Das neue Vergaberecht
Seit dem 18.04.2016 ist das neue Vergaberecht in Kraft
Neue Struktur für das Vergaberecht
Nunmehr sind die wesentlichen Regelungen des Vergaberechts für Aufträge, deren geschätzter Wert die EU-Schwellenwerte übersteigt, im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt. Dies hat zu einem erheblichen Anwachsen der Paragraphen im vierten Teil des GWB geführt. Viele Bestimmungen aus den Vergabeordnungen sind nun in der GWB geregelt und haben somit Gesetzesrang. Auf untergesetzlicher Ebene werden durch vier Verordnungen die vier einschlägigen EU-Richtlinien umgesetzt. Für das allgemeine Vergaberecht gilt die Vergabeverordnung (VgV), für den Sektorenbereich (Wasserversorgung, Energie, Verkehr, Postdienste) die Sektorenverordnung (SektVO), für Konzessionen die Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) und für den Verteidigungs- und Sicherheitsbereich die Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV).
Die elektronische Vergabe
Seit dem 18.04.2016 wird schrittweise die elektronische Vergabe (eVergabe) eingeführt. Die Bekanntmachung hat elektronisch zu erfolgen und die Vergabestellen müssen die Vergabeunterlagen elektronisch über einen diskriminierungsfreien Zugang zur Verfügung stellen, ohne dass Interessenten aufgefordert werden dürfen, sich zu registrieren.
Vergabeverfahren
Auf Basis der bisherigen Rechtsprechung wurden die Voraussetzungen präzisiert, unter denen bei sogenannten Inhouse-Vergaben oder bei öffentlich-öffentlicher Zusammenarbeit kein Vergabeverfahren erforderlich ist. In diesem Zusammenhang wurde auch der Prozentsatz des erlaubten Fremdgeschäfts auf 20 Prozent erhöht. Die bekannten Vergabearten stehen den öffentlichen Auftraggebern weiterhin zur Verfügung. Der Vorrang des offenen Verfahrens wurde abgeschafft. Die öffentlichen Auftraggeber können zwischen dem offenem und nicht offenem Verfahren frei wählen.
Eignungsprüfung
Bei der Wertung der Angebote ist nach wie vor zwischen der Eignungsprüfung des Bieters einerseits und der Wertung des Angebots andererseits zu differenzieren. Bei der Eignungsprüfung gibt es eine Reihe von Anpassungen und Neuerungen, insbesondere im Hinblick auf den Ausschluss vom Verfahren wegen Unzuverlässigkeit. Die bisherige Rechtsprechung zur sogenannten Selbstreinigung wurde gesetzlich geregelt. Selbst nach schwerwiegenden Verfehlungen können sich Unternehmen wieder an Vergabeverfahren beteiligen, wenn sie Wiedergutmachung des Schadens leisten, an der Aufklärung mitwirken sowie personelle und organisatorische Maßnahmen treffen.
Eine wesentliche Erleichterung soll die Einführung der einheitlichen europäischen Eigenerklärung (EEE) mit sich bringen. Es handelt sich um ein elektronisches Formular, das zur Vereinheitlichung der Nachweisführung bei der Eignungsprüfung führen soll.
Wertung der Angebote
Die Neuregelung enthält näher Vorgaben zu Bestimmung der Wertungskriterien und stellt dabei insbesondere die Lebenszyklusbetrachtung heraus. Die Vergabestellen sollen mit den Wertungskriterien nicht nur den Anschaffungspreis, sondern auch die Kosten für Betrieb, Energieverbrauch, Instandhaltung und Entsorgung in Betracht ziehen. Darüber hinaus setzt sich der Trend fort, neben Fragen der Wirtschaftlichkeit auch umwelt- und sozialpolitische Zwecke mit öffentlichen Auftragsvergaben zu verbinden. Die Trennung zwischen Eignungsprüfung und Angebotswertung wird dahingehend aufgeweicht, dass bei bestimmten Aufträgen auch die Qualifikation und Organisation der mit der Auftragsausführung betrauten Personen gewertet werden kann.
Die Konzessionsvergabeverordnung
In der Konzessionsvergabeverordnung werden die neuen Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen geregelt. Erstmals geregelt ist auch die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, die bislang vom Geltungsbereich des Vergaberechts ausgeklammert waren. Die Anforderungen sind weniger strikt als bei sonstigen Vergaben und führen zu mehr Rechtssicherheit.
Der öffentliche Submissionstermin entfällt
Die neu verkündete VOB/A hat nicht nur die Vorgaben des EU-Rechts umgesetzt, sondern wurde auch um zahlreiche Paragraphen erweitert. Die Angebotsöffnung erfolgt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Den Bietern sind bestimmte Angaben zu übermitteln. Die VOB/A enthält auch zahlreiche Vorschriften, die bereits im GWB enthalten sind, was gesetzessystematisch problematisch erscheint.