Die Giraffe streckt ihren Hals
Steel Giraffe mit erstem Demag AC 45 City-Kran in NordamerikaDer in Portsmouth beheimatete, hochspezialisierte Krandienstleister hat sich
vor allem auf die Nische komplexer Hubprojekte spezialisiert, 90 Prozent davon
im Umkreis von 50 Kilometer um den Hauptfirmensitz.
Viele Kranprojekte nehmen weniger als einen halben Tag in Anspruch, sodass das Unternehmen auf einen besonders flexiblen Kran angewiesen ist, der in kürzester Zeit vor Ort gebracht wird, seine Arbeit erledigt und den nächsten Einsatzort anfährt. Der zuvor genutzte Pick-and-Carry-Kran mit 22,7 Tonnen Tragfähigkeit war nicht ganz die ideale Lösung, zumal seine Transportkosten die Margen deutlich drückten.
Also brauchte Steel Giraffe einen anderen Krantyp, der die Anforderungen des Unternehmens besser erfüllen würde. Während Geschäftsführer Steve Kelly an einen 32-Tonnen-Kran dachte, hatte Justin Melvin, Geschäftsführer des autorisierten Demag Händlers Empire Crane, eine andere Idee: „Kellys Geschäftsmodell war geradezu prädestiniert für den Demag AC 45 City-Kran aus der 45-Tonnen-Klasse. Dieser Kran wurde eigens für Unternehmen konzipiert, die auf Mobilität angewiesen und in innerstädtischen Bereichen tätig sind.“
Eine Rundum-Lösung
Unterstützt durch Empire konnte Kelly den AC 45 City zunächst einmal in Augenschein nehmen. Er verfügt über eine einzige Kabine, von der aus der Bediener den Kran zum Einsatzort fährt und die Kranfunktionen betätigt. „Für unsere Arbeiten würde eine zweite Kabine schlichtweg unnötig Platz und Zeit kosten“, erklärt Kelly.
Die Traglasttabelle, genauso wie die Bauweise des Auslegers, waren für Kelly letztlich die ausschlaggebenden Kriterien, den AC 45 City über Empire Crane zu bestellen. Der Dreiachser bietet eine maximale Hauptauslegerlänge von 31,2 Meter, die Systemlänge erreicht bis zu 44,2 Meter. Da der Ausleger vollhy-draulisch betätigt wird, kann der Bediener ihn auch mit Last aus- und einfahren, ohne dass Auslegersegmente verbolzt werden müssen.
Enge Kiste
Steel Giraffe hat den AC 45 Ende März in Empfang genommen. Beim Zuschlag für ein besonders anspruchsvolles Projekt, an der Mt. Hope Brücke zwischen den Rhode-Island-Städten Portsmouth und Bristol, waren die Vielseitigkeit und Traglasttabelle des Krans bereits von großem Nutzen. Die 90 Jahre alte Konstruktion aus Zeiten vor der Großen Weltwirtschaftskrise wird zurzeit in einem zehnjährigen Sanierungsprojekt modernisiert.
Die aktuelle Bauphase umfasst die Reparatur des angegriffenen Betons an den Brückenpfeiler-Verankerungen. Dafür müssen die Arbeitsmannschaften Baumaterial und Behälter zu einer Arbeitsplattform auf Höhe der Wasseroberfläche bringen. „Eine Möglichkeit war die Aufstellung eines Krans auf einem Ponton im Wasser, um das Material zu bewegen, aber das wäre sehr kostspielig geworden“, erzählt Kelly.
Steel Giraffe gab für das Projekt sein Angebot ab, und zwar unter Nutzung seines AC 45 auf der Brückenfahrbahn, um das Material mehr als 30 Meter auf die darunter befindliche Plattform abzulassen. Als erste Herausforderung musste sichergestellt werden, dass die Brücke das Gewicht des Krans plus Last tragen würde. „Hier half uns die Planungssoftware dabei, das Gewicht, den Radius und die Stellung der Abstützungen festzulegen, um nachzuweisen, dass die Brückenfahrbahn ausreichend tragfähig war“, fügt er hinzu. „Bei der Ausarbeitung des Plans wurden wir sowohl von Empire Crane als auch von Demag tatkräftig unterstützt.“
Als nächste Herausforderung stand das Problem an, das Material zu bewegen, ohne beide Fahrspuren zu blockieren. Melvin erläutert: „Die Mt. Hope Brücke hat nur zwei Fahrspuren, die jeweils nur 3,40 Meter breit sind – ein perfektes Testszenario für die
Kompaktheit des AC 45 City.“ Vom Gegengewicht über den Ausleger bis zum Hilfsausleger findet alles auf dem schlanken 8,7 x 2,5 Meter großen Unterwagen Platz.
Laut Plan sollte der AC 45 City in einer der beiden Spuren positioniert werden, sodass die zweite Spur für den Verkehr geöffnet bleiben konnte. Weiter sah das entwickelte Konzept vor, einen Arbeitsradius von 7,9 Meter mit einer kleineren Abstützungsfläche zu nutzen. Da der Hub zudem in der Nacht stattfand, konnten die Einschränkungen für den Verkehr auf ein Minimum begrenzt werden.
Der AC 45 City erreichte die knapp zehn Kilometer entfernte Baustelle gegen 21 Uhr; bereits um 22 Uhr hatten die Techniker den Kran vollständig aufgebaut und einsatzbereit. Kelly hob hierbei die Möglichkeit hervor, den Kran von derselben Kabine aus zu fahren und zu bedienen, ohne erst aussteigen zu müssen.
IC-1 Plus – ein echter Gewinn
Ein Plus für Unternehmen wie Steel Giraffe, insbesondere bei einem beengten Projekt wie der Mt. Hope Brücke, sind das Kransteuerungssystem IC-1 Plus und die Möglichkeit, die Abstützungen asymmetrisch zu positionieren. Das System ermittelt automatisch anhand Abstützungsposition und Schwenkwinkel die verfügbare Tragfähigkeit; diese wird nicht auf eine 360 Grad-Traglasttabelle begrenzt.
„Für mich ist das ein echter Gewinn“, so Kelly. „Wenn wir eine der Abstützungen nicht voll ausfahren können, sind wir nicht auf die 360 Grad-Traglasttabellen beschränkt.“ Melvin setzt hinzu: „Das versetzt Unternehmen in die Lage, ihre Hübe mit der maximal verfügbaren Tragfähigkeit über den Abstützungen zu planen. Somit können sie schwerere Lasten mit weniger Gegengewicht heben als es mit den 360 Grad-Traglasttabellen der Fall wäre.“ Kelly nannte darüber hinaus deutliche Unterschiede des IC-1 Plus Displays im Vergleich zu anderen Kranmodellen dieser Klasse. Er verglich die Schwarzweiß-Displays inklusive Tasten anderer Krane mit einer vorsintflutlichen Videospielkonsole. „Der AC 45 City hat einen schönen Farbbildschirm mit intuitiver Touchscreen-Bedienung für einfachstes
Navigieren“, führt er aus.
Dank der einfachen Kranbedienung hatte das Team die knapp 20 Hübe in weniger als fünf Stunden absolviert. Dabei wurde verschiedenartigste Ausrüstung, von Kompressoren und Generatoren bis zu Lackbehältern und Werkzeugen zur Arbeitsplattform herabgelassen. Zu den schwersten Hüben gehörten zwei Stahl-Frachtcontainer, randvoll mit Ausrüstung und einem Gewicht von jeweils 2,7 Tonnen. Nachdem um 2:30 Uhr der letzte Hub beendet war, rüstete die Mannschaft den AC 45 City ab, bevor er seine zehnminütige Heimreise zum Firmensitz antrat.
Kelly schätzt, dass dieses Projekt möglicherweise auch mit dem alten Pick-and-Carry-Kran durchführbar gewesen wäre, jedoch zeitaufwändiger und umständlicher, was Transport und Vorbereitung angeht. „Wir hätten einen Tieflader benötigt, um den Pick-and-Carry-Kran zu transportieren. Allein durch den Transport konnten wir mit dem alten Kran pro Tag nur einen halben Tag produktiv arbeiten“, erläutert er. „Der AC 45 City war dagegen extrem schnell wieder auf unserem Betriebshof. Dadurch können wir jetzt zwei bis drei Aufträge pro Tag erledigen.“
Der Kran ist in den Straßen von Portsmouth ein echter Hingucker – nicht nur wegen der ungewöhnlichen Giraffen-Lackierung, sondern auch angesichts seiner nicht minder ungewöhnlichen Fähigkeiten. „Wir werden immer häufiger von großen Kranunternehmen beauftragt, Arbeiten zu übernehmen, die sie nicht erledigen können. Früher haben wir solche Anrufe nie bekommen“, freut sich Kelly.
Steel Giraffe hat mit dem Demag AC 45 City endlich den Kran, der zu seinem Geschäftsmodell als „Kranunternehmen für besondere Fälle“ passt. „Dank der Tragfähigkeit und Auslegerlänge erhalte ich die Flexibilität, die unterschiedlichsten Kranaufträge durchzuführen“, ist Kelly überzeugt. „Wenn ich einen Kran für unsere Tätigkeit konstruieren müsste, wäre das genau der Kran, den ich mir vorstelle.“
Tadano Demag GmbH
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