Dauerhafte Übergänge
Längenänderungen und Endtangentenverdrehungen entstehen an Brückenüberbauten überwiegend als Folge von Temperaturschwankungen und Verkehrsbelastungen. Um eine weitgehend zwängungsfreie Bewegung der Endquerschnitte des Überbaus zu ermöglichen, werden an den Brückenenden Fahrbahnübergänge eingebaut, die diese Bauteilbewegungen ausgleichen können.
Nur wenige Fahrbahnübergangstypen besitzen die gleiche Lebensdauer wie das Bauwerk. Die Lebenszeit für Übergangskonstruktionen beträgt nach der TL/TP FÜ [1] 25 Jahre und nach der neuen europäischen Richtlinie [2] 35 bis 45 Jahre, je nach Festlegung des Herstellers. In diesem Beitrag werden verschiedene Sanierungsmaßnahmen solcher Bauwerksfugen vorgestellt.
Elastomermatten ersetzen Lamellenkonstruktionen
Mattenübergänge [3] bestehen mindestens aus zwei Komponenten, den Elastomermatten, die mit oder ohne metallische Bewehrung hergestellt werden können, und einem Verankerungssystem. Mattenübergänge nach [4] können bis 160 mm Gesamtdehnweg realisieren.
Bei Betonüberbauten können wasserdichte, mehrprofilige Fahrbahnübergänge in Lamellenbauweise im genannten Dehnwegbereich durch einfachere Konstruktionen ersetzt werden, weil durch das Abklingen von Schwinden und Kriechen im Vergleich zur ursprünglichen Einbausituation eine geringere Bewegungskapazität des Fahrbahnübergangs notwendig ist.
An einer Brücke der B 256 bei Neuwied konnte daher ein zweiprofiliger, wasserdichter Lamellenübergang durch einen wasserdichten Fahrbahnübergang mit einer unbewehrten Elastomermatte ersetzt werden. Dabei wurden die vorhandenen Aussparungen des alten Übergangs weitgehend für den Einbau der neuen Konstruktion genutzt.
Während die Lamellenkonstruktion eine regelgeprüfte Lösung nach [1] ist, handelt es sich bei den einfachen Mattensystemen um ein Produkt, das keine Regel- oder Einzelprüfung benötigt. Grundlage für deren Einbau ist ein Konformitätszertifikat einer Fremdüberwachungsstelle, die die Übereinstimmung mit der Richtzeichnung Übe 1 [5] bescheinigt.
Neuen Belagsdehnfuge basiert auf elastischen Polymeren
Die Belagsdehnfuge Baureihe PA, Polyflex Advanced PU [6], ist eine komplette Neuentwicklung der RW Sollinger Hütte, basierend auf elastischen Polymeren, und eine Weiterentwicklung der elastischen Belagsdehnfuge. Die Nachteile der bisher bekannten bituminösen elastischen Belagsdehnfugen (zum Beispiel Flankenabrisse, Verdrückungen, Spurrillenbildung, Auslaufen der bituminösen Oberfläche, Überbelastung durch stehenden Verkehr oder in Kreuzungsbereichen etc.) konnten durch den Einsatz des neu entwickelten Materials beseitigt werden. Ein wesentlicher Vorteil dieser Dehnfuge [5] besteht in der individuellen Anpassungsmöglichkeit der Fugenausbildung an die jeweiligen Objekte. Einbaustärke und Fugenbreite folgen den speziellen Kundenerfordernissen, ohne durch Standardabmessungen eingeschränkt zu sein. An zahlreichen Objekten, die seit mehreren Jahren erfolgreich unter Verkehr sind, wurden bereits Gesamtdehnwege bis zu 90 mm verwirklicht.
Die Belagsdehnfuge Polyflex Advanced PU besitzt einen guten Fahrkomfort, den gleichen Lärmpegel wie der anschließende Belag, sie ist wasserdicht und abschnittsweise einbaubar. Zum Einsatz kommt ein dauerstandfestes, voll elastisches Material mit enormer Reißdehnung und geringen Rückstellkräften. Durch die eingebauten Lochblechwinkel, die allseits vom PU-Material umgeben sind, werden die Flanken zum anschließenden Belag vollständig von Brems- und Rückstellkräften entlastet. Das neue Material ist beständig gegen Alterung, Umwelteinflüsse, Chemikalien und Verschleiß. Seine Lebensdauer ist wesentlich höher als die Lebensdauer der für die Fahrbahnoberflächen verwendeten Werkstoffe. Die volle Funktionsfähigkeit der Fuge ist in einem Temperaturbereich zwischen -50 °C und +70 °C gewährleistet.
Nahezu beliebige Fugenverläufe, Hochzüge, Schrägen, T- und Kreuzstöße können schnell und sicher hergestellt werden. Das zweikomponentige Material wird in vollständigen Verpackungseinheiten bei Raumtemperatur zwangsgemischt; Mischfehler auf der Baustelle werden dadurch ausgeschlossen. Fast unabhängig von der Luftfeuchtigkeit kann es bei Temperaturen zwischen 5 °C und 35 °C verarbeitet werden und ist bereits nach wenigen Stunden voll belastbar.
Sanierungsbeispiel: Eisenbahnbrücke an der A 45
Die Autobahn A 45 im Bereich südlich von Dillenburg ist eine sehr stark durch Schwerlastverkehr beanspruchte Strecke. Beim vorliegenden Projekt nahe der Ortschaft Edingen handelt es sich um eine einfeldrige Eisenbahnüberführung mit einer Spannweite von etwa 30 m und einem Kreuzungswinkel von ca. 60 gon. Die Brücke ist schwimmend auf Elastomerkissen gelagert und weist einen Dehnweg von ca. 30 mm je Widerlager auf.
An beiden Widerlagern wurde im Jahr 2006 aufgrund großer Schäden der einprofilige Übergang gegen einen Polymerbetonübergang ausgetauscht. Aufgrund der hohen Verkehrsbelastung, vor allem durch Schwerlastverkehr, erwies sich der Austausch als wenig dauerhafte Lösung: Im Randbereich des im Polymerbeton verankerten Dichtprofils kam es zu erheblichen Ausbrüchen und dadurch zu Undichtigkeiten in der Fuge. Um daraus resultierende Schäden an der Eisenbahnbrücke zu verhindern, wurde der bestehende Polymerbetonübergang durch eine Belagsdehnfuge Polyflex Advanced PU ersetzt. Diese Sanierung erforderte keinen Eingriff in den bestehenden Bauwerksbeton, was zu einer deutlich kürzeren Bauzeit und damit zu einer Reduzierung der Verkehrssicherungsmaßnahmen führte.
Lärmmindernde Nachrüstung von Lamellenübergängen
In Deutschland sind derzeit rund 80 % aller eingebauten Fahrbahnübergangskonstruktionen Lamellenübergänge [3]. Diese Bauart ist wasserdicht ausführbar. Die Trägerrostkonstruktion besteht aus Lamellen, die auf Stützträgern auflagern und mit Lagerungs- und Steuerelementen ausgestattet werden.
Nach [7] wird der Austausch noch funktionsfähiger Fahrbahnübergänge mit einem Alter von mehr als 15 Jahren durch regelgeprüfte, lärmgeminderte Übergangskonstruktionen gefordert. Als lärmmindernde Zusatzelemente kommen sinus- oder rautenförmige Bauteile zum Einsatz, die entweder aufgeschraubt oder aufgeschweißt werden, die auch nach [1] regelgeprüft sind.
Lamellendehnfugen der Bauart WSG mit Sinusblechen können zur Reduzierung der Überrollgeräusche mit speziellen Lärmschutzelementen nachgerüstet werden. Die mit HV-Schrauben geschraubte Lösung ermöglicht auch vor Ort eine einfache Montage. Im Rahmen einer solchen Nachrüstung muss die Belagshöhe im Fugenbereich um die Dicke der Zusatzelemente von etwa 20 mm angepasst werden.
Zusätzlich kann man die Oberflächen der Stahlelemente noch mit einer Elastomerschicht versehen, die auch einen dauerhaften Korrosionsschutz gewährleistet. Diese beschichteten Elemente können ebenso nachgerüstet werden wie die feuerverzinkten Elemente. In Feldversuchen mit Prototypen und an einigen bereits ausgeführten Brücken hat sich gezeigt, dass mit dieser Beschichtung die lärmmindernden Eigenschaften innerstädtisch um bis zu weitere 3 dB verbessert werden können [3].
Sinnvolle Sanierung, minimale Beeinträchtigung
Der Sanierung von Brücken wie auch von Fahrbahnübergangskonstruktionen wird in den kommenden Jahren eine verstärkte Bedeutung zukommen. Eingriffe in das Bauwerk lassen sich durch sinnvolle und sogar kostengünstige Optionen bei der Fugensanierung ebenso minimieren wie die Beeinträchtigungen des laufenden Straßenverkehrs.
RW Sollinger Hütte GmbH
Fußnoten
[1] Bundesanstalt für Straßenwesen: Technische Lieferbedingungen und Technische Prüfvorschriften für Ingenieurbauten – TL/TP-ING; Technische Lieferbedingungen und Prüfvorschriften für wasserdichte Fahrbahnübergänge in Lamellenbauweise und Fingerübergänge mit Entwässerung von Straßen- und Wegbrücken TL/TP FÜ, Stand 03/05.
[2] ETAG 032:2011-09: Guideline for European Technical Approval of Expansion Joints for Road Bridges; Part 1-8.
[3] Braun. Joachim, Tusche, Jens, Fahrbahnübergänge nach Europäischer Zulassung, Stahlbaukalender 2012
[5] Bundesanstalt für Straßenwesen: Richtzeichnung Übe 1.Unterkonstruktionen für wasserdichten Übergang mit einem Dichtprofil, Januar 2007.
[6] RW Sollinger-Hütte Polyflex Advanced PU, Uslar 2012
[7] Einbau von lärmgeminderten Fahrbahnübergängen mit Regelprüfung nach TL/TP FÜ, ARS – Allgemeines Rundschreiben 15/2002 vom 30.3.2009, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bonn, 2009.
[8] Österreichische Forschungsgesellschaft Straße – Schiene – Verkehr RVS/RVE 15.04.51: Brücken – Brückenausrüstung, Blatt 01 Übergangskonstruktionen, Ausgabe 2008-11-06.