Bestleistung vor historischer Kulisse
Kanal-Hausanschlüsse im Press-Bohr-Verfahren in Prager Altstadt erstelltDurch dieses Verfahren wurde die Sperrung für den Auto- und Straßenbahn-Verkehr verhindert. Zudem waren die Anwohner und Geschäftsleute hierdurch nicht monatelang Baulärm und -schmutz ausgesetzt.
An der 1781 entstandenen Nationalallee in der tschechischen Hauptstadt mit ihrem historischen Baubestand wäre eine Sperrung nahezu undenkbar gewesen. Nicht zuletzt deshalb entschieden sich die Verantwortlichen der Stadt Prag gegen eine offene Bauweise zur Erstellung von vier Kanal-Hausanschlüssen und stattdessen für das Einbringen der neuen Steinzeugrohre DN 200 mittels Pressbohrverfahren. Zu eng waren die Platzverhältnisse vor Ort und zu groß wären die Beeinträchtigungen des Baustellenumfeldes gewesen, zumal im Fall einer offenen Bauweise ein über sieben Meter tiefer Graben hätte ausgehoben werden müssen. Beim Einbringen der Steinzeugrohre für die Freispiegelleitung am Rande der Prager Altstadt kam die Pressbohranlage Grundobore 400 von Tracto-Technik zum Einsatz. Nicht nur die besonderen baulichen Verhältnisse vor Ort und die genaue Einhaltung des Gefälles verlangten dem bauausführenden Unternehmen D & Z spol s.r.o einiges ab, sondern in sieben Meter Tiefe wartete auch eine weitere Herausforderung auf die Beschäftigten des Prager Bauunternehmens.
Schwierige Bodenverhältnisse
Wo sich heute die tschechische Innenstadt auf einer Fläche von fast 130 Hektar erstreckt, muss vor Zeiten einmal die Moldau ihr Flussbett gehabt haben. Auf ihre Hinterlassenschaften in Form von bis zu 15 Zentimeter großen Steinen in dem sandigen Boden stießen die Arbeiter bei der ungesteuerten Pressbohrung. „Die geologischen Bedingungen, waren schwierig. Der Sand, der kaum Stabilität bot, war durchsetzt mit größeren Steinen“, erinnert sich Daniel Grunert von Tracto-Technik, der die Arbeiter von D & Z vor Ort in die Technik und den Umgang mit dem Grundbore 400 eingewiesen hat. Immer wieder hätten sich die Steine in der Bohrschnecke verkeilt. Zur Beseitigung musste die Bohrschnecke wechselseitig in die eine und dann andere Richtung gedreht werde, bis sich der verkeilte Stein löste und anschließend nach hinten in die Startbaugrube befördert werden konnte. Dennoch seien die Arbeiten deutlich schneller fortgeschritten, als es bei dem sonst durch D & Z angewandten Verfahren der Fall gewesen ist.
Pressbohrverfahren löst Tunnelbau ab
Bis zum Einsatz des Pressbohrverfahrens war es, im bergmännischen Stollenvortrieb zu bauen, was bei einem Baufortschritt von maximal 50 Zentimeter pro Tag erhebliche Zeit in Anspruch genommen hätte. Immerhin betrug die Vortriebslänge bei der Verlegung der vier Rohre zwischen sechs und neun Meter. „Das geplante Verfahren wäre zu aufwändig und langwierig gewesen“, erklärt Martin Vesely von Interglobal; dem tschechischen Vertriebspartner der Tracto-Technik. „Viele Kubikmeter Erde hätten bewegt und eine aufwändige Bautechnik und mehr Mitarbeiter eingesetzt werden müssen.“
Während einer Messe war D & Z auf die Pressbohr-Anlage Grundobore 400 aufmerksam geworden, mit dem sich Rohrleitungen mit extrem hoher Lagegenauigkeit verlegen lassen. Der Grundobore 400 arbeitet mit einer maximalen Vorschubgeschwindigkeit von 2,8 m/min und einer Schubkraft von bis zu 400 kN bzw. einer maximalen Zugkraft von 315 kN. Die Vortriebsanlage eignet sich für die Verlegung speziell von Abwasser-Hausanschlüssen bis hin zu Sammlern für Schutz- und Produktrohre bis DA 404. Schnell hatten sich die Verantwortlichen von D & Z von den Vorteilen des Pressebohrverfahrens überzeugen lassen. Der Einbau der neuen Abwasserleitungen war notwendig geworden, da die Dimension der alten Hausanschlussleitungen nicht mehr ausreichte. Die Hausanschlussleitungen münden in einen bestehenden, aus Ziegelsteinen gemauerten und begehbaren Sammler, einem Eiprofil 2.100 x 1.300 Millimeter.
Intensive Planung, sorgfältige
Ausführung
Ausgangspunkt für die Arbeiten in der Prager Innenstadt war eine rund 7,7 Meter tiefe und 1,3 x 2,1 Meter breite Startbaugrube, deren Einrichtung knapp drei Wochen in Anspruch nahm. Das Montieren und Einrichten der Pressbohranlage dauerte noch einmal einen Tag, so dass schließlich mit der Bohrung begonnen werden konnte. Dem vorausgegangen war zudem eine rund sechsmonatige intensive Planungsphase, in der Auftraggeber, Bauunternehmen, Maschinenhersteller und Händler intensiv zusammenarbeiteten.
Von der Startbaugrube aus wurde das aus ein Meter langen Teilstücken zusammengeschweißte Schutzrohr DA 273 mit einer Neigung von acht bis zehn Prozent in Richtung des maximal neun Meter entfernten Sammlers getrieben. Aufgrund der Bodenverhältnisse ging die Bohrung nur langsam und mit äußerster Sorgfalt vonstatten, um das geforderte Gefälle einzuhalten. Hier sorgte die doppelseitige Zangenverriegelung der Druckbrücke des Grundobore 400 für eine gradlinige Einpressung und eine hohe Richtungsstabilität.
Ungesteuerter Vortrieb
Im Fall der Nationalallee nahm eine Bohrung einen Tag in Anspruch, wobei auf die Geologie Rücksicht genommen werden musste. Bei der Pressbohrung wurden zunächst Stahlschutzrohre durch den Boden vorgetrieben. Hierzu ist an der Spitze der innenliegenden Bohrschnecke am offenen Ende des Schutzrohrs ein Bohrkopf angebracht, der das Erdreich verdrängungslos abbaut. Das Erdreich wird zeitgleich im Innern des Rohres mit einer Förderschnecke nach hinten in die Startbaugrube befördert und auf diese Weise den Weg für das Stahlrohr freimacht.
Gleichzeitig mit dem Einpressen des Produktrohres (Steinzeugrohre DN 200), wurden die Stahl- von den Produktrohren in den Sammler geschoben und dort die zuvor in der Startbaugrube zusammengeschweißten, ein Meter langen Teilstücke abgebrannt und abschnittsweise geborgen. Da der Trassenverlauf nicht linear vorgegeben war, wurden die Schutzrohre ungesteuert direkt ohne Pilotvortrieb eingepresst. Möglich wurde das einfachere und auch kostengünstigere Verfahren, da das Gefälle groß genug und der maximal neun Meter entfernte Sammler ausreichend groß dimensioniert ist. Im Unterschied zu dem in Prag gewählten ungesteuerten Vortriebsverfahren wird bei einem gesteuerten Pilotrohrvortrieb, d. h. im Fall eines exakt vorgegebenen linearen Trassenverlaufs, zunächst ein Pilotgestänge mit Pilotbohrkopf präzise und lagegenau aus der Grube bodenverdrängend vorgetrieben. Erst danach wird eine vom zielgenau verlegten Pilotbohrstrang geführte Pressebohrung mit Stahlschutzrohren oder wiedergewinnbaren Rohren durchgeführt.
Geringe Beeinträchtigungen
Nach je einem Tag pro Rohr wurde die Bohrung und Verlegung der Steinzeugrohre erfolgreich abgeschlossen; insgesamt nahm die Maßnahme drei Arbeitstage pro Bohrung in Anspruch, ohne den Straßen- und Fußgängerverkehr über Gebühr zu beeinträchtigen. Ebenso wurde eine unverhältnismäßige Belastung der Anwohner mit Lärm und Schmutz vermieden. Hinzu kommt, dass bei einem offenen Leitungsbau die Kosten höher ausgefallen wären, unter anderen da die Straßenoberfläche im Anschluss an die Arbeiten komplett hätte erneuert werden müssen. Entsprechend positiv fällt auch das Fazit der Baubeteiligten aus. Martin Vesely: „Trotz aller Herausforderungen ist es gelungen, die Bohrungen mit dem gewünschten Gefälle zielgenau durchzuführen und dies innerhalb einer kurzen Zeit. Die Lösung erwies sich als wirtschaftlich, effektiv und schonend zugleich.“ Grund genug für D & Z den Grundobore 400 künftig auf weiteren Baustellen einzusetzen.