Begegnungsstätte mit Format
Träger von Pflegeeinrichtungen stellen heutzutage hohe Anforderungen an Gestaltung und Funktionalität ihrer Einrichtungen. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt dabei auch die Gestaltung der Außenanlagen, so auch auf dem Gelände des Petrusheims im niederrheinischen Weeze.
„Alles Wirkliche im Leben ist Begegnung“ – nach diesem Leitwort des Religionsphilosophen Martin Buber führt der Rheinische Verein für Katholische Arbeiterkolonien e.V. seine fünf Einrichtungen für hilfsbedürftige Menschen. Die älteste davon ist das Petrusheim – unweit der niederländischen Grenze – in Weeze. Es wurde bereits 1902 bezogen und bietet als dorfähnliches Anwesen mit eigener Kapelle, Metzgerei und landwirtschaftlichem Betrieb heute einen modernen Schutzraum für seine Bewohner. Der Aspekt der „Begegnung“ stand auch im Zentrum der Überlegungen, als der Betreiber der Einrichtung im Jahre 2013 einen Ersatzneubau samt Außenanlagen plante. Beate Jussen - Geschäftsführerin der Einrichtung - schildert die Hintergründe der Maßnahme: „Notwendig wurde der Ersatzneubau unseres Altenheims, da das alte Gebäude langfristig nicht die Anforderungen des neuen Pflegegesetzes erfüllen wird. Hiernach müssen Alten- und Pflegeheime ab 2018 für mindestens 80 Prozent der Bewohner Einzelzimmer bereitstellen. Die Anforderungen an das neue Gebäude lagen aber auch in anderer Hinsicht hoch. Unsere Einrichtungen sind Orte, die Begegnung ermöglichen sollen. Sie sollen Räume und Landschaften bieten, in denen man zur Ruhe zu kommen, aufatmen und Perspektiven entwickeln kann, um dann wieder anderen Menschen zu begegnen“, so Jussen.
Zur Ruhe kommen und anderen Menschen begegnen
Um dies zu realisieren entwickelte man für den neuen Gebäudekomplex ein Wohnkonzept, das für die 94 Bewohner ein möglichst selbständiges Leben ermöglicht. Aufgeteilt auf 4 Wohngruppen mit je einem Aufenthaltsraum, einer Küche, einem Essraum und einem Raucherzimmer, umfasst das neue Gebäude ebenso eine Mensa und ein Ladenlokal. Beate Jussen: „Dieses Konzept ermöglicht Selbständigkeit und Begegnung mit anderen Menschen gleichermaßen.“
Pflanzbeete verbinden Gebäude miteinander
Eine besondere Stätte für Begegnungen bietet aber vor allem der neu geschaffene Innenhof der Anlage. Prof. Dipl.-Ing. Landschaftsarchitekt Norbert Kloeters von den 3+ Freiraumplanern aus Aachen beschreibt den planerischen Ansatz: „Der etwa 200 m² große Innenhof soll durch eine geeignete Gestaltung den Bewohnern ein Gefühl der Geborgenheit und des Zusammenlebens vermitteln. Unser Konzept sieht hierfür zahlreiche Pflanzbeete vor, die als „grüne Oase“ die Gebäude miteinander verbinden. Form und Farbe der Pflanzbeete aus Stahl wurden von der Fassadengestaltung übernommen – auf diese Weise reagiert der Innenhof auf die umliegenden Gebäude und bildet ein harmonisches Ganzes. Sitzbänke und ein Wasserbecken runden das Konzept ab. Am Abend wird der Hof über zahlreiche Lichtsäulen illuminiert, was den Bewohnern ein Gefühl der Sicherheit vermitteln soll“, so Kloeters.
Steine im länglichen Format antworten auf das Umfeld
Besondere Beachtung fand bei den Planern aber auch der verwendete Pflasterbelag für den Innenhof, den das Betonwerk Heinrich Niemeier aus ihrem Werk in Goch lieferte. Hierzu Norbert Kloeters: „Gestalterisch war es unser Ziel, die Fläche im Kontrast zu den grün gestreiften Fassaden und den Pflanzbeeten optisch in den Hintergrund zu stellen. Statt einem tristen grau haben wir uns daher für Pflastersteine in einem dunklen anthrazit entschieden.“ Wichtiges Gestaltungselement war dem Planer dabei auch das große längliche Format der verwendeten „Quadroton“ – Steine. „Mit dem Format 60 x 30 cm antworten die Steine regelrecht auf das Umfeld, das ebenso durch längliche Formen geprägt ist“, so Kloeters.
Minimaler Höhenunterschied für die Entwässerung
Neben gestalterischen Aspekten, galt es aber auch funktionelle Anforderungen zu erfüllen. Wichtigster Aspekt stellte für den Planer hierbei die Entwässerung dar. Kloeters erklärt: „Im Normalfall hätte man den Innenhof mit einem Gefälle von 2,5 % trichterförmig über die Mitte entwässert. Dies hätte hier jedoch bedeutet, dass die Steine, die im Kreuzfugenverband gelegt sind, aufgrund des Gefällewechsels an einigen Stellen geschnitten werden müssen. Außerdem verhindern die streifenförmigen Beete im Innenhof ohnehin den Wasserabfluss. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, die Steine reihenweise „gefaltet“ im Wechsel mit einem Gefälle von nur 1,5 % zu verlegen. So ergeben sich minimale Höhenunterschiede von etwa 4,5 mm zwischen den Steinreihen. Damit der Niederschlag hierüber ablaufen kann, wurden extra 8 mm breite Fugen ausgebildet. Als Bettungs- und Fugenmaterial diente ein grober Splitt mit nur wenigen Nullanteilen“, so Planer Kloeters.
Das Gute daran: Für die Nutzer der Flächen – auch für Rollatoren und Rollstühle – sind diese Höhenunterschiede kaum wahrnehmbar – im Gegenteil die Fläche ist sehr gehfreundlich, wie der Planer versichert. Alles in allem sind die Verantwortlichen sich sicher, dass das neue Gebäude samt Innenhof ein idealer Ort für Begegnungen geworden ist. Hierzu trägt nicht nur die extravagante Gestaltung sondern auch die durchdachte Entwässerungslösung bei. Beate Jussen: „Natürlich ist es auch gut zu wissen, dass der Hof nicht nur schön aussieht, sondern auch nach einem Starkregen nicht voller Pfützen steht.“