Brückenbau im Einklang mit der Natur

Saale-Elster-Talbrücke

Südlich von Halle entsteht im Zuge der Eisenbahn-Aus- und Neubaustrecke Nürnberg-Ebensfeld-Erfurt-Leipzig/Halle-Berlin die insgesamt 8,6 km lange Saale-Elster-Talbrücke. Sie überquert in einer Höhe von rund 15,00 m die Auenlandschaft der Saale und Weißen Elster.

Von der Bauausführung verlangt die Überquerung einer Wasserschutzzone und mehrerer Natur- und Vogelschutzgebiete einen absolut sorgsamen Umgang mit der Natur. So wird unter anderem in der Brut- und Setzzeit im Frühjahr die Bautätigkeit planmäßig unterbrochen. Beidseitige Schallschutzwände werden den Geräuschpegel auf ein Minimum reduzieren, wenn künftig ICE-Züge mit 300 km/h die Trasse befahren. Nach seiner Fertigstellung im Jahr 2012 wird das Bauwerk die längste Eisenbahnbrücke Deutschlands sein.

Streckenverzweigung auf der Brücke

Bis die ersten Züge rollen, arbeitet die Arge aus den Firmen HOCHTIEF, Adam Hörnig und Gerdum u. Breuer auf dem riesigen Y-förmigen Baufeld an 10 Stellen gleichzeitig mit insgesamt rund 110 versierten Betonbauern und 30 Eisenflechtern. Die einzelnen Brückenabschnitte werden sich zukünftig nahtlos in das Gesamtbauwerk einpassen.

Auf der Brücke wird es eine Streckenverzweigung mit einem Überwerfungsbauwerk geben. Die komplexen Überführungen erfordern vier Widerlager mit Höhen von bis zu 8,00 m.

Insgesamt 220 Pfeiler tragen den 8614 m langen und im Regelquerschnitt 13,90 m breiten einzelligen Hohlkasten-Überbau. Er wird mit einer Konstruktionshöhe von 4,00 m hauptsächlich auf Vorschubgerüsten errichtet – mit möglichst wenig Eingriff in Flora und Fauna. Die 32 Pfeiler in den besonders sensiblen Biotopbereichen werden von zwei Vorschubgerüsten aus umweltschonend in einem wasserdichten Spundwandkasten vorauslaufend in Vor-Kopf-Bauweise flachgegründet.

Spundwände mit bis zu 20,00 m Tiefe und Stahlbetonsohlplatten bis 2,75 m Stärke bilden in Verbindung mit rund 1000 angeschossenen Kopfbolzen eine kraftschlüssige Einheit. Sie sind rechnerisch einer Tiefgründung gleichzusetzen. Die gesamte Baumaßnahme umfasst mehr als 140 000 m³ Beton, der fachgerecht in Form gebracht sein will. Von Beginn an unterstützen die Doka-Schalungstechniker die Arge Saale-Elster-Talbrücke für einen Teil der Gesamtleistung mit Know-how und ausgereiften Schalungslösungen, um den geforderten Sichtbeton in bester Qualität abzuliefern.

Vier Widerlager und Pfeiler so weit das Auge reicht

Zur Herstellung der vier Widerlager dient eine Kombination aus zwei unterschiedlichen Doka-Trägerschalungen: Die werksseitig fix und fertig montierte Trägerschalung FF 20 erhielt im Fertigservice der Doka-Niederlassung Leipzig zum Teil eine zusätzliche Brettbelegung, um die nach ZTV-ING ausgeschriebene Sichtbetonanforderung zielsicher zu erfüllen. Zusätzlich sorgen Elemente aus dem Baukasten der Trägerschalung Top 50 für beste Anpassung an die eingebundene Auflagerbank und die mitzuschalenden Pfeilervorlagen. Auch diese Schalungen stellte der Doka-Fertigservice her und lieferte sie einsatzbereit auf die Baustelle. Beide Systeme passen optimal zusammen und ergänzen sich nahtlos für einen raschen Baufortschritt.

Um die 220 Hohlpfeiler termingerecht zu erstellen, arbeitet die Arge mit drei kompletten Sätzen Trägerschalung Top 50 als Anfängerschalung und weiteren fünf Kletterschalungssätzen. Die lotrechten Fest- und Trennpfeiler sind rechteckig mit um 50 cm gebrochenen Ecken. Bei einer umlaufenden Wandstärke von 30 cm messen sie in Brückenquerrichtung jeweils 6,00 m und in Brückenlängsrichtung 2,70 m bzw. 3,50 m. Um die ständig wechselnden Abmessungen einfach und ohne Umbaumaßnahmen herzustellen, enthält jeder Schalungssatz zwei Längsseiten und jeweils zwei kleine und zwei große Stirnseiten – das vereinfacht den Ablauf ganz enorm. Bis zu einer Höhe von 7,50 m entstehen die Pfeiler mit der auf dem Fundament aufgestellten Anfängerschalung.

Für die Folgeeinsätze wird die Doka-Kletterschalung MF 240 mit bauaufsichtlich zugelassenen Konen am Anfängerblock befestigt. Die darauf stehenden Top 50-Elemente lassen sich mühelos um bis zu 75 cm vom Beton zurückspindeln. Genug Arbeitsraum für einfaches und sicheres Reinigen der Schalhaut nach dem Ausschalen. Erst wenn die Schalung für den nächsten Einsatz vorbereitet ist, hebt der Kran die gesamte Einheit samt Bühnen mit nur einem einzigen Hub pro Seite in den nächsten Abschnitt.

Nach Einbau der Bewehrung kann die Schalung vorgespindelt, verankert und erneut betoniert werden. So geht es in Kletterschritten von bis zu 5,20 m nach oben, bis zur maximalen Pfeilerhöhe von 17,00 m. Aus optischen Gründen eingelegte Trapezleisten kennzeichnen die einzelnen Betonierabschnitte. Für einen kompletten Pfeiler benötigen 3 Mann lediglich 4 Wochen.

Gigantischer Überbau

Mit einer Fläche von 117.000 m² entspricht der Überbau der Größe von rund 34 Fußballfeldern. Hier sind zeitgleich mehrere Traggerüste und Vorschubgerüste im Einsatz. Zwei der Vorschubgerüste sind bei diesem Projekt mit jeweils 1400 m² Doka-Trägerschalung Top 50 bestückt. Um dem Sichtbeton die geforderte Brettstruktur in Längsrichtung zu geben und um die statischen Vorgaben zu erfüllen, entschieden sich die Doka-Projektingenieure in enger Abstimmung mit den Spezialisten des Vorschubgerüstes für 3,00 m lange Gespärre. Sie tragen die Lasten aus dem schrägen Steg und Kragarm sicher ab. Zur Anpassung an die Radien sind sie rückspindelbar mit dem Vorschubgerüst verbunden.

Die 3,31 m hohe Stegschalung ist auf einen Frischbetondruck von 40 kN/m² ausgelegt. Sie benötigt lediglich 4 Anker 20,0 pro Einheit. Für einen raschen Baufortschritt kommt dies der Baustellenmannschaft sehr entgegen. Die Betonage der Hohlkasten-Überbauten erfolgt in zwei Schritten. Zunächst werden Bodenplatte, Stegwände inkl. Lisenen sowie die Stütz- und Endquerträger betoniert und die Elemente der Steginnenschalung ausgehoben. Greifzüge ziehen anschließend die auf Konsolen und Verfahrriegeln gelagerten Elemente der Deckenschalung aus dem vorhergehenden Takt in den neuen Abschnitt.

Auf millimetergenaues Einrichten und anschließendes Bewehren folgt die Betonage der ca. 30 cm starken Decke des Hohlkastens und des Kragarmes. Nach dem Abbinden des Betons und dem Vorspannen des Überbaus erfolgt der Vorschub der „fliegenden Baustelle“ in den nächsten Takt. So entstehen innerhalb von 4 Wochen 88,00 m Brückenüberbau in je einem 51,00 m und 37,00 m langen Takt.

Rund drei Viertel der gesamten Brücke wird mit Vorschubgerüsten erstellt. In den Kreuzungsbereichen mit Straßen, einer Bahntrasse, einer Straßenbahnlinie und der Saale kommen Traggerüste zur Anwendung – allein schon wegen der größeren Stützweiten und der veränderten Höhe des angevouteten Überbaues.

Überzeugender Beitrag

Ein Brücken-Projekt dieser Größenordnung ist einmalig. Besondere Bedeutung kommt daher der Koordination und engen Abstimmung zwischen allen Baubeteiligten zu. Das Team der Doka-Schalungstechniker hat einen überzeugenden Beitrag zum Bau dieser Brücke geleistet. Bauleiter Hans Jung ist nach 3 ½-jähriger Bauzeit und intensiver technischer Zusammenarbeit mit den Doka-Schalungstechnikern mehr denn je von deren Kompetenz im Großbrückenbau überzeugt.n

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