Langanker im HDD-Verfahren

Seit vielen Jahrzehnten gibt es eine bewährte Ankerbohrtechnik für vorübergehende und dauerhafte Gebirgsanker zum Sichern von Felswänden oder Hohlräumen. Diese Ankerbohrtechnik nutzt ein in der Regel lange Felsbohrgestänge, die schlagend und drehend in den Fels getrieben werden. Dies geschieht ohne Verlaufssteuerung, jedoch in einer vorher angelegten Raumorientierung und es geschieht in der Regel mit nicht allzu langen Bohrstrecken. Unter besonderen Gebirgssituationen sind jedoch Langankerungen mit Seilankern oder Ankerstählen angebracht. Ein neuer Weg solche langen Anker vollkommen verlaufsgesteuert ins Gebirge einzubringen, wird nachfolgend vorgestellt.

Anker zur Damm- und Deichsicherung
Eine Anwendung, in der verlaufsgesteuerte Bohrungen mit Ein- und Austrittspunkt benötigt werden, ist die Sicherung von Hochwasserschutzdeichen sowie von Dammlagen auf denen Verkehrswege geführt werden. Um Hochwasserschutzdeiche schnell vor einem herandrückenden Hochwasser zu schützen, kann es sinnvoll sein, die Deichflanken mit großen Ankerplatten zu sichern, die auf der Gegenseite des Deiches eine Verspannung wiederum mit Ankerplatten und verbindenden Seilankern erhalten. Dies macht insbesondere Sinn, wenn Schutzpackungen auf der Hochwasserseite des Deiches nicht mehr vollflächig und in der gebotenen Zeit aufgebaut werden können. Ankerplatten sind schnell verlegt, die Durchbohrung des Deiches und die Verkonterung dieser Platten auf der Gegenseite sind relativ schnell herzustellen. Die Schutzseite mit Ankerplatten kann mit Folien oder Geotextilbewehrungen belegt werden, so dass andrückendes Hochwasser nicht in den Deich eindringen kann. Die Sicherung mittels Ankerplatten, welche überlappend verzahnen oder ineinander verhakend konstruiert sein können, sorgt auf alle Fälle dafür, dass ein Eindrücken von Wassermassen in den Deich nahezu nicht mehr geschehen kann.

Bei Dämmen, die Verkehrswege tragen (Straßen, Eisenbahnlinien etc.) kann es erforderlich sein, dass beim Ausbau dieser Verkehrswege oder bei Unterfahrung dieser Verkehrswege, Sicherungen der Dammflanken erfolgen müssen. Diese Sicherung kann durch Spundwände, Bohlenverbauwände, Betonplatten u.ä. erfolgen. Entscheidend ist, dass während der Baumaßnahme der Verkehrsweg gegen Abrutschung oder Ausbruch gesichert wird

Auch hier ist ein verlaufsgesteuertes Durchbohren des Dammes sinnvoll, um die Verbausicherung der anderen Seite über eine Ankerverbindung zur Gegenseite mit dort errichteten Sicherungselementen zu verbinden und abzuspannen. Besonders bei vorübergehenden Baumaßnahmen, z. B. bei Straßendämmen oder Bahndämmen, wenn eine Verbreiterung des Verkehrsweges erfolgt oder insbesondere wenn eine Unterquerung des Verkehrsweges nötig ist, ist die Flankensicherung durch vorübergehende oder dauerhafte Verankerungen vorzunehmen. Der Vorteil der verlaufsgesteuerten Horizontalbohrtechnik (HDD) liegt darin, dass nicht nur der Eintrittspunkt der Bohrung in den Damm genau definiert und angesteuert werden kann, sondern dass auch der gesamte Bohrungsverlauf permanent kontrolliert und verlaufsgesteuert durchgeführt werden kann und somit auch der Punkt zur Gegensicherung exakt erreicht und eingehalten wird. Die durchgehende Verbindung kann somit entsprechend den vorhergehenden Berechnungen in der Solllage genau ausgeführt werden.

Foto 3 zeigt die temporäre Sicherung eines breiten Bahndammes mit recht vielen Gleisen an dem eine Seite des Bahndammes wegen eines Unterfahrungsportals vorübergehend gespundet und danach abgetragen wird. Hier musste der Bahndamm auf voller Breite und in verschiedenen Niveaus mit Ankerplatten auf der Gegenseite des Dammes und mit zielgenauen Langankern dazwischen gesichert werden. Zur Ausführung der Bohrungen wurde eine Grundodrill 20 S – Bohranlage eingesetzt (20 t Vorschub und Rückzugskraft), mit der im schwierigen Dammschüttungsmaterial und in dem darunter liegenden groben natürlichen Boden lagegenaue HDD-Bohrungen in einem vorgegebenen Raster ausgeführt wurden. Die Stützung dieses Dammabschnittes erfolgte auf einer Baubreite von ca. 30 Metern. Es wurden 4 Lagen durchgehender Langanker übereinander gesetzt. Die Ankerplattengröße der Gegensicherung des Spundwandverbaus betrug jeweils 1,2 x 1,2 m.

Die Bohrungen erfolgten unter laufendem Bahnverkehr, der in einem recht dichten Takt darüber verlief. Lediglich in der Phase des Vortriebs der Pilotbohrung waren Ortungen des Bohrkopfsenders vom Schienenweg aus erforderlich. Streckenposten der Bahn sicherten dem Bohrmeister den Ortungsweg des Bohrkopfes, wobei die Bohrungen recht schnell unter dem Damm durchgeführt werden konnten. Die Pilotbohrung wurde im Wesentlichen in die verkehrsarme Zeit verlegt, während der Einzug des Ankerstahls unabhängig von der Zugfrequenz im Rückwärtsgang durch das Bohrloch erfolgte. Lediglich die unterste Lage des Sicherungsankers wies bohrtechnische Probleme auf, da grobe natürliche Gerölllagen im Untergrund anstanden. Diese Grobgerölle von über einem halben Meter Länge wurden zum Teil bohrtechnisch umsteuert, zum Teil konnten die Bohrungen mit dem Lockergesteinsbohrkopf hier nicht mehr durchgeführt werden. Die Sicherung des Dammes erfolgte dann über ein anderes Bauverfahren.


Lange Felsanker an Felsaufbrüchen

In manchen Regionen sind lange Trennklüfte in Felsvorkommen vorhanden, die auf einer Steilböschungsseite nicht mehr mit üblichen Ankerlängen gesichert werden können. Bei manchen Felsvorkommen, die reliefbetont über die Umgebung hinausragen, ist es auch wiederum sinnvoll, diese Felshochlagen komplett zu durchbohren, um sie von zwei Seiten mit Ankerplatten sichern zu können. Insbesondere Burgfelsen oder herausstehende Felstürme oder Felsnadeln bedürfen oft einer durchgehenden Ankersicherung. Auf diese Weise kann das verwitterungsbedingte und schwerkraftbedingte Aufklaffen von Trennklüften zum Stillstand gebracht werden. Lange durchgehende Anker sind bei solchen herausgehobenen Felsaufbrüchen der technisch elegantere Sicherungsweg, zumal gegenüber konventionellen Gebirgsankern in der Summe die Anzahl an notwendigen Ankern und die insgesamt notwendigen Ankerlängen reduziert werden können.

Lange Anker ins tiefe
anstehende Gebirge

In bestimmten geotechnischen Situationen sind lange Anker erforderlich, die weit ins anstehende Gebirge hineinreichen. Dies ist zum Beispiel bei großen Felsböschungen der Fall, deren Trennflächengefüge oder deren Verwerfungsinventar so strukturiert ist, dass sich sehr hohe Böschungsflanken ablösen können. Bei solchen Böschungsabgängen können Verkehrswege oder Flüsse schwer beschädigt, zerstört oder blockiert werden. Mit normalen Gebirgsankern sind solche Felsböschungsflanken nicht zu stabilisieren. Lange Anker mit über 100 m Länge können hier erforderlich sein um von vorne herein möglichen Ablösungstendenzen am Fels entgegenzuwirken. Der Vorteil der HDD-Bohrtechnik zur Einbringung solcher Anker liegt nicht nur in der Verlaufssteuerung des Ankerweges, sondern vor allem auch in der bewussten Anordnungsmöglichkeit der gewünschten Geometrien. Mit der HDD-Bohrtechnologie können bewusst vorher bekannte tektonische Mürbezonen, zum Beispiel Ruschelzonen, im definierten Winkel durchfahren werden, ohne dass es zu ungeplanten Auslenkungen der Anker in instabile Bereiche hinein kommt. Mit der HDD-Technologie können gezielt Zonen geringerer Festigkeit, bestimmter Gesteinspartien, definierte Hindernisse, umsteuert und umfahren werden, um die Anker im wirklich festen und tragfähigen Gebirge zu platzieren.

Lange Ankerungen mit
geringen Gradienten 

Für unterirdische Felsbauwerke, wie Tunnel, Kavernen oder Galerien, aber auch für steile Felsböschungen mit instabilen Elementen, können lange Ankerungen mit gezielt gesetzten, flachen Kurvenbahnen wertvolle Stabilitätsdienste leisten. Je nach strukturgeologischem Inventar der Felsvorkommen kann es sinnvoll sein, genau entgegen möglicher aufgehender Trennflächengefüge die Anker gezielt so zu setzen, dass ein Dauerzug entgegen möglicher Entlastungswirkung installiert wird. Der Vorteil der HDD-Technologie liegt nicht nur in der Richtungskontrolle der Bohrung, sondern auch in der steuerungstechnischen Möglichkeit, geringe durchhaltende Gradientenlinien zu erbohren. Der Anker sitzt exakt in der Spur und in der gewünschten Neigung, in der er zur bestmöglichen Festigung im Gebirge sitzen soll.

Langankerungen zur Gebäudesicherung

Große Ingenieurbauwerke wie Brückenpfeiler, Bogenstaumauern, Brückenwiderlager oder sonstige Bauwerke im Gebirge sollten eine möglichst enge Verbindung mit dem sie tragenden Gebirge eingehen. Manche Ingenieurbauwerke wurden zu Zeiten errichtet, in denen für Ankerbohrungen noch nicht so große technische Möglichkeiten bestanden wie heute. Im Laufe der Zeit haben Bewegungsmessungen in solchen Ingenieurbauwerken ergeben, dass nicht immer der Verbindungsschluss vorhanden ist, der ursprünglich gewünscht oder errechnet wurde. Mit der HDD-Technologie bestehen nun beste Möglichkeiten nachträglich mit langen Ankern festere Ankopplungen an das tragende Gebirge zu erreichen. Bei Neubauprojekten sind heutzutage vor den Fundamentierungsarbeiten in lange geometrische, exakt gerechnete Ankerbohrungen so in den Fels hineinsetzbar, wie sie wirklich sein sollen und wie sie auch eine optimal tragende Wirkung aufbauen können.

Zusammenfassung

In all jenen Anwendungen, in denen lange Gebirgsanker von der Bergflanke vom Bergfuß, vom Bergein- oder –anschnitt oder von einem Felshohlraum gesetzt werden müssen und eine gezielte und exakte Lage des Ankers erreicht werden soll, sind auch mittels Horizontalbohrgeräten Anker ins Erdreich einbringbar. Der besondere Vorteil der Horizontalbohrtechnik liegt darin, dass permanent verlaufsgesteuert und damit exakt verfolgbar gebohrt werden kann. Mit der HDD-Technologie sind zudem bei Bedarf berechnete Kurvenverläufe und sehr lange Ankerbohrungen möglich. Für kurze gradlinige Ankerungen ist weiterhin die bisherige Ankersetzmethode des ungesteuerten Bohrens der wesentliche Weg. Lange, komplexe verlaufs-, verfolgbare und exakt lageorientierte Anker kann man besser mit der HDD-Technologie realisieren. n

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