SANIERUNG HOCHREGALLAGERFASSADE

Langfristige Lösung

Die Betonfassade eines Hochregallagers aus den 1970er Jahren im Aluminiumwalzwerk der Hydro Aluminium GmbH in Grevenbroich war wegen sichtbaren Schäden in den Fokus der Verantwortlichen geraten. Das Ingenieurbüro Bernd Richter (ibr) aus Roetgen stellte bei einer Bauwerksuntersuchung umfangreiche Schäden fest, die die Dauerhaftigkeit der Konstruktion und die Verkehrssicherheit der Fassade stark beeinträchtigten.

Eine Gefährdung von Personen durch herabstürzende Betonteile konnte ebenso wie eine langfristige Gefährdung der Standsicherheit nicht ausgeschlossen werden, so das Fazit. Für die umfassende Bestandsaufnahme und Bauwerksuntersuchung stand ein Autokran mit 60 m langem Mast und Personenkorb zur Verfügung, mit dem die bis zu 33 m hohe, in Gleitschalungsbauweise erstellte Betonfassadenfläche streifen- oder segmentweise abgefahren werden konnte. Um Fehlstellen und Hohllagen zu ermitteln, wurde dabei die gesamte Fassade abgeklopft.

Durch die Untersuchung der Betonüberdeckung der Bewehrung mit einem Bewehrungssuchgerät erhielten die Prüfer in einem zerstörungsfreien Verfahren Informationen zu Lage und Durchmesser von Bewehrungsstählen bis zu einer Tiefe von 60 mm. Hinweise zum Ausmaß der Korrosion und zum Zustand der Bewehrungsstähle ergaben sich durch Sondierungsöffnungen an repräsentativen Stellen. Zur Ermittlung der Betondruckfes-
tigkeit, Rohdichte, Karbonatisierungstiefe sowie der Oberflächenzugfestigkeit der Fassade wurden zusätzlich Bohrkerne im Nassbohrverfahren entnommen und Prüfungen durchgeführt. Die entsprechenden Untersuchungen führte die beton consult GmbH, Institut für Baustoff und Bautechnik aus Willich durch.

Die ausführliche Bestandsaufnahme und Bauwerksuntersuchung durch Dipl.-Ing. Bernd Richter sowie Helmut Rohrmeier, beton consult, erfolgte innerhalb eines Arbeitstages. Sämtliche dabei erhobenen Befunde wurden in eine Planskizze eingetragen und fotografisch erfasst. Die Dokumentation war Grundlage für das anschließende Instandsetzungskonzept und die darauf basierende Leistungsbeschreibung. Detaillierte Angaben zur Bauwerksgeschichte, zu den verwendeten Materialien, zur Ausführung und eventuellen zwischenzeitlich durchgeführten Instandsetzungen sowie Pläne und Zeichnungen lagen nicht vor und konnten somit auch nicht in die Beurteilung einbezogen werden.

Ergebnisse der Bauwerksuntersuchung

Die Auswertung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme sowie der betontechnologischen Untersuchung ergab Schäden in Form von Betonabplatzungen, Hohllagen, losen Betonteilen, freiliegenden und korrodierten Bewehrungen und absandenden Untergründen. Betroffen waren rund 30 Prozent der 800 m² großen Gesamtfläche. Vor allem die Betonüberdeckungen der Bewehrung wurden als insgesamt nicht ausreichend eingestuft. Dabei waren die festgestellten Überdeckungstiefen sehr unterschiedlich: Gemessen wurden Werte von 0 mm (also keine Überdeckung bzw. freiliegende Bewehrung) bis zu 30 mm.

Die Untersuchungen vor Ort ergaben, dass Korrosionserscheinungen an der Bewehrung nur an jenen Stellen auftraten, die in geschädigten, also frei oder hohl liegenden Bereichen, lagen. Bei der Überprüfung der Bewehrung an den Bohrkernen, die aus offensichtlich ungeschädigten Bereichen entnommen wurden, konnte dagegen trotz geringer Betonüberdeckung der Bewehrung keine Korrosion festgestellt werden. Auch die ermittelten Betondruckfestigkeiten sowie die Oberflächenzugfestigkeiten wurden als ausreichend bewertet.

Instandsetzungskonzept

Die ausführliche Bauwerksuntersuchung war Grundlage für die Erarbeitung eines Instandsetzungskonzeptes, das die Standsicherheit sowie die Verkehrssicherheit der Fassade für einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren sicherstellen sollte. Insgesamt wurden von ibr drei Varianten zur Instandsetzung der Betonkonstruktion vorgeschlagen. Die Varianten eins und zwei beinhalteten die Bearbeitung der Schadstellen, die Wiederherstellung des alkalischen Milieus durch den flächigen Auftrag von Beton beziehungsweise Mörtel und den Auftrag eines Oberflächenschutzsystems in zwei Ausführungen gemäß Instandsetzungsprinzip R1 der Instandsetzungs-Richtlinie des DAfStb. Die beiden Varianten unterschieden sich in der Dicke sowie in den spezifischen Eigenschaften der gewählten Materialien. Nachteil beider Vorschläge war die zusätzliche Erhöhung der Eigenlast der Fassade. Außerdem bestand die Befürchtung, dass sich durch die zusätzlich aufgetragene Schicht von einer Dicke bis zu 3 cm eventuelle Anschlussprobleme im Bereich der Leitungsrohre und der Einbauten ergeben hätten.

Die dritte und aus wirtschaftlichen Gründen schließlich auch realisierte Variante umfasste die Bearbeitung der Schadstellen, die partielle Ausbesserung mit alkalischem Beton beziehungsweise Mörtel und den Auftrag eines Oberflächenschutzsystems in zwei Ausführungen zur Begrenzung des Wassergehaltes im Beton gemäß den Instandsetzungsprinzipien R2 und W der DAfStb-Richtlinie. Bei dieser Version bestand der Unterschied zu den beiden anderen Varianten hauptsächlich in der örtlichen Bearbeitung der Schadstellen und dem Auftrag eines Oberflächenschutzsystems mit geringer Rissüberbrückungsfähigkeit. Dabei wurde der Mörtel nicht flächig aufgebracht, sondern diente lediglich als Kratz- und Lunkerspachtelung. Die Gesamtschichtdicke des aufgebrachten Oberflächenschutzsystems von etwa
5 mm erhöhte der Eigenlast der Fassade nur in geringem Umfang. Auch eventuelle Anschlussprobleme im Bereich der Attika und der Einbauten mussten wegen der geringen Dicke des Schutzsystems bei der Planung nicht berücksichtigt werden.

Während bei den ersten beiden Varianten jedoch allein der flächig aufgebrachte alkalische Mörtel die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit des Gebäudes für die geplante Restnutzungsdauer erfüllt hätte, konnten diese Anforderungen bei der realisierten Sanierung nur durch das gesamte System sichergestellt werden. „Unter der Voraussetzung von regelmäßig durchgeführten Inspektionen und einer zeitnahen Beseitigung von eventuell auftretenden Schäden und Mängeln,“ erklärt Bernd Richter, „ist die dritte Variante in Bezug auf die Dauerhaftigkeit des Gebäudes gegenüber den anderen beiden Ausführungsmöglichkeiten jedoch durchaus als gleichwertig anzusehen.“ Laut des von ibr aufgestellten Instandhaltungsplanes sollen diese Untersuchungen in regelmäßigen Abständen von höchstens zwei Jahren durchgeführt und dokumentiert werden.

Schadensbehebung

Die Behebung der Schäden musste über ein Gerüst ausgeführt werden, dessen Aufbau besonderes Know-how erforderte: Es konnte nur über dem Dach eines direkt an die zu sanierende Fläche angrenzenden Vorbaus montiert werden. Da das Trapezblechdach dieses Gebäudes jedoch keine ausreichende Tragfähigkeit aufwies, wurden im unteren Bereich der zu sanierenden Fassade Wandkonsolen aus HE-A Trägern montiert und verankert, ohne das darunter liegende Dach zusätzlich zu belasten.

An der Stirnseite der Fassade wurde das Gerüst ergänzt durch einen Aufzug für den Transport von Material und Personen. Ein ganzflächiges staubsicheres Abplanen mit festen Gewebeplanen und die Ausbildung einer dichten Folienwanne am Fuße des Gerüstes und auf der Trapezblechdachfläche fungierte als Witterungsschutz während der Arbeiten und sorgte dafür, dass herabfallende Betonteile, Baustoffe oder Strahlmaterialien innerhalb des Gerüstes verblieben.

Voraussetzung für eine fachgerechte Instandsetzung ist vor allem die richtige Vorbereitung des Untergrundes. Entsprechend entfernte das ausführende Unternehmen, die Stromberg Oberflächentechnik GmbH & Co. KG aus Duisburg, zunächst alle lockeren, hohlliegenden und geschädigten Betonbereiche bis zu einer Tiefe von 80 mm und legte die Bewehrungen frei. Die gestemmten Flächen wurden gemäß Instandsetzungs-Richtlinie Teil 2, Tab. 2.5 durch Strahlen nachbehandelt. Korrodierte Bewehrungen wurden durch Strahlen gemäß DIN EN ISO 12944-4 entrostet. Auf die so vorbereitete Bewehrung erfolgte anschließend der Auftrag eines einkomponentigen, mineralischen Korrosionsschutzes. Freiliegende Stahleinlagen wurden schwingungsfrei befestigt, fehlende Bewehrungen ersetzt.

Im Anschluss wurden Schadstellen mit einem kunststoffmodifiziertem Zementmörtel (PCC) reprofiliert, der unter Druck nass in nass auf eine mineralische Haftbrücke aufgebracht, verdichtet und rau planabgezogen wurde. Der nächste Arbeitsschritt beinhal-
tete den Auftrag einer Kratz- und Flächenspachtelung sowie des Oberflächenschutzsystems OS 5a gemäß DAfStb-Richtlinie.

Eigen- und Fremdüberwachung

Die fachgerechte Ausführung der Arbeiten wird zusätzlich durch die Eigen- und Fremdüberwachung sichergestellt. Bedingung bei der Auftragsvergabe war, dass die Eigenüberwachung von der qualifizierten Führungskraft des Unternehmens geplant und von einer verantwortlichen Fachkraft mit SIVV-Schein durchgeführt wurde. Bereits bei Abgabe des Angebotes mussten sich die Bieter verpflichten, Eigenüberwachungen gemäß der Richtline (Teil 3) während der gesamten Dauer der Sanierung durchzuführen und zu dokumentieren. Die ständige Anwesenheit der SIVV-Fachkraft vor Ort war seitens des Auftraggebers vorgeschrieben. Voraussetzung für die Auftragsvergabe war außerdem die Mitgliedschaft in einer Gütegemeinschaft für Betoninstandsetzung, die ebenfalls nachgewiesen werden musste. Die Fremd-
überwachung übernahm die dafür anerkannte Prüf- und Überwachungsstelle der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauteilen.

www.betonerhaltung.com

Rita Jacobs
ist Baufachjournalistin mit eigenem PR-Büro in Düsseldorf – Rita Jacobs Public Relations und Kommunikation

Hans Joachim Rosenwald
ist Geschäftsführer der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken e. V., Berlin

30 % der 800 m² großen ­Fassadenfläche wiesen Schäden auf

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