Auftraggeber pleite: Was tun?

Wenig bekannt, aber hilfreich: Das Bauforderungssicherungsgesetz.

Wird ein wichtiger Auftraggeber insolvent oder ist er sonstigen Gründen nicht mehr „greifbar“, so kann das die Existenz des Auftragnehmers kosten, wenn noch hohe Zahlungen ausstehen. Viele Unternehmer sind inzwischen so vorsichtig, schon frühzeitig eine Sicherheit nach § 648a BGB zu verlangen.
Leider gibt es aber immer noch viele
Unternehmen, die an diese Möglichkeit nicht oder erst dann denken, wenn es schon zu spät, die Leistung also weitgehend erbracht ist, und der Auftraggeber eine solche Sicherheit gar nicht mehr beibringen kann oder will.

In einer solchen Situation bleibt, insbesondere bei Bauträgern oder Generalunternehmern als Auftraggebe, die einzige Möglichkeit, das Bauforderungssicherungsgesetz zu nutzen, das in der Baupraxis – zu Unrecht – zu wenig bekannt ist.

1. Fallbeispiel

Hierzu nun ein Fall, den das Oberlandesgericht Celle zwar schon am 17.1.2013*entschieden hatte, dessen Urteil aber jetzt erst durch den Beschluss des BGH vom 26. März 2015 – AZ: 6U 60/12-, mit dem es eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat, endgültig rechtskräftig geworden ist: Eine Bauträger GmbH schloss mit einem Bauherrn einen Vertrag über die schlüsselfertige Erstellung eines Gebäudes und erhielt hierfür 300.000 €, die durch die Grundschuld einer Bank gesichert waren. Der vom Bauträger für ein Teilgewerk beauftragte Subunter-nehmer stellte seine Schlussrechnung an den Bauträger, die der jedoch nicht bezahlte. Aufgrund der Verschmelzung des Bauträgers mit einem englischen Unternehmen und der Verlagerung des Betriebssitzes nach England war eine Zahlung durch den Bauträger auch nicht mehr zu erwarten. Deshalb nahm der Subunternehmer den früheren Geschäftsführer des Bauträgers für die ausstehenden Zahlungen in Anspruch und begründete dies mit einem Verstoß gegen das Bauforderungssicherungsgesetz.

2. Voraussetzungen für den  Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer

Tatsächlich ermöglicht das Bauforderungssicherungsgesetz, Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer des Auftraggebers aus sogenannter unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) durchzusetzen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind:

2.1 War der Auftragnehmer an der Herstellung oder dem Umbau eines Gebäudes beteiligt?

Nur diese Personengruppe ist durch das Bauforderungssicherungsgesetz geschützt (§ 1 Abs. 1 Bauforderungssicherungsgesetz). Dies ist in unserem Beispielsfall unzweifelhaft.

2.2 Handelt es sich um „Baugeld“?

Nur Baugeld ist durch das Gesetz geschützt, wobei das Bau-forderungssicherungsgesetz in § 1 Abs. 3 drei Varianten nennt. Danach sind Baugelder

– für die Herstellungskosten des Baus oder Umbaus zweckbestimmte Gelder

– die durch Grundpfandrechte (zum Beispiel eine Grundschuld) auf dem Baugrundstück gesichert sind. Hier handelt es sich also um das klassische Baudarlehen (Alternative 1)

– wenn die Übertragung des Grundstückseigentums erst nach Herstellung des Baus oder Umbaus erfolgen soll. Dies ist der Fall, wenn der Darlehensgeber gleichzeitig der Grundeigentümer war (Alternative 2).

– oder Gelder, die der Leistende( z.B. Bauträger) vom Besteller im Zusammenhang mit der Herstellung des Baues oder Umbaus erhält, wenn an der Leistung andere Unternehmer beteiligt sind.

Diese Alternative 3, die erst am 1. Januar 2009 in das Gesetz eingeführt wurde, ist heute der Hauptanwendungsfall, weil gerade beim Bauträgern und Generalunternehmern die Vertragsketten (Hauptunternehmer/Subunternehmer) eine große Rolle spielen.

In unserem Beispielsfall handelt es sich bei den 300.000.- € um „Baugeld“, und zwar sowohl nach der Alternative 1 als auch nach der Alternative 3.

2.3 War der Bauträger „Baugeldempfänger“?

Nur Baugeldempfänger unterliegen der Verwendungspflicht des Bauforderungssicherungsgesetzes. Hierunter versteht man Personen, die Baugeld erhalten und sich ihrerseits Bauforderungen ausgesetzt sehen. Letzteres ist natürlich der Fall, wenn der Baugeldempfänger – wie in unserem Beispielsfall – die Bauleistungen im Wesentlichen nicht selbst erbringt, sondern durch Subunternehmer bauen lässt.

2.4 Wurde das Baugeld zweckwidrig verwendet?

Nach dem Gesetz (§ 1 Abs. 1) darf das Baugeld nur „zur Befriedigung solcher Personen, die an der Herstellung oder dem Umbau des Baus aufgrund eines Werk-, Dienst oder Kaufvertrags beteiligt sind, verwendet werden“. Verwendet also zum Beispiel der Bauträger das erhaltene Baugeld ganz oder zum Teil zur Bezahlung anderer Bauvorhaben, etwa deshalb, weil hier noch ältere Schulden zu begleichen sind, verstößt er gegen das Bauforderungssicherungsgesetz. Diese Bestimmung wird sehr streng ausgelegt. Die Verwendungspflicht gilt für jeden Bau gesondert. Erhält beispielsweise der Bauträger Baugeld für zwei Doppelhaushälften mit unterschiedlichen Vertragspartnern, so ist der Baugeldanteil für jedes Objekt separat zu ermitteln.

In unserem Beispielsfall hatte der Bauträger die erhaltenen 300.000 € für eine andere Baumaßnahme bereits verbraucht, sodass für unseren Subunternehmer „nichts mehr übrig“ war. Damit lag hier eine zweckwidrige Verwendung des Baugeldes vor.

2.5 Wann haftet der Geschäftsführer für das zweckwidrig verwendete Baugeld?

Der Geschäftsführer der Bauträger-GmbH haftet, wenn er vorsätzlich gegen die Verwendungspflicht des Baugeldes verstoßen hat. Für den nicht bezahlten Subunternehmer ist es häufig nicht einfach, diesen Vorsatz nachzuweisen. Und zu diesem Punkt hat nun die genannte Entscheidung eine maßgebliche Verbesserung zu Gunsten des Subunternehmers geschaffen. Danach handelt der Geschäftsführer schon dann „vorsätzlich“ wenn er es für möglich halten muss, dass es sich bei dem vom Bauherrn gezahlten Geld um „Baugeld“ handelt. Wenn – wie hier – der Auftraggeber vom Bauherrn ein Betrag von 300.000 € erhält, muss er damit rechnen, dass es sich um dinglich gesicherte Fremdmittel (etwa das Darlehen einer Bank) handelt, so dass der  Geschäftsführer vorsätzlich gegen die genannte Verwendungspflicht verstößt, wenn er die Gelder ganz oder zum Teil für andere Zwecke, also beispielsweise für anderer Bauvorhaben verwendet.

In unserem Beispielsfall lagen die genannten Voraussetzungen für den Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer des Auftraggebers vor. Er hat somit eine „unerlaubte Handlung“ nach § 823 BGB begangen und muss dem Subunternehmer Schadensersatz in Höhe der nicht geleisteten Vergütung bezahlen.

3. Wo erhält man umfassende Informationen

zu diesem Thema?

Wie auch dieser Fall zeigt, ist das Bauforderungssicherungsgesetz für die Baupraktiker nicht ganz einfach zu verstehen. Für einschlägige und praxisnahe Informationen ist das Buch „Die neue Bauhandwerkersicherung“ zu empfehlen, das nun gerade in 6. Auflage im VOB-Verlag Vögel OHG erschienen ist und neben einer leicht verständlichen Kommentierung auch einschlägige Musterbriefe beinhaltet.

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