KEINE KONKURRENZ FÜR VOLLZEITBESCHÄFTIGTE

Minijobs am Bau

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat jüngst die Entwicklung der geringfügig Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft analysiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die sogenannten Minijobs keine Gefahr für die Vollzeitbeschäftigten darstellen. Auch die geplante Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze von 400 auf 450 Euro im Monat dürfte daran nichts ändern.

Der Hauptverband hat daraufhin die Situation in der Bauwirtschaft, speziell im Bauhauptgewerbe, analysiert. Er kommt zu dem Ergebnis, dass es zwar in der Zeit der Baukrise durchaus zu einem Substitutionseffekt kam, dass aber aktuell - im Zuge der guten baukonjunkturellen Entwicklung - keine Gefahr besteht. Im Gegenteil: Es scheint, dass die geringfügig entlohnten Beschäftigten den Arbeitskräftemangel im Bauhauptgewerbe etwas abmildern.

Im Juni 2011 (aktuellere Werte liegen nicht vor) waren knapp 99.000 geringfügig entlohnte Beschäftigte im Bauhauptgewerbe tätig. Insgesamt – über alle Wirtschaftszweige – zählte die Bundesagentur für Arbeit 7,4 Mio. Personen, die einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nachgingen. Auf das Bauhauptgewerbe entfielen somit lediglich 1,3 %. Wenn man das Ausbaugewerbe hinzurechnet liegt der Anteil bei 4 %. 

Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat ist die Zahl der geringfügig entlohnten Beschäftigten im Bauhauptgewerbe um 1,9 % bzw. 1.840 Personen gestiegen. Dies ist ausschließlich auf den Anstieg bei den geringfügig entlohnten Beschäftigten im Nebenjob zurückzuführen, deren Zahl um 8 % bzw. 2.600 Personen auf 35.500 Beschäftigte zugenommen hat. Demgegenüber ist die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten (die sonst keiner Erwerbstätigkeit nachgehen) um 1,2 % bzw. 770 auf 63.200 Personen zurückgegangen. Zeitgleich ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bauhauptgewerbe um 1,7 % bzw. 11.880 Personen auf 729.300 Beschäftigte gestiegen.

Es scheint, dass es aufgrund der guten Arbeitsmarktlage in der Bauwirtschaft vielen ausschließlich geringfügig Beschäftigten gelungen ist, ihre ausschließlich geringfügige Beschäftigung in eine Vollzeitbeschäftigung umzuwandeln. Gleichzeitig führte die gestiegene Nachfrage nach Bauarbeitern (die Zahl der offenen Stellen ist 2011 stark gestiegen) dazu, dass sich vermehrt sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Nebenjob im Bauhauptgewerbe suchen. Leider gibt die Statistik keine Auskunft darüber, ob die  „Nebenjobber“ ihren Hauptberuf auch im Bauhauptgewerbe ausübten. Man kann aber davon ausgehen, dass auch Personen aus anderen Wirtschaftszweigen im Nebenjob in der Bauwirtschaft tätig sind.

Seit Ende der Talfahrt im Bauhauptgewerbe im Jahr 2005 und der damit einhergehenden Stabilisierung auf dem Bauarbeitsmarkt ist die Zahl der „Nebenjobber“ stetig gestiegen. Wurden im Juni 2005 noch 25.200 „Nebenjobber“ im Bauhauptgewerbe gezählt, waren es im Juni 2011 mit 35.500 schon 10.300 bzw. 41 % mehr. Die Zunahme betraf sämtliche Altersgruppen. Besonders stark gestiegen ist die Zahl der „Nebenjobber“ aber in der Altersgruppe der 45- bis 54-Jährigen und zwar um 4.500 Personen.

Demgegenüber ging die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten innerhalb von sechs Jahren im Durchschnitt um 4.050 bzw. 6 % zurück. Für das Argument, dass diese Stellen überwiegend in Vollzeitstellen umgewandelt wurden (s. o.), spricht, dass die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten in der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen in diesem Zeitraum um knapp 7.000 gesunken und der Anteil von 37 % auf 28 % zurückgegangen ist.

Trotz des erfreulichen Rückgangs der Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten sollte man aber nicht die Tatsache ignorieren, dass auf 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Durchschnitt 9 ausschließlich geringfügig Beschäftigte entfallen. Im Maschinen- und Fahrzeugbau liegt die Quote bei 2. Dass die gesamtwirtschaftliche Quote mit 17 so hoch ausfällt, liegt an der hohen Zahl an ausschließlich geringfügig Beschäftigten im Gastgewerbe (64), im Einzelhandel (34) und im Grundstücks- und Wohnungswesen (67).

Die im Vergleich zu anderen Industriezweigen verhältnismäßig hohe Quote im Bauhauptgewerbe erklärt sich aus der Altersstruktur der Beschäftigten. Auf die Personen, die älter als 65 Jahre sind, entfallen 22 % der ausschließlich geringfügig Beschäftigten (2005: 18 %). Diese stehen dem Arbeitsmarkt als Vollzeitbeschäftigte nicht mehr zur Verfügung. Zudem sind viele Beschäftigte in der Bauwirtschaft in der Altersgruppe der 60- bis 65-Jährigen aus gesundheitlichen Gründen in Frührente. Wenn man diese noch dazu rechnet, erhöht sich der Anteil auf 34 % und die Quote sinkt von 9 auf 6 Personen je 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

Petra Kraus, Berlin

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