr. 5 VOB/B nicht den Fall regelt, dass der Auftraggeber eine Bindefristverlängerung erbittet. Denn in diesem Fall wird der Leistungsinhalt des Vertrages nicht berührt. Es ändert sich möglicherweise durch die Bindefristverlängerung des Bieters seine Kalkulationsgrundlagen. § 2 Nr. 5 VOB/B bietet keine Grundlage, deswegen eine Preisanpassung zu verlangen.“

 

Frage 7: Kommt bei Kalkulationsänderungen der Wegfall der Geschäftsgrundlage zur Anwendung?

Der BGH hat auch der Anwendung des Rechtsinstituts über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) eine Absage erteilt. „Schulmäßig“ hat er den Anspruch wie folgt abgelehnt: „Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut“.

Die Kalkulation eines Unternehmers wird grundsätzlich nicht Geschäftsgrundlage, selbst wenn sie dem Besteller mit dem Auftraggeber offengelegt wird (BGH NJW 2002, 2312).Die auf dem ursprünglich preiswerten Angebot des Stromlieferanten des Klägers beruhende Kalkulation war deshalb nicht Geschäftsgrundlage geworden, weil der Geschäftswille der Auftraggeberin erkennbar nicht darauf aufbaute. Es ist Sache des Unternehmers, wie er den Preis eines Bauvertrages kalkuliert. Er trägt allein das Risiko einer auskömmlichen Kalkulation (BGH BauR 1987, 683).

 

Frage 8: Was gilt bei Vergabeverfahren nach VOB/A?

Dies gilt auch bei den und trotz der Besonderheiten eines Vergabeverfahrens nach VOB/A. Zwar muss der Bieter Verlängerungen der Bindefrist nicht einkalkulieren und kann sein Angebot allein unter Berücksichtigung der vorgesehenen Binde- und Zuschlagsfrist kalkulieren. Eine solche Kalkulation ist zunächst nicht riskant. Sie schafft relative Preissicherheit, zumal etwaige Preisrisiken durch die Einholung von Angeboten der Lieferanten und Nachunternehmer minimiert werden können, wenn diese sich bis zum Ablauf der tatsächlichen Zuschlagsfrist an ihr Angebot gebunden halten. Der Bieter ist umgekehrt auch dazu nicht verpflichtet und es kann ihm bei einer Vergabe auch nicht Vorwurf gemacht werden, dass er Änderungen der Zuschlagstermine nicht einkalkuliert hat (BGH ZfBR 2008, 614).

 

Frage 9: was gilt bei Vergabeverfahren außerhalb der VOB/A?

Dabei ist zu beachten, dass in einem Vergabeverfahren, das nicht den Regelungen der VOB/A unterliegt, auf ein Ansinnen des Ausschreibenden, die Bindefrist zu verlängern, dem Bieter andere Möglichkeiten verbleiben als in einem Vergabeverfahren mit einer öffentlichen Ausschreibung. Er kann nämlich in diesem Verfahren die Verlängerung der Bindefrist ausdrücklich davon abhängig machen, dass seinem Verlangen auf Preisänderung zugestimmt wird. Auf diese Weise kann er auf die sich durch die Verlängerung der Bindefrist ergebenden Änderungen der Kalkulationsgrundlage reagieren.

Diese Möglichkeit hat der Bieter in einem durch öffentliche Ausschreibung eingeleiteten Vergabeverfahren nicht, da es ihm nicht gestattet ist, wegen durch die Verschiebung der Bindefrist veränderter Kalkulationsgrundlagen eine Änderung des angebotenen Preises zu verlangen (Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot, § 24 Nr. 3 VOB/A). Würde er nämlich mit der Bindefristverlängerung ein neues Angebot vorlegen, müsste dies gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1a VOB/A ausgeschlossen werden.

 

Frage 10. Was muss der Bieter tun?

Der Bieter kann also bei einem klassischen VOB/A – Verfahren einer Bindefristverlängerung nur zustimmen, wenn er das ursprüngliche Angebot aufrecht erhält. Ist er aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, das Angebot aufrecht zu erhalten, muss der Bieter die Bindefristverlängerung verweigern. Auch wenn dem Auftraggeber bekannt ist, dass der Bieter in diesem Fall nur die Wahl hat, die Zustimmung zu erklären oder aus dem Verfahren auszuscheiden, rechtfertigt dies nicht, dem Auftraggeber die damit verbundenen Risiken einer Veränderung der Kalkulationsgrundlagen zuzuweisen. Auch wenn die Umstände, die die Bindefristverlängerung ausgelöst haben, aus der Sphäre des Auftraggebers kommen, ist der Bieter nicht schutzwürdig.  Denn anderenfalls würde ohne eine Veränderung des Leistungsinhalts nachträglich allein der Preis verändert, mit dem sich ein Bieter im Wettbewerb durchgesetzt hat. Das ginge nicht nur zu Lasten des Auftraggebers, sondern auch zu Lasten derjenigen Bieter, die auf der Grundlage ihrer Kalkulation einer Bindefristverlängerung ebenfalls zugestimmt und damit eine Bindung an ihren Preis erklärt haben.

Mit der Verlängerung der Bindefrist übernimmt der Bieter allein die Verantwortung dafür, dass sein Preis weiterhin unverändert angeboten wird. An diesen Preis muss er sich gerade zum Schutz des Wettbewerbs grundsätzlich festhalten lassen, da in einem solchen Vergabeverfahren eine Verhandlung über den Preis nicht zugelassen ist und deshalb im maßgeblichen Zeitraum kein Raum für eine Überprüfung des Preises ist. Es ist das allgemeine Risiko eines öffentlichen Vergabeverfahrens, dass der Bieter ausscheiden muss, wenn er den Preis nicht halten kann. Im Übrigen ist zu bedenken, dass mit dieser Rechtsprechung Unternehmer bzw. Bieter versuchen müssen, ihre Nachunternehmer und Lieferanten künftig über längere Zeiträume als die in der Ausschreibung vorgesehenen Bindefristen zu binden. Es gibt zudem auch noch eine Chance, durch Verzögerungen den erstplatzierten Bieter aus dem Wettbewerb zu drängen und sich dann die Rechtsprechung des BGH selbst durch ein eingeleitetes Nachprüfungsverfahren zu Nutze zu machen.

 

Frage 11. Was ergibt sich noch aus der BGH-Rechtsprechung?

Beachtenswert bleibt auch und trotzdem, dass der BGH in seiner Entscheidung selbst darauf hingewiesen hat, dass er nicht darüber entscheiden müsste, ob die Bitte um Verlängerung der Bindefrist angesichts der sicherlich unbefriedigenden Lage für den Bieter noch vergabekonform ist. Kalkuliert er nämlich nicht bestandsfest im Hinblick auf eine Verspätung des Zuschlags, hat er eine schwächere Wettbewerbsposition als diejenigen Bieter, die ihre Preise schon spekulativ über die ursprüngliche Bindefrist hinaus kalkulieren.

 

Frage 12: Was gilt bei einem Verhandlungsverfahren nach § 3 b Nr. 1c VOB/A?

In einem weiteren Urteil des BGH vom 10.09.2009 – VII ZR 255/08 (IBR 2009, 629) hat der BGH im Falle eines vergaberechtlichen Verhandlungsverfahrens nach § 3 b Nr. 1c VOB/A entschieden, dass vertragliche Ansprüche auf Erstattung von Mehrkosten bei Zuschlags- und Baubeginnverzögerungen ausgeschlossen sein können, wenn der Bieter die bestehende Möglichkeit nicht genutzt hat, den Abschluss des Vertrages von einer Anpassung des Preises für die durch die Bauzeitverschiebung entstandenen Mehrkosten abhängig zu machen; dies deshalb, weil eine vertragliche Einigung über die Anpassung des Stahlpreises, die hier Gegenstand des Mehrvergütungsanspruch war, nicht vorgelegen habe.

Erklärungen des Bieters im Verhandlungsprotokoll, dass er sich die Durchsetzung möglicher vertraglicher Ansprüche vorbehalte, sind nicht als eine Abstandnahme vom abgegebenen Angebot anzusehen. Die reine Ankündigung von verzögerungsbedingten Mehrvergütungsansprüchen ändert nichts an dem abgegebenen Angebot und an der Tatsache, dass die Parteien keine Einigung hinsichtlich der Folgen der Verzögerung getroffen haben. Damit aber bestehen keine vertraglichen Ansprüche. In Verhandlungsverfahren, bei denen das Nachverhandlungsverbot nicht anwendbar ist, ist es Sache des Unternehmers, bereits in den Vertragsverhandlungen für klare Verhältnisse zu sorgen, d. h. entweder das Kostenrisiko einzupreisen, eine Preisgleitklausel zu vereinbaren oder auch und gerade von der Vergabe Abstand zu nehmen.

 

Frage 13: Was gilt bei einer Verschiebung des Baubeginns?

Im dritten Urteil des BGH vom 10.09.2009 – VII ZR 152/08 – wurden Mehrvergütungsansprüche nach § 2 Nr. 5 VOB/B analog angenommen, wenn sich nach einer sogenannten Beginnklausel in den Ausschreibungsunterlagen die Ausführungsfrist verschiebt. In einer öffentlichen Ausschreibung sollte die Ausführung der Arbeiten spätestens 12 Werktage nach Zuschlagserteilung beginnen. Wegen Verzögerungen bei der Bereitstellung von Haushaltsmitteln wurde der Zuschlag nicht wie ausgeschrieben am 30.11.2005, sondern erst am 13.02.2006 erteilt. Damit verschob sich auch die Ausführungsfrist entsprechend. Mit Blick darauf, dass der öffentliche Auftraggeber das Risiko einer verzögerten Zuschlagserteilung und daraus resultierender Mehrvergütungsansprüche des Auftragnehmers trägt (Grundsatzentscheidung vom 11.05.2009, BGH IBR 2009, 312), war auch in diesem Fall ein Mehrvergütungsanspruch analog § 2 Nr. 5 VOB/B zu bejahen. Bieter können und müssen regelmäßig eine Klausel „12 Werktage nach Zuschlagserteilung“ nur bezogen auf den ausgeschriebenen Zuschlagstermin und nicht auf den tatsächlichen Zuschlagstermin verstehen. Ein anderes Verständnis verstieße gegen § 9 Nr. 2 VOB/A, wonach dem Bieter kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden darf. Ein solches Risiko wäre aber gegeben, wenn die vertraglich an den Zuschlag gekoppelte Ausführungszeit über den vorgesehenen Zuschlagstermin hinaus völlig offen bleiben würde.

Welche Partei muss nach BGH geschützt werden?

Es hat wohl wieder die Unternehmer getroffen!

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