Mangel oder Verschleiß?
Bei Bauleistungen wird der Begriff „Mangel“ häufig missverstanden. Zudem ist ein Gewährleistungsmangel vom „Verschleiß“ abzugrenzen.
Hintergrund zum Urteil
Dem Urteil lag folgender Fall zu Grunde: Nach Abnahme der Fliesenarbeiten stellt sich heraus, dass die Fugen nicht die erforderliche Konsistenz aufweisen. Es kommt zu Feuchteschäden im Bereich der Nasszellen. Dort brechen die Fugen teilweise zur Gänze heraus.
Der Auftraggeber behauptet, der Auftragnehmer habe die Fugen mangelhaft hergestellt. Der Auftragnehmer wendet dagegen ein, der Zustand der Fugen beruhe auf einer unsachgemäßen Reinigung der Fliesen. Der Auftraggeber widerspricht dieser Behauptung. Er erklärt, dass es den Auftragnehmer auch nicht entlasten würde, wenn diese Behauptung zutreffend wäre. Denn der Auftragnehmer hätte dann seiner Prüf- und Hinweispflicht nicht genügt. Danach hätte er den Auftraggeber darauf hinweisen müssen, dass eine Reinigung nur mit neutralen oder alkalischen Reinigungsmitteln möglich sei.
Zeitpunkt der Abnahme ist entscheidend
In seinem Urteil vom 25. Februar 2016 (Baurechts-Report 2016, S.13) hat der BGH dem Auftraggeber nicht Recht gegeben.
Aus der Tatsache, dass die Fugen im Fliesenbelag teilweise zerstört sind, ergibt sich noch nicht, dass ein Mangel vorliegt. Denn für die Beurteilung, ob ein Werk mangelhaft ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Abnahme an. „Mit einem nach einer durchgeführten Abnahme eingetretenen Zustand kann die Mangelhaftigkeit eines Werks allein nicht begründet werden“.
Diese Feststellung des BGH wird auch deutlich, wenn man hierzu die einschlägige Regelung in § 13 Abs. 1 VOB/B liest. Dort heißt es: „Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen“.
Prüf-und Hinweispflicht
Das BGH sah nciht, dass der Auftragnehmer seine Prüf-und Hinweispflicht verletzt hätte. Die gilt nur, wenn der Auftragnehmer etwa aufgrund der vorgesehenen Ausführung einen Mangel befürchten muss (§ 4 Abs. 3 VOB/B), nicht darum, den Auftraggeber darüber zu belehren, wie ein späterer Schaden – der erst nach Abnahme eintritt – abgewendet werden kann.
Beweislast liegt beim Auftraggeber
Das BGH dem hat dem vorinstanzlichen Gericht aufgegeben, Untersuchungen darüber anzustellen, ob der Auftragnehmer die Fugen unzureichend hergestellt hat, ob also der Mangel zum Zeitpunkt der Abnahme in seiner Ursache schon vorhanden war. Bleibt es dabei, dass hier zwei unterschiedliche Schadensursachen denkbar sind, so geht dies zu Lasten des Auftraggebers. Dieser hat nach der Abnahme die Beweislast für das Bestehen von Mängeln zu tragen.
Verschleiß
Dieses Urteil zeigt darüber hinaus, wie ein Gewährleistungsmangel vom „Verschleiß“ abzugrenzen ist. Ist eine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme mangelfrei und werden Leistungsteile erst während der Gewährleistungsfrist aufgrund ihrer üblichen Lebenserwartung mangelhaft, so liegt kein „Gewährleistungsfall“ vor. Allerdings nur, sofern die Vertragsparteien hierzu keine speziellen Abreden getroffen haben.
Gewährleistungsansprüche
Die VOB/B tut dies zum Beispiel für „Teile von maschinellen oder elektrotechnischen/elektronischen Anlagen, bei denen die Wartung Einfluss auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat“. Hier beträgt die Frist für Gewährleistungsansprüche nicht vier sondern zwei Jahre, wenn der Auftraggeber sich dafür entschieden hat, dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist nicht zu übertragen“. Dies ist kein „Systembruch“. Vielmehr wird einfach angenommen, dass solche Teile schon bei der Abnahme mangelhaft gewesen sein müssen, wenn sie vor Ablauf von zwei Jahren kaputtgehen.
Garantiezusagen
Auch darf man „Gewährleistung“ nicht mit „Garantie“ verwechseln. Garantiezusagen sind freiwillige Zusagen etwa von Herstellern von Bauteilen (zum Beispiel Betondachsteinen) mit dem Inhalt, dass sie neben den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen für ihre Produkte „Haltbarkeitsgarantien“ abgeben. Inhalt und Wert dieser Garantiezusagen ergeben sich dann in der Regel aus dem „Kleingedruckten“.