Härtere Beton-Argumente gegen steigende Belastungen
Zunehmender Schwerlastverkehr führt zu immer häufiger auftretenden Schäden an bituminösen Verkehrsflächen. Kein Wunder, schieben sich an manchem Verkehrsknoten täglich tausende Lkw über die Fahrbahnen. Gerade entlang von Autobahnen und hier in der Nähe von Rasthöfen oder Gewerbe- und Industriegebieten ist die Frequenz schwerer Fahrzeuge sehr hoch.
Dies ist auch der Grund, der die zuständigen Behörden für den Straßenbau, vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung über die Regierungspräsidien bis hin zu den Straßenbauämtern, zum Umdenken und Handeln zwingt. Eine Alternative zu bituminösen Verkehrsflächen bildet der Einsatz von Beton. Die dabei entstehenden Mehrkosten bei der Erstellung werden durch die längere Lebensdauer und die geringeren Reparaturaufwändungen ausgeglichen. Dieses Argument überzeugte auch das Regierungspräsidium Tübingen, Referat 47.2 Straßenbau Mitte. Als Bauherr einer Umbaumaßnahme am Autobahnanschluss Ulm-Ost bei Seligweiler entschied man sich für den Einsatz von Beton in einem besonders stark frequentierten Bereich. Mit der Schaffung eines Kreisverkehrs aus dem zementbasierten Baustoff soll hier in Zukunft der Verkehrsfluss reibungsloser erfolgen und die kreuzungsfreie Verbindung von Autobahn A8, Bundesstraße B19, dem Autohof Seligweiler/Ulm und weiteren Verbindungen sichern. Mit 60 Metern Durchmesser zeigt alleine die Größe des Kreisverkehrs seine Sonderstellung an. Er muss die Last sämtlicher Fahrzeuge aufnehmen, die von der A8 abfahren und zum Autohof, zum benachbarten Hotel oder weiter auf die Bundesstraße 19 wollen.
Zwei Varianten, zwei Baustoffe
Neben dem großen Kreisverkehr mit seinen 60 Metern Durchmesser wird ein zweiter mit 40 Metern erstellt. Diesen lässt der Bauherr allerdings bituminös ausführen. Hintergrund ist eine wesentlich geringere Belastung durch Fahrzeuge, insbesondere durch den Schwerlastverkehr. Laut Hartmut Geiger vom Regierungspräsidium Tübingen sei die Entscheidung beide Kreisverkehre in unterschiedlicher Bauweise und mit unterschiedlichen Baustoffen zu erstellen, auf der Basis des zu erwartenden Verkehrsaufkommens getroffen worden. Deshalb konnte man unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit den stärker belasteten Kreisel nur mit Beton ausführen. Die höheren Baukosten, die dabei entstehen, würden sich aufgrund der höheren Belastbarkeit und der längeren Lebensdauer der Verkehrsfläche lohnen, so Hartmut Geiger weiter.
Kreisverkehre aus Beton sind in Deutschland noch immer eher Seltenheit. In der Schweiz und in Österreich dagegen werden stark belastete Kreisel sehr häufig mit diesem Baustoff realisiert. Hierzulande begann man erst 2005 mit der Umsetzung von Beton-Kreiseln und hat gute Erfahrungen gemacht. Gerade die bei Kreisverkehren auftretenden Kräfte wirken sich auf Beton nicht so stark aus wie auf Asphalt – vor allem an warmen Tagen. Verdrückungen, Schäden durch Scherspannungen oder Schubdrücke sind nicht mehr oder nur sehr selten zu sehen. ↓
Fugen für längere Nutzung
Damit der an sich steifere Baustoff Beton gegenüber dem „elastischeren“ Asphalt bei der Lebensdauer tatsächlich vorne liegt, bedarf es konstruktiver Maßnahmen. Unternehmen wie die HeidelbergCement AG mit ihrer Tochter Heidelberger Beton GmbH forschen deshalb intensiv an der bestmöglichen Konstruktion. Das Ergebnis dieser Forschungen ist auch in Ulm/Seligweiler zu sehen. Zunächst einmal werden dort die Zufahrtsarme vom eigentlichen Teller des Kreisverkehrs vollständig getrennt. Nur so können die jeweiligen Bauteile ausreichend die entstehenden Lasten und die Verformungen durch Hitze und Kälte aufnehmen und ableiten. Zudem sorgen geschnittene Dehnfugen in den Betonoberflächen, die später elastisch verfüllt werden, dafür, dass ausreichend Bewegungsraum für die Ausdehnung der Bauteile vorhanden ist. Sie werden durch weitere, geschnittene Fugen sowie Raumfugen, die nur gefräst werden, ergänzt. Sie helfen ebenfalls eine ungewollte Rissbildung durch Spannungen zu vermeiden. Diese würden entstehen, wenn nicht ausreichende Möglichkeiten zur „Bewegung“ der Bauteile vorhanden wären.
Neben den Fugen und der Trennung von Armen und Teller ist auch der Beton selbst ein wichtiger Aspekt für die Lebensdauer eines Betonkreisels. Wie alle Betone für den Einsatz auf Verkehrsflächen unterliegen diese einer strengen Kontrolle und müssen später eine geschlossene und dichte Decke ergeben. An der A8 bei Ulm wurde ein Beton nach dem Regelwerk „Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton“ (ZTV Beton-StB 07) für den Betonstraßenbau verwendet. Die rund 750 m3 Beton lieferte das Betonwerk der Heidelberger Beton Donau-Iller GmbH & Co. KG. Dabei achteten die Fachleute vor Ort wie bei allen Verkehrsflächen sehr auf die Güte des in Transportmischern gelieferten Baustoffs. Unter der Federführung der Betotech GmbH & Co. KG Bodensee-Oberschwaben aus Elchingen wurde die erforderliche Betonrezeptur entwickelt, auf Eignung geprüft und während der gesamten Betonage permanent auf deren Konsistenz sowie den Luftporengehalt hin überprüft. Der exakte Luftporengehalt ist wesentlich für die Frostbeständigkeit von Betonflächen, da er als Spannungs- und Bewegungspuffer gegen Rissbildungen wirkt. Um zudem dem hohen Abrieb an der Oberfläche durch den Schwerlastverkehr entgegen zu wirken, wurde in der Betonrezeptur ein hoher Anteil an gebrochener Gesteinskörnung berücksichtigt.
Einbau vor Ort
Nach der Prüfung der Stichproben wurde der Beton in Ulm von den Mitarbeitern der Strabet GmbH, Spezialisten für die Erstellung von Fahrbahnflächen aus Beton und vom Generalunternehmer Eckle GmbH beauftragt, in eine Schalung eingebracht, die auf einer Asphaltschicht montiert wurde. Anschließend erfolgte eine Vorverdichtung des Baustoffs mit Innenrüttlern. Diesem Vorgang ist eine hohe Aufmerksamkeit zu schenken, da vorhandene Dübel für die Verbindung mit dem Untergrund oder andere Bauteile nicht verschoben oder beschädigt werden dürfen. Anschließend erfolgte in Ulm wie üblich eine Nachverdichtung sowie ein Abschluss mittels Rüttelbohle, um die gewünschte, geschlossene und dichte Betondecke zu erhalten. Bei Bedarf wurde mit Hand nachgeglättet.
Um eine griffige Textur zu erhalten, versah man die Fahrbahnoberfläche in Ulm abschließend mit einem Besenstrich. Dieser wurde rechtwinklig zur Fahrtrichtung gezogen. In diesem Verfahren erstellten der Generalunternehmer Eckle GmbH als Teil der Klaus Gruppe sowie die für den Betonbau zuständige Firma Strabet zuerst den Teller und anschließend die sechs Anschlussarme des Kreisverkehrs. Die sechs Arme führen übrigens zur Auf- und Abfahrt der A8 bei Ulm-Ost, zur B19 nach Ulm, zur Landesstraße 1079 nach Langenau, auf den Parkplatz des Autohofs mit Hotel, in den Weitfelder Weg nach Thalfingen sowie zum Weiler St. Moritz.
Der große Kreisel gehört ebenso wie der kleinere, rund 40 Meter messende, bituminöse Kreisverkehr zum Um- und Ausbau der A8 in diesem Bereich. Hierzu zählen auch eine neue, 2012 fertig gestellte Brücke über die A8 sowie später der sechsspurige Ausbau der Autobahn.
Klare Gründe für Beton
Der beschriebene, große Kreisverkehr ragt dabei etwas aus den anderen Baumaßnahmen heraus. Kreisel aus Beton sind wie erwähnt noch keine Selbstverständlichkeit. Ein Umstand, der sich nach und nach ändern dürfte. Denn zum einen zeigen die positiven Beispiele und Erfahrungen aus Österreich und der Schweiz, dass Langlebigkeit und wenig bis kein Bauunterhalt die höheren Baukosten aufwiegen. Und zum anderen müssen unsere Straßen für eine weitere Zunahme an Fahrzeugen und vor allem an Schwerlastverkehr fit gemacht werden. Dies kann unter anderem mit dem Einsatz von Beton auf Fahrbahnflächen, in Kreuzungsbereichen oder Kreisverkehren geschehen. Immer dann also, wenn zu einer hohen Frequenz an Fahrzeugen besondere Belastungen wie Temperaturschwankungen, häufiges Anfahren und Abbremsen oder Lenkbewegungen und damit Querkräfte kommen.