Fernwärmeleitung mit Stahlmantelrohren
Teil einer komplexen Fernwärme Baumaßnahme in Braunschweig
Die Diskussion über steigende Energiepreise und den Klimaschutz bewirkt nicht nur aus Wettbewerbs-, sondern auch vor allem aus ökologischen Gründen, dass die Strom- und Wärmeerzeugung durch eine effektive lokale Versorgung vor Ort, z. B. durch Stadtwerke immer mehr gefordert wird. Auch aus diesem Hintergrund heraus rückt die Fernwärme – erzeugt durch die kombinierte Strom-Wärme-Erzeugung (Kraft-Wärme-Kopplung) – zu Recht wieder in den besonderen Fokus von Wirtschaft und Öffentlichkeit.
BS|ENERGY, die Braunschweiger Versorgungs- AG und Co. KG aus der Veolia – Gruppe, engagiert sich seit 85 Jahren bei der Erzeugung und Verteilung von Strom und Wärme aus eigenen Erzeugungsanlagen in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und bietet ihren Kunden vielfältige Dienstleistungen und Möglichkeiten zur Nutzung von Wärme auch aus regenerativen Erzeugungsanlagen an. Zum weiteren Ausbau einer effizienten Energieausnutzung werden in Braunschweig mit Realisierung eines Konjunktur- und Umweltprogramms bis 2015 ca. 35 Millionen Euro in den Fernwärmenetzausbau sowie bis Ende 2010 mit 81 Millionen Euro in den Ausbau einer neuen Gas- und Dampfturbinen Anlage (GuD) mit einer elektrischen Leistung von 75 Megawatt (MW) und einer thermischen Leistung von maximal 65 Megawatt (MW) investiert. Bereits heute wird in Braunschweig ein Wärmemarktanteil von über 40% durch die Kraft-Wärme-Kopplung gedeckt. Die-
ser zählt im bundesweiten Vergleich mit zu den höchsten Anteilen. Eines der großen Fernwärme-Ausbauprojekte 2009 von BS|ENERGY wird mit dem Bau der „Fernwärmetransportleitung Gifhorner Straße/ Steinriedendamm“ durchgeführt. Die Ziele dieses Projektes sind die Versorgung eines Gewerbegebietes im Nordosten von Braunschweig mit Fernwärme zur Heizperiode 2009 sowie die Erschließung einer Wohnungssiedlung im westlichen Abschnitt dieser insgesamt 2,6 km langen Fernwärmetrasse.
Rückblickend ist nun der tatsächlich realisierbare Wärmeliefertermin im Herbst 2009 als beeindruckender Abschluss einer Erfolgsgeschichte zu bewerten, da der eigentliche Kundenauftrag zur Umstellung der alten vorhandenen Ölkesselanlagen auf die schnellstens erwarteten modernen Fernwärmeübergabestationen als Grundlage der Baumaßnahme erst spät im Juni 2008 erfolgte.
Sofort anschließend begann BS|ENERGY mit den Vorplanungen und eröffnete somit im Juni 2008 ein Wettrennen mit der eng bemessenen Zeitschiene und den besonderes umfangreichen technischen und genehmigungstechnischen Herausforderungen zur Fertigstellung der Fernwärmetransportleitung, der Fernwärmeanschlussleitungen und der Projektierung der sieben Übergabestationen. Die Aufgabenstellung wurde dabei in fünf parallel zu planende Baulose aufgeteilt. Als besondere genehmigungstechnische Herausforderung stellte sich hierbei ins Besondere das LOS II dar, die Durchquerung bzw. Unterquerung des „Landschaftsschutzgebietes Schunteraue“. Folgerichtig enthielt die planerische Klärung dieses naturräumlichen Teilstückes die Schlüssel für die Anbindungen der angrenzenden Trassenplanungen, LOS I in der westlich gelegenen Wohnsiedlung sowie des östlich im Gewerbepark angrenzenden LOS III. Aus diesem Grund sowie der kurzen Planungs- und Realisierungsphase wurde die Moll-prd GmbH & Co.KG als Spezialist für knifflige Problemlösungen angesprochen und mit den Aufgaben der Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung des Auftraggebers bis hin zur Baubegleitung betraut. Das Hauptaugenmerk der Unterquerung des „LSG Schunteraue“ fokussierte sich nach Vorgesprächen mit den Genehmigungsbehörden auf den Faktor „Zeit“. Erschwerend hinzu kam die Genehmigungsgrundlage zur Einhaltung von Vermeidungsmaßnahmen für die Schutzgüter Tiere/Pflanzen, Boden, Wasser, Klima/Luft und Landschaftsbild/Erholungsfunktion.
Die ursprünglich angedachte Baudurchführung seitens BS|ENERGY bestand in der Planung der Querung des Landschaftsschutzgebietes Schunteraue sowie dem Fluss Schunter mit Hilfe eines Dükers in offener Bauweise bzw. eines Spülbohrverfahrens unterhalb des Flusses. Auf Grund der sich herauskristallisierenden Komplexität der Aufgabenstellung wurde jedoch schnell deutlich, dass dringend höherwertige Alternativen von der Moll-prd mit unterschiedlichen Trassierungsmöglichkeiten gefragt waren, um sich auf eine genehmigungsfähige Variante festlegen zu können. Aus den Ergebnissen des zwischenzeitlich vom Bauherrn eingesetzten Landschaftsplaners und den Gesprächen mit den Umweltbehörden hat sich ergeben, dass der Bereich von der Ohe bis über die Schunter hinweg zum Rand des Gewerbeparks als Biotop nach § 28 des Niedersächsichen Naturschutzgesetzes eingestuft ist. Besonders die im Auengelände wachsenden Schilfbestände sind schutzwürdig und bilden Lebensräume für Vögel und andere gefährdete Tierarten. Somit waren sämtliche Handlungen, die zu einer Zerstörung bzw. einer erheblichen Beeinträchtigung führen können, in diesen Biotopgebieten verboten. Die Beantragung einer Ausnahme von diesen Verboten hätte ein Genehmigungsverfahren unter Einbeziehung aller Naturschutzverbände erfordert. Die dazu notwendige Zeit war aus den schon erwähnten Aspekten nicht vorhanden.
Somit musste ein Bauverfahren zur grabenlosen Verlegung der beiden Fernwärmeleitungen und des PEHD Dreifachleerrohres gewählt werden. Zur diesbezüglichen Auswahl standen hierfür Rohrvortriebsverfahren (Microtunneling oder Direkt-Pipe) oder das HDD-Verfahren. Gegen den Einsatz der Rohrvortriebsverfahren sprach der gegenüber der ursprünglichen Planung des Auftraggebers erheblich höhere finanzielle Aufwand. Hinzu kam, dass für das Direkt-Pipe Verfahren keinerlei Erfahrungen für die Verwendung bei Stahlmantelrohren vorlagen und ein konventioneller Rohrvortrieb in dem zur Verfügung stehenden Zeitrahmen nicht mehr durchzuführen war.
Aus diesen Überlegungen heraus kristallisierte sich das HDD-Verfahren, obwohl immer noch teurer als die ursprünglich favorisierte, überwiegend offene Bauweise, als einzig mögliche und Erfolg versprechende Bauweise heraus.
Altlasten erschweren
das Arbeiten
Als besonders schwierig stellte sich die Situation im Bereich des Gewerbeparks dar. Entstanden auf dem Gelände der ehemaligen Niedersächsischen Motoren- und späteren Heinrich-Büssing-Werke, wies dieser Bereich sehr viele Anzeichen alter Bebauungen bis hin zu oberirdisch sichtbaren Fundamenten und Betonplatten auf. Zusätzlich ging aus den Recherchen seitens BS|ENERGY hervor, dass ein großer Bereich des Geländes aus Aufschüttungen bestand, die bei der teilweisen Beräumung des ehemaligen Büssing Werksgeländes zum Ende der 1960er Jahre entstanden waren. Ein zusätzliches Problem stellte die Tatsache dar, dass auf Grund der wirtschaftlichen Bedeutung des Standortes während der Zeit des zweiten Weltkrieges, starke militärische Aktivitäten zu verzeichnen waren. Angeforderte Luftbildauswertungen zeigten, dass speziell im Bereich der geplanten Fernwärmetrasse mit starker Kampfmittelbelastung zu rechnen war. Somit mussten die sehr unterschiedlichen Gesichtspunkte der Sondiertätigkeit im freien Gelände und speziell im Bereich des Gewerbegebietes mit den Anforderungen des geplanten HDD-Verfahrens und letztendlich auch mit den zu beachtenden ökologischen Aspekten des §28a Biotops in Einklang gebracht werden. So hätten großflächig angelegte Tiefensondierungen im Bereich der HDD-Trassen neben den ökologischen Einflüssen den Baugrund so nachhaltig gestört, dass das HDD-Verfahren nicht mehr durchführbar gewesen wäre.
Letztendlich wurde ein Konzept erarbeitet, welches mit einem überschaubaren Aufwand an Sondierungsleistungen ein Höchstmaß an Sicherheit hervorgebracht und dabei auch die bautechnischen Belange berücksichtigt hat.
Zum Zeitpunkt dieser Planungen standen die Fundament- und Baugrunduntersuchungen der ursprünglich favorisierten, überwiegend offenen Bauweise nur bis zu einer Tiefe von max. 6 m Tiefe zur Verfügung. Für die Planung von HDD-Bohrungen, speziell auch unter den Gesichtspunkten der im Bereich des Gewerbegebietes vorhandenen Restbebauung und Aufschüttungen und dem Vorhaben, zwei Stahlmantelrohrleitungen mit einem Außendurchmesser von jeweils 510 mm einziehen zu wollen, reichten diese vorhandenen Untersuchungen nicht aus. Um das geologische Risiko so gering wie möglich zu halten, waren weitere umfangreichere Baugrunduntersuchungen erforderlich, die in Abstimmung mit dem Bauherren in einem entsprechenden Konzept erarbeitet wurden.
Dieses Konzept sah vor, über den Trassenverlauf verteilt drei Erkundungsbohrungen bis in Tiefen von 20 m zur Gewinnung von ungestörten Bohrkernen mit einem Durchmesser von 160 bis 180 mm abzutäufen. Parallel dazu wurde die Lagerungsdichte durch schwere Rammsondierungen ermittelt. Die dazwischen liegenden Trassenbereiche wurden durch geophysikalische Untersuchungen erkundet. Da die vorhandene Restbebauung den Einsatz von seismischen Untersuchungen ausschloss, entschied man sich hier für geoelektrische Messungen. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte die endgültige Art und Weise der Baudurchführung noch nicht festgelegt werden, da sich aus den Ergebnissen der neuerlichen Baugrunduntersuchungen hätte herausstellen können, dass der Boden nicht bohrbar gewesen wäre.
Um den Termin der Einreichung des Genehmigungsantrages, der sich zurückgerechnet vom Inbetriebnahmetermin 09.09.2009 auf Anfang Februar fixierte, einhalten zu können, wurden die Antragsunterlagen für die Baufeldfreimachung und die Baudurchführung von der Moll-prd für die offene und geschlossene Baudurchführung parallel ausgearbeitet und vorbereitet.
Ebenso verhielt es sich bei der Erstellung der Ausführungsplanung. Resultierend aus den zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Lieferfristen für die Stahlmantelrohre von 12 Wochen musste die Ausschreibung noch während der Genehmigungsphase erfolgen, um der zukünftigen Baufirma genügend Zeit für die Bestellung der Rohre einzuräumen.
Trotz dieser Verfahrensweise ist es in einem Zeitraum von November bis März gelungen, die komplette Genehmigungs- und Ausführungsplanung für zwei gegensätzliche Ausführungsarten zu erstellen. Parallel dazu wurden die Anträge und Ausschreibungsunterlagen für die Baufeldfreimachung
und die zusätzlichen Baugrunduntersuchungen erstellt und die Durchführung dieser Arbeiten begleitet. Währendessen wurden von BS|ENERGY die Beauftragungen für die bauvorbereitenden Maßnahmen kurzfristig umgesetzt und mit der Klärung der Durchleitungs- und Grundstücksfragen weitere grundlegende Aspekte vor Baubeginn bis zu den Einigungen voran getrieben. Für den Baubeginn Anfang Mai wurden weiterhin die Vorraussetzungen für die Erteilung einer Kampfmittelfreigabe geschaffen.
Die Auswertung der abgeschlossenen geologischen Untersuchungen zeigte, dass der anstehende Boden für die Durchführung von HDD-Bohrungen generell gut geeignet war. Jedoch wurde in den Anfangs- und Endbereichen der geplanten HDD-Bohrung, unter einer Schicht aus Grob- und Feinsanden bei ca. 10 m Tiefe eine stärkere Kiesschicht erkundet. Diese Kiesschicht bestand zum Teil aus runden aber auch aus scharfkantigen Steinen unterschiedlicher Durchmesser und war in dieser Zusammensetzung nicht bohrbar.
Um noch eindeutigere Informationen über den Verlauf dieser Kiesschichten zu erhalten, wurden weitere Erkundungsbohrungen jeweils im Abstand von ca.
25 m entlang der Bohrtrassen abgeteuft.
Aus dem abschließenden geologischen Längsprofil wurde ersichtlich, dass die bisherige Planung modifiziert werden musste, um das HDD-Verfahren mit einem vertretbaren Bauherrenrestrisiko einsetzen und damit die Möglichkeit zu schaffen, die Fernwärmeleitung bis zur geplanten Heizungsperiode fertig stellen zu können.
So wurden die Bohrkurven planerisch so geändert, dass die Bohrgradienten oberhalb von 10 m und damit außerhalb der Kiesschicht verlaufen sollten.
Weitere planerische Zwangspunkte der Bohrgradienten waren ein in der Trasse stehender Hochspannungsmast (Sicherheitsabstand 10 m) und die vorhandene Bebauung im Gewerbepark, wo der Rohrstrang ausgelegt werden musste. In Anlehnung an die im DVGW Arbeitsblatt 463 realisierbaren Biegeradien von 500 m und die zu beachtenden hohen Rückstellkräfte der Stahlmantelrohre wurde dadurch die Richtung der Bohrungen vorgegeben. Eine weitere Aufgabenstellung bestand darin, zur Aufnahme eines Dreifachleerrohres 3 x DN 50 für Glasfaserleitungen zusätzlich ein PEHD-Schutzrohr DN 180 mitzuverlegen. Aus allen vorgenannten beeinflussenden Faktoren ergab sich abschließend ein Näherungsabstand von bis zu 3 m zwischen den drei Bohrachsen. Aus bohrtechnischer Sicht stellte diese sehr enge und komplizierte Lage der drei Bohrungen eine große Herausforderung dar, die planungsseitig zu der Auffassung führte, dass nur ein sehr genaues und flexibles Steuerungssystem eingesetzt werden kann, um die Bohrungen erfolgreich durchführen zu können. Somit wurde das Kreiselkompasssystem ausgeschrieben und eingesetzt.
Ein weiterer Gesichtspunkt war die geforderte Gerätegröße. Obwohl die im Vorfeld der Baumaßnahme rechnerisch ermittelte Zugkraft für den Einzug der Stahlmantelrohre nur 34 t ergeben hatte, wurde bei der Ausschreibung der Einsatz einer 100 t Anlage gefordert. Die dadurch zur Verfügung stehende Leistungsreserve dient der Erhöhung der Sicherheit bei unvorhergesehenen Behinderungen. Gleichzeitig sind mit einem Bohrring dieser Größenordnung auch kapazitätsmäßige Erhöhungen der peripheren Aggregate wie
z. B. der Spülungspumpe und der Separation verbunden. Auch das eingesetzte 6 5/8“ Bohrgestänge ist für den vorgesehenen Einsatzzweck ausreichend dimensioniert und bietet genügend Drehmomentreserven für unvorhergesehene Erfordernisse.
Großes Augenmerk wurde auf den Einsatz der Bohrspülung gelegt. Für die Einstellung und Überwachung der Bohrspülung wurde planungsseitig der kontinuierliche Einsatz eines Spülungstechnikers gefordert. Diese Maßnahme dient dazu, die Zusammensetzung der Spülung während der Bohrungen an die tatsächlichen Bodenverhältnisse anpassen zu können. Dazu wurden zu Beginn der Bohrungen Konditionierungstests durchgeführt, um die optimale Einstellung der Spülungszusammensetzung zu ermitteln.
Für die Rückführung der Spülung von der Pipe- zur Rigside wurde das als erstes gebohrte und eingezogene PEHD-Rohr DN 180 benutzt. Mit dieser Lösung wurden aufwendige Transporte durch die Stadt eingespart.
Zusätzliche Überlegungen mussten bei der Auswahl des Rohrmaterials für die jeweils 430 m langen Bohrlängen angestellt werden. Während die von BS|ENERGY projektierten und verlegten Fernwärmeleitungen in den anderen Baulosen als Kunststoffmantelrohrtrassen verlegt wurden, waren die bei diesen Bohrlängen ermittelten Einzugkräfte mit diesem Rohrsystem nicht zu bewerkstelligen. Zusätzlich muss die beim Betrieb der Fernwärmeleitungen entstehende Längsdehnung kompensiert werden, da innerhalb der Bohrstrecken keinerlei Kompensatoren oder Dehner eingebaut werden können. Aus diesem Grund wurde während der Planung das Ingenieurbüro Roese beauftragt, statische Berechnungen zum Einsatz von Stahlmantelrohren und die Anordnung von Dehnern im Anschluss an die Dükerstrecken durchzuführen. Im Ergebnis dieser Berechnungen sollte für die HDD-Bereiche ein Rohrsystem der FW Fernwärmetechnik GmbH in Celle, bestehend aus einem Mantelrohr 508 x 6,3, mm (P 235 GH) und einem Innenrohr 323,9 x 5,6 (P 355 N), zum Einsatz kommen. Um die Lebensdauer der Rollenlager auf Grund der Biegebeanspruchung und der während des Einzuges auftretenden Drehung des Rohrstranges nicht einzuschränken, wurde die Anzahl der Rollen und der Rollenlager entsprechend vergrößert.
Zum Schutz der PE-Isolierung vor mechanischer Beschädigung wurde zusätzlich eine GFK-Isolierung eingesetzt. Damit wurde vorbeugend auf die im geologischen Gutachten angezeigten scharfkantigen Steine reagiert.
Umfangreiche Qualitätssicherungsmaßnahmen durchgeführt
Das besondere Augenmerk von BS|ENERGY wurde mit Unterstützung der Moll-prd bei Planung und Bauausführung der Fernwärmedüker auf ein Qualitätsmanagement gerichtet, welches bewusst „Hosenträger und Gürtel“ zuließ. Das „worst-case – Szenario“ eines leck geschlagenen Stahlmantelrohrsystems mit eventuellem Verlust der Isolationsfähigkeit des Ringraumes auf Grund von Material- oder Schweißnahtfehlern oder der Fall des Funktionsverlustes einiger Rollenlager zwischen den Medien- und Mantelrohren auf Grund von Überbeanspruchungen beim Einziehen der Rohrstränge bedingt durch zu enge Biegeradien, galt es in jedem Fall zu verhindern. Eine hypothetische Reparatur im Überschwemmungsgebiet des Landschaftsschutzgebietes in 7 – 10 m Tiefe an der dann zunächst aufwändig lokalisierten Schadstelle des vorgespannten Stahlmantelrohres wäre nicht die wünschenswerteste Aufgabe eines unter Kosteneinsparungsdruck stehenden Projektplaners oder Netzbetriebsleiters. Hinzu kämen die nicht auszuschließenden Versorgungsstörungen.
Die Durchführung der Qualitätssicherungsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr und Risikominimierung sind in jedem Fall gerechtfertig durch die hohe Priorität und Versorgungswertigkeit des Fernwärmedükers sowie durch die Pflicht, eine Anlage dieser Größenordnung im Betrieb grundsätzlich überwachen und kontrollieren zu müssen. Tatsächlich konnten trotz des Aufwandes auf höchstem Niveau sehr erträgliche Qualitätssicherungs- und Überwachungskosten erreicht werden.
Die vorab sorgfältig geplanten Ablaufbahnen, die vorgegebenen und kontrollierten Biegeradien, die Qualitätsnachweise des verwendeten Rohrsystems im Vorfeld sowie die bei der Herstellung durchgeführten Schweißnaht- und Rohrisolationsprüfungen inkl. Dokumentationen wurden strikt nach den Normen und Richtlinien durch Bauleitung, Betriebsfachpersonal und unter zusätzlicher Aufsicht und der langjährigen Erfahrung eines Gutachterbüros für Materialprüfung von Werk-
stoffen und Produktionstechnik durchgeführt. Im Einzelnen sind in vollem Umfang Durchstrahlungsprüfungen, Ultraschallprüfungen, Vakuumbrillenprüfungen der Schweißnähte und Wandstärken sowie Wasserdruckproben auf Dichtheit der Teilstränge und des Gesamtsystems durchgeführt worden.
Kathodisches
Korrosionsschutzsystem
Zusätzlich wurde nach Herstellung und Einzug der Dükerstränge ein aktives kathodisches Korrosionsschutzsystem (KKS) für das Stahlmantelrohrsystem ausgewählt und installiert. Auch die nicht ganz auszuschließenden Beeinflussungen der Stromüberlandleitungen sowie auf Grund der im Labor ermittelten hohen Beton- und Stahlagressivität des Baugrundes wurde hiermit Rechnung getragen. Mit Hilfe von Opferanoden und einer aktiven Stromeinspeisung wird der Düker auch bei eventuell erst später auftretenden Isolationsfehlern dauerhaft geschützt. Die Wirkung basiert dabei auf der Verschiebung des Rohr-Boden-Potenzials (System Metall/Elektrolyt) mit Hilfe einer definierten Gleichstromeinspeisung hin zu negativen Werten, um somit die Korrosion am Metall dauerhaft zu verhindern.
Die bauseitige Umsetzung der geplanten Maßnahme wurde an die Firma PRT-Rohrtechnik Spenge GmbH vergeben. Für den HDD-Teil wurde die Firma Bohlen und Doyen aus Wiesmoor als Subunternehmer gebunden. Während der Baudurchführung zeigte sich, dass durch konsequente Umsetzung der Vorgaben und Beachtung der Hinweise aus der Planung die Verlegung der Fernwärmeleitungen relativ reibungslos realisiert werden konnte. So wurde die Durchführung der HDD-Bohrungen mit Pilotbohrung, zwei Aufweitungen und einem Check-Trip fast lehrbuchmäßig realisiert. Der komplikationslose Einzug der Stahlmantelrohrleitungen über ca. 5 Stunden mit maximal 40 t Zugkraft zeugte von der sauberen Vorbereitung des Bohrkanals. Erwähnt werden soll an dieser Stelle auch die Steuergenauigkeit der Pilotbohrungen. Selbst die anspruchsvolle Bohrung mit horizontalen und vertikalen Radien konnte mit seitlichen Abweichungen unter einem Meter an ihr Ziel gesteuert werden. Dass hierbei auch die Einhaltung der zulässigen Biegeradien gewährleistet war, wurde von der Moll-prd mittels eigener, AN-unabhängiger Software überwacht und kontrolliert.
Abschließend kann aus Sicht des Bauherrn BS|ENERGY und des planenden und bauleitenden Büros, der Moll-prd mit großer Zufriedenheit auf das gelungene Projekt zurück geschaut werden. Dabei sind insbesondere alle besonderen Anstrengungen, das uneingeschränkte Vertrauen, die Motivation, das Know How und das Fair Play aller am Bau beteiligter Firmen, der Fachabteilungen des Bauherrn sowie die konstruktive Begleitung der Genehmigungsbehörden positiv in den Vordergrund zu stellen. Trotz der zeitlich eng bemessenen Fertigstellungsvorgabe bei Beauftragung durch den Kunden und dem Erfordernis einen geschützten Naturraum zu durchqueren, konnte eine erfolgreiche bauliche Umsetzung gefeiert werden.n