Fremdwasserbekämpfung durch Schachtsanierung
Fremdwasser im Kanalnetz - das ist weit überwiegend Grundwasser, das durch tief gelegene, undichte Netzelemente ins System eindringt. So auch in Borchen im Paderborner Land. Hier hat man sehr gut im Blick, dass „undichte Netzelemente“ nicht nur defekte öffentliche und private Leitungen meint, sondern auch die zugehörigen Revisionsschächte.
Problem Fremdwasser
Revisionsschächte bieten nicht nur dem Personal der Abwasserbetriebe Zugang zum Abwasserkanalisationssystem, sondern auch dem Grundwasser – falls sie nämlich undicht sind, was aber bei einem leider hohen Prozentsatz der Schächte der Fall ist. Eine wirklich ganzheitlich angelegte Kanalsanierungs- und Fremdwasserbekämpfungsstrategie kann also die Schachtproblematik nicht ausblenden. Das weiß man auch in Borchen, einer 13.000-Einwohner-Gemeinde im Umland von Paderborn, deren Abwasserbetrieb im Mischentwässerungsbetrieb 12 Kilometer Kanäle und die rund 240 zugehörigen Schächte betreibt. So mancher Strang des Abwassernetzes liegt zumindest temporär im Grundwasser. Das macht sich messbar bemerkbar, und zwar am Zulauf der Borchener Kläranlage. Hier kommt seit Jahren deutlich mehr Wasser an, als die Stadtwerke an die Verbraucher abgeben – und mehr, als die Kläranlage hydraulisch verkraften kann.
Ganzheitliches Sanierungskonzept
Der hohe Fremdwasseranteil im Schmutzwassernetz war für die Abwasser-Verantwortlichen nicht länger tolerierbar und Grund zum Handeln. In insgesamt sechs Abschnitten soll seit 2012 das Fremdwasserproblem durch konsequente Sanierung der undichten Kanäle, Schächte und Anschlussleitungen gelöst werden. Das ganzheitlich angelegte Konzept zur Fremdwassersanierung erarbeitete das Ingenieurbüro für Siedlungswasserwirtschaft, Lippstadt, in Kooperation mit dem Abwasserbetrieb der Gemeinde Borchen. Insgesamt stehen in Borchen 240 Revisionsschächte zur Dichtheitsprüfung und -soweit undicht- zur Instandsetzung an. Die ersten Dichtheitsprüfkampagnen haben ergeben, dass die Schächte durchaus maßgeblich zur Fremdwasserproblematik in Borchen beitragen.
Spezialfahrzeug macht den Unterschied
Im aktuellen Projektabschnitt im Sommer 2015 wurden rund 50 Schächte im Stadtteil Etteln durch die Blomberger Niederlassung der Swietelsky-Faber GmbH Kanalsanierung grundgereinigt und saniert. Das Unternehmen setzte sich in der öffentlichen Sanierungsausschreibung (Kanal- und Schachtsanierung) gegen den Wettbewerb durch. Eine maßgebliche Rolle dabei spielte der Einsatz eines neuartigen, jüngst in Betrieb genommen Schachtsanierungs-Spezialfahrzeugs der HDT Hochdruck-Dosiertechnik GmbH, eines Tochterunternehmens der MC Bauchemie, Bottrop. Mit diesem Fahrzeug und seiner hoch modernen Ausstattung können nicht nur die Vorgaben des RSV-Merkblattes 6.2 „Schachtsanierung“ in puncto Untergrundvorbehandlung und Sanierung von A-Z realisiert werden.
Als Tochterunternehmen der MC Bauchemie setzt HDT die Praxiserfahrungen des Herstellers von Schachtbeschichtungssystemen in moderne Verfahrenstechnik für die Schachtsanierung um. Was dabei heraus gekommen ist, ist die „manhole rehabilitation technology“ (MRT) und ein 15-Tonnen-Baufahrzeug, auf dem MRT beheimatet ist. Die automatisierte Arbeitsweise dieses Verfahrens bringt nicht nur qualitative Fortschritte bei Vorbereitung und Oberflächensanierung, sondern auch zeitliche und somit wirtschaftliche Vorteile für das ausführende Unternehmen. Stolzer erster Kunde des Maßstäbe setzenden Fahrzeuges war im Frühjahr 2015 die Swietelsky-Faber GmbH Kanalsanierung, Niederlassung Blomberg. Kaum auf dem Betriebshof angekommen, war das Fahrzeug praktisch rund um die Uhr voll ausgelastet. Nach einem Großeinsatz in Kassel ist es derzeit im Borchener Ortsteil Etteln aktiv, der im Borchener Fremdwasser-Sanierungsprogramm hohe Priorität genießt.
Modularer Aufbau
Die patentierte MRT-Technologie setzt sich aus drei Modulen zusammen: Die Control Unit ist für die automatische Steuerung der beiden anderen Einheiten, der Blasting Unit und der Spinning Unit zuständig. Dank der Control Unit ist MRT so weit automatisiert, dass Schachtbauwerke bis zu einer Tiefe von 25 Metern vollständig ohne „Mann im Schacht“, aber zugleich in höchster und gleichmäßiger Qualität gereinigt und beschichtet werden können. (In Borchen hat Swietelsky-Faber allerdings Schächte von „nur“ bis zu 4 Metern Tiefe vor sich.) Das Personal -drei Mitarbeiter auf dem Swietelsky-Faber-Fahrzeug- regelt, am Schacht stehend, die Arbeit von Blasting Unit und Spinning Unit per Fernbedienung.
Die Blasting Unit ist laut HDT-Verkaufsleiter Peter Markolwitz das eigentlich innovative Element des MRT-Verfahrens. Eine bei kontrollierter Drehzahl rotierende Düse schleudert ein Granulat-Wasser-Gemisch mit 500 bar Druck an die Schachtwände, während sich die Automatik die Blasting Unit gleichmäßig im Schacht senkt und hebt. Dadurch kann eine überall gleichmäßige Abtragswirkung auf der Kanalwand gewährleistet werden. Radial ausfahrbare, rollenbestückte Widerlager auf der Schachtwand sorgen dafür, dass die Blasting Unit sich während des Strahlvorgangs nicht zu unkontrollierten Bewegungen im Schacht aufschaukeln kann. Das eingetragene Granulat wird in einer Folienwanne auf der Schachtsohle aufgefangen und vollständig zur Oberfläche rückgeführt, statt via Kanalisation in die Kläranlage zu gelangen.
Schachtsanierungskonzept
Die Beschichtung des Schachtkörpers mit der MRT-Technik ist nur ein Teil der ganzheitlichen Sanierung der Borchener Schächte: Wo erforderlich, geht der Beschichtung die Abdichtung der Schächte gegen eindringendes Grundwasser durch Injektionen voraus, und in einigen Fällen wird im Zuge der Sanierung auch eine defekte Schachtsohle durch Einbau eines neuen Gerinnes und einer neuen Berme saniert.
Sobald die Schachtwand auf die zulässige Restfeuchte abgetrocknet ist, schlägt die Stunde der „Spinning Unit“: die eigentliche Beschichtung mit dem Spezialmörtel Ombran MHP-SP kann beginnen. Auch die Spinning Unit hängt am Ausleger-Arm des Fahrzeuges im Schacht, ohne zu pendeln. Der Ausleger ist bis zu 3,70 Meter ausfahr- und zudem seitlich verschwenkbar, so kann die MRT-Technik auch in schwierig anfahrbarer Örtlichkeit eingesetzt werden, etwa, wenn sich der Schacht seitlich der Fahrbahn in einer Böschung befindet. Der rotierende Schleuderkopf der Spinning Unit wird über einen Druckschlauch aus dem Fahrzeug heraus mit dem spritzfähigen Mörtel beschickt. Der Mischvorgang erfolgt in einem Zwangsmischer. Damit ist die für den Beschichtungsvorgang notwendige Materialqualität jederzeit gesichert. Während die rotierende Spinning Unit mit gleichmäßiger Geschwindigkeit im Schacht auf und ab fährt, baut sie eine gleichmäßige Schichtstärke im gesamten Schachtumfang auf. Das bei Spritzvorgängen beobachtete Phänomen des Spritzschattens an Schachteinbauten wie Auftritten wird dadurch gekontert, dass sich bei jedem Richtungswechsel des Schleuderkopfes in der Vertikalachse die Drehrichtung der Spinning Unit ändert. An solchen prozesstechnischen Feinheiten merkt man: Diese Technologie ist von den HDT-Technikern bis ins Detail aus praktischen Erfahrungen in der Schachtsanierung heraus entwickelt worden. Nur ein einziger Aspekt der MRT-Technologie kam in Borchen bislang nicht zum Einsatz, wenngleich das Fahrzeug bereits entsprechend ausgestattet ist: Mit dem sogenannten „HS Coating Head“ können chemisch hoch resistente, kunststoffbasierte Beschichtungssysteme der MC Bauchemie in solchen Schächten appliziert werden, die Säureangriffen infolge biogener Schwefelsäure-Korrosion ausgesetzt sind -in Borchen besteht hierfür bislang allerdings keine Notwendgkeit.
Praktische Erfahrung brachte in Borchen nicht nur die Fahrzeug -Technologie mit, sondern auch die Bediener des Fahrzeugs: Die Mitarbeiter von Swietelsky-Faber, die mit der MRT-Technik arbeiten, sind durchwegs erfahrene Schacht- und Bauwerksanierer. Für die professionelle Bedienung der MRT-Anlage hatten sie zuvor allerdings noch eine Sonderschulung bei HDT absolviert.
Swietelsky-Faber GmbH Kanalsanierung