Von Mehrvergütung, Mängeln und Arbeitseinstellung
Rechtsanwalt Michael Werner vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie
kommentiert drei für die Bauwirtschaft wichtige Urteile: Zur Mehrvergütung, zur Mängelbeseitigung und zur Arbeitseinstellung bei geringfügiger Kürzung
der Abschlagsrechnung.
Mehrvergütung bei Zuschlag mit veränderter Bauzeit?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 6. September 2012 – VII ZR 193/10 -(www.ibr-online.de) Folgendes entschieden:
1. Erteilt der Auftraggeber in einem öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen den Zuschlag auf das Angebot des Bieters unter Herausnahme einzelner Leistungen, ohne dass dies in der Ausschreibung so vorgesehen ist, so liegt darin gemäß § 150 Abs. 2 BGB die Ablehnung des Angebots, verbunden mit einem neuen Angebot des Auftraggebers.
2. Enthält das neue Angebot wegen der Verzögerung des Vergabeverfahrens eine neue Bauzeit und bringt der Auftraggeber eindeutig und klar zum Ausdruck, dass er den Vertrag mit diesen Fristen zu dem angebotenen Preis bindend schließen will, kann es nicht dahin ausgelegt werden, der Zuschlag sei auf eine Leistung zur ausgeschriebenen Bauzeit erteilt worden.
3. Nimmt der Bieter das modifizierte Angebot an, muss er die Leistung in der neuen Bauzeit zu den vereinbarten Preisen erbringen.
Die Bundesrepublik hatte den Neubau einer Teilstrecke einer Bundesstraße öffentlich ausgeschrieben. Der (spätere) Auftragnehmer (AN) unterbreitete ein Angebot für rund 7,1 Mio. Euro. Die Arbeiten sollten frühestens 14 Werktage nach Zuschlagserteilung beginnen und spätestens am 31. Mai 2006 beendet sein. Die ursprünglich bis 28. Februar 2005 laufende Zuschlags- und Bindefrist wurde mehrfach einvernehmlich, zuletzt bis 15. Juni 2005 verlängert. An diesem Tag erhielt der AN ein Auftragsschreiben mit einer reduzierten Auftragssumme von ca. 6,5 Mio. Euro, weil Leistungsteile ausdrücklich aus dem Auftrag herausgenommen wurden. Ferner gab das Auftragsschreiben als „Vertragsbestandteil“ einen neuen Gesamtfertigstellungstermin zum 15.09.2006 vor. Der Auftraggeber (AG) forderte den AN auf, umgehend die Zweitschrift des Auftragsschreibens versehen mit der Annahmebestätigung zurückzusenden, was dieser am 24.06.2005 tat. Später stellte der AN Nachforderungen wegen erhöhter Kosten bei Bodenmaterial und Asphaltmischgut infolge der zeitlichen Verschiebung des Herstellungszeitraums.
Der BGH lehnt hier eine Preisanpassung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B – ebenfalls wie die Vorinstanzen – ab. Der AG habe hier das Angebot des AN mit dem Zuschlagsschreiben vom 15. Juni 2005 nicht unverändert angenommen. Vielmehr liege ein modifizierter Zuschlag gemäß § 150 Abs. 2 BGB vor, weil der AG seinen Willen, einen vom Vertragsangebot des AN bezüglich des Leistungsumfangs und des Ausführungszeitraums abweichenden Vertrag zu schließen, in dem Zuschlagsschreiben klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht habe. Die Annahme nur eines Teils der angebotenen Leistungen zu einem veränderten Preis sei jedenfalls dann eine Ablehnung des Angebots, wenn dieses die Möglichkeit einer Teilannahme zu bestimmten Preisen – wie hier – nicht vorsähe. Die Möglichkeit einer Teilannahme zu bestimmten Preisen sei weder in der Ausschreibung des AG noch im Angebot des AN vorgesehen. Stimmten somit das Angebot des AN und die Annahmeerklärung des AG nicht überein, so gelte die Erklärung des AG im Schreiben vom 15. Juni 2005 gemäß § 150 Abs. 2 BGB als neues Angebot zum Vertragsschluss mit dem in diesem Schreiben vorgesehenen Inhalt. Für die im Urteil des BGH (Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 213/08) aufgestellten Grundsätze zur neuen Bauzeit sei dann kein Raum, wenn sich aus dem Zuschlag klar und eindeutig ergebe, dass die neue Bauzeit Bestandteil des Vertrages werden solle. Das sei dann der Fall, wenn über die Bauzeit nicht mehr verhandelt werden solle, der AG sie einseitig vorgeben wolle und er dem AN nur die Möglichkeit lasse, sie als Vertragsbestandteil anzunehmen oder das so geänderte Angebot abzulehnen. Damit gilt die neue Bauzeit als vereinbart, wenn der AG „klar und unzweideutig“ seinen Wunsch nach Abweichung vom Angebot – insbesondere durch kompromissloses Fordern neuer Termine – zum Ausdruck bringe. Dieser Fall liege hier vor. Der AG habe im Zuschlagsschreiben eine neue Bauzeit einseitig vorgegeben, den Leistungsumfang nicht unerheblich verändert und vom AN keine Empfangs- sondern eine „Annahmebestätigung“ erbeten. Der AN habe diese „Annahmebestätigung“ vorbehaltlos abgegeben und damit einen unveränderten Preis trotz geänderter Leistung akzeptiert. Generell sei dem Angebot eines Bieters auch kein stillschweigender Preisanpassungsvorbehalt bei Vergabeverzögerung immanent.
Anmerkung
Trotz der eindeutigen Rechtsprechung des BGH zum Vergabeverfahrensrisiko (Urteil vom 22. Juli 2010) müssen Bieter dann besonders vorsichtig sein, wenn im Zuschlagsschreiben etwas zu Terminen oder Preisen steht, was vom bisherigen Ausschreibungstext – auf den das Angebot abgegeben wurde – abweicht. Wegen des Verhandlungsverbots im Offenen Verfahren ist es grundsätzlich vergaberechtswidrig, wenn ein AG Änderungen des Leistungsinhalts zur Bedingung für den Vertragsschluss macht. Hier hatte der Bieter jedoch seine Annahme vorbehaltlos erklärt, weshalb die Änderungen Vertragsinhalt wurden. Bieter sollten daher Zuschlagsschreiben nach verzögerter Vergabe nur unter der Voraussetzung annehmen, sich eventuell Mehrvergütungsansprüche aus der Verschiebung der Bauzeit vorzubehalten. Der AG darf wegen eines solchen Vorbehalts den Zuschlag nicht verweigern, ansonsten er Gefahr läuft, sich schadensersatzpflichtig zu machen. Im vorliegenden Fall hätte daher der Bieter nur mit Vorbehalt annehmen sollen, dann wäre er wegen seiner erhöhten Kosten tatsächlich erfolgreich gewesen.
Höhe des Schadensersatzes bei Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 11. Oktober 2012 – VII ZR 179/11 - (www.ibr-online.de) Folgendes entschieden:
1. Der Besteller kann unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB ohne vorherige Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung für Mängel der Werkleistung beanspruchen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung hinsichtlich dieser Mängel gemäß § 635 Abs. 3 BGB zu Recht als unverhältnismäßig verweigert hat.
2. Macht der Besteller werkvertraglichen Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend, entsprechen die für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit dieses Aufwands nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen, die bei der gemäß § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind.
Ein Bauunternehmer hatte Sanitärarbeiten in einem Einfamilienhaus ausgeführt. Statt einer nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) vorgeschriebenen Dämmung von Warmwasserrohren von 20 mm hatte er eine nur 13 mm starke Isolierung angebracht. Nachdem der Bauherr (AG) den Unternehmer (AN) zur Mängelbeseitigung aufgefordert hatte, verweigerte dieser die Nachbesserung mit dem Einwand der Unverhältnismäßigkeit i.S.d. § 635 Abs. 3 BGB. Der später gerichtlich bestellte Gutachter stellte fest, dass die Beseitigung dieses Mangels einen Aufwand von ca. 44.000 Euro erfordern würde. Andererseits sei die konkrete Nutzung des Gebäudes nicht beeinträchtigt. Der Mangel durch die nicht fachgerechte Dämmung der Warmwasserleitungen führe lediglich zu höheren Heizkosten von ca. 50,00 Euro pro Jahr. Der Gutachter hielt deshalb eine Minderung des Verkehrswertes des Gebäudes von 1.000 Euro für angemessen.
Gleichwohl forderte der AG Schadensersatz in Höhe von 44.000 Euro. Der AN hielt dies für unverhältnismäßig und erkannte nur einen Betrag in Höhe von 1.000 Euro an.
Der BGH gibt hier dem Auftragnehmer dem Grunde nach Recht. Der Anspruch des Bestellers auf Schadensersatz für schuldhaft verursachte Werkmängel entfalle nicht schon dadurch, dass der Unternehmer zu Recht gemäß § 635 Abs. 3 BGB einwende, diese Mängel nicht beseitigen zu müssen. Er dürfe gemäß § 635 Abs. 3 BGB die Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei. Darüber hinaus dürfe er die Leistung in den Fällen der „faktischen oder praktischen Unmöglichkeit“ gemäß § 275 Abs. 2 und 3 BGB verweigern. Für diese Fälle ergebe sich unmittelbar aus § 275 Abs. 4, § 283 BGB, dass der Besteller unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung für Mängel der Werkleistung ohne vorherige Fristsetzung beanspruchen könne. Eine entsprechende Regelung für den Fall der Leistungsverweigerung gemäß § 635 Abs. 3 BGB fehle zwar. Es bestehe jedoch kein Zweifel, dass der Gesetzgeber auch für diesen Fall einen Schadensersatzanspruch unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB eröffnen wollte. Dies ergebe sich ohne weiteres aus § 636 BGB, wonach es zur Entstehung des Schadensersatzanspruchs grundsätzlich einer Fristsetzung nicht bedürfe, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 BGB verweigere.
Zur Höhe des mangelbedingten Schadensersatzes sei Folgendes festzuhalten: Der Besteller könne diesen nach der Rechtsprechung des BGH entweder wahlweise nach der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Werkes mit und ohne Mangel ermitteln oder in Höhe der Aufwendungen geltend machen, die zur vertragsgemäßen Herstellung des Werkes erforderlich seien. Diese dem Besteller eröffnete Möglichkeit, seinen Schadensersatzanspruch anhand der Mängelbeseitigungskosten zu berechnen, gelte jedoch nicht uneingeschränkt. Dieser Schadensberechnung könne der Einwand entgegengehalten werden, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig. Unverhältnismäßig in diesem Sinne seien die Aufwendungen für die Beseitigung des Werkmangels, wenn der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwandes stehe und es dem Unternehmer nicht zugemutet werden könne, die vom Besteller in nicht sinnvoller Weise gemachten Aufwendungen tragen zu müssen. In einem solchen Fall würde es Treu und Glauben widersprechen, wenn der Besteller diese Aufwendungen dem Unternehmer anlasten könnte.
Der BGH habe bisher nicht entschieden, ob die nach obigen Grundsätzen für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit i.S.d. § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen entsprechen, die bei der nach § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen seien. Dies sei jedoch zu bejahen, wenn – wie hier – werkvertraglicher Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten beansprucht werde. Durch die Zubilligung dieses Schadensersatzanspruches soll der Besteller einen Ausgleich für die Nachteile erhalten, die ihm durch die mangelhafte Ausführung der Werkleistung entstanden seien. Sein Anspruch auf monetären Ausgleich für Mangelschäden beruhe auf seinem berechtigten Interesse an der Verwirklichung des vom Unternehmer geschuldeten Werkerfolgs. Er solle hinsichtlich der Beseitigung dieser Mängel im Ergebnis nicht besser stehen als er bei tauglicher Nacherfüllung durch den Unternehmer stünde. Dann aber bestehe kein vernünftiger Grund, dem Unternehmer, der die Beseitigung von Mängeln wegen eines damit verbundenen unverhältnismäßigen Aufwands gemäß § 635 Abs. 3 BGB verweigern dürfe, gleichwohl im Wege des Schadensersatzes die Erstattung der Mängelbeseitigungskosten abzuverlangen.
Anmerkung
Die Entscheidung des BGH ist deswegen von besonderer Bedeutung, da er erstmals zu der Frage der Höhe des Schadensersatzanspruchs bei unverhältnismäßigem Nachbesserungsaufwand Stellung nimmt. Nach der bisherigen Rechtsprechung kann der Besteller wahlweise nach der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Werks mit und ohne Mangel ermitteln und den Nachbesserungsaufwand entsprechend geltend machen. Dieser Berechnung kann aber – in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB – der Einwand entgegengehalten werden, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig (§ 635 Abs. 3 BGB). Obwohl eine entsprechende Regelung für den Fall der Leistungsverweigerung wegen Unverhältnismäßigkeit fehlt, hat der Besteller nun ebenfalls einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB.
Zulässige Arbeitseinstellung bei geringfügiger Kürzung der Abschlagsrechnung?
Das OLG Saarbrücken hat mit Urteil vom 13. Oktober 2010 – 1 U 380/09 - (www.ibr-online.de), das wegen Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH vom 23.08.2012 rechtskräftig geworden ist, Folgendes entschieden:
1. Die geringfügige Kürzung von Abschlagsrechnungen (hier: in Höhe von 1,5 % des Rechnungsbetrags) berechtigt den Auftragnehmer nicht dazu, seine Arbeiten einzustellen. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber bei einem früheren Bauvorhaben bereits Abzüge vorgenommen hat, die zu einem langwierigen Rechtsstreit geführt haben.
2. Stellt die Auftragnehmer die Arbeiten ohne rechtfertigenden Anlass ein, steht ihm gegen den Auftraggeber kein Anspruch auf Ersatz des daraus resultierenden Stillstandsschadens zu.
Ein Bauunternehmen (AN) hatte eine Abschlagsrechnung für Nachträge in Höhe von 149.000 Euro gestellt, die der Auftraggeber (AG) – allerdings gekürzt um 2.235 Euro – bezahlt hat. Vor allem deshalb, weil der AG bei einem früheren Bauvorhaben ähnliche und nach Ansicht des AN ungerechtfertigte Kürzungen vorgenommen hatte, stelle der AN die Arbeiten ein. Er begründete dies auch damit, dass über die bezeichneten Nachträge bisher eine schriftliche Beauftragung fehle. Der AN klagte darauf auf Ersatz seiner Stillstandskosten. Das erstinstanzliche Landgericht hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, es habe kein rechtfertigender Grund zur Einstellung der Arbeiten bestanden. Das OLG bestätigt das klageabweisende Urteil der Vorinstanz.
So sei ein Anspruch aus § 6 Nr. 6 Satz 1 VOB auf Erstattung von „Stillstandskosten“ nicht gegeben. Es fehle bereits an einem Zurechnungszusammenhang zwischen der angeblichen Pflichtverletzung und dem Schaden. Eine Befugnis zur Arbeitseinstellung habe sich auch nicht aus § 16 Nr. 5 Abs. 5 VOB/B ergeben. Nach Treu und Glauben dürfe der AN die Arbeiten dann nicht einstellen, wenn sich im Vergleich zur Höhe des Zahlungsrückstands aus der Unterbrechung unverhältnismäßige Folgen ergäben oder wenn nur ein relativ geringer Teil der fälligen Zahlung ausstehe. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben, da der Zahlungsrückstand des AG noch nicht einmal 1,5 % des Rechnungsbetrags aus der zweiten Abschlagsrechnung betragen habe. Angesichts dieser Umstände habe sich der AN nicht durch das Verhalten des AG zur Arbeitseinstellung „herausgefordert“ sehen dürfen.
Der AN könne sich auch nicht darauf berufen, die Arbeitseinstellung sei gerechtfertigt gewesen, weil der AG bereits bei einem früheren Bauvorhaben ebenfalls Abzüge vorgenommen habe, die zu einem langwierigen Rechtsstreit geführt hätten.
Denn bei der Prüfung der Voraussetzung des § 16 Nr. 5 Abs. 5 VOB/B könne es keine Rolle spielen, auf welche Weise ein früheres Bauvorhaben abgewickelt worden sei. Maßgeblich für die Beurteilung könne vielmehr nur das Verhalten des AG im Rahmen des hier bestehenden, konkreten Auftrags sein.
Ein Recht zur Arbeitseinstellung könne der AN auch nicht mit der Erwägung begründen, er habe befürchten müssen, dass der AG auch in den noch zu erteilenden Rechnungen Streichungen vornehmen werde. § 16 Nr. 5 Abs. 5 VOB/B betreffe fällige Zahlungen, ein Recht auf eine vorsorgliche Arbeitseinstellung wegen einer Befürchtung, der AG werde in der Zukunft fällige Zahlungen nicht leisten, sehe die Bestimmung nicht vor. Ein Recht zur Arbeitseinstellung könne auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass bislang eine schriftliche Beauftragung der Nachträge nicht vorgelegen habe. Zum einen sei eine Schriftformvereinbarung der Parteien weder dargelegt noch sonst wie ersichtlich. Zum anderen habe der AG durch die Prüfung und teilweise Bezahlung der Nachträge zu erkennen gegeben, dass er die Nachträge jedenfalls dem Grund nach für gerechtfertigt halte. Wenn hierin auch kein Anerkenntnis im Rechtssinne zu sehen sei, stelle diese Verhaltensweise jedenfalls ein starkes Indiz für eine entsprechende Vereinbarung der Parteien dar.
Anmerkung
Hier ist zu betonen, dass eine Einstellung der Arbeiten durch den AN wegen Zahlungsverzugs eigentlich immer die „Ultima Ratio“ darstellt. Das Risiko ist enorm, dass der AN nicht nur auf seinen „Stillstandskosten“ sitzen bleibt, sondern auch für einen eingetretenen Verzögerungsschaden einstehen muss. Hier hätte man daher den AN davor warnen müssen, wegen einer Kürzung der Abschlagsrechnung von lediglich 1,5 % die Arbeiten einzustellen und seinen unbegründeten Anspruch auch noch durch drei Instanzen beharrlich weiter zu verfolgen.