Querungsstellen im Straßenbau trennen
Bei der Überquerung von Straßen wünschen sich blinde Menschen möglichst eindeutig ertastbare Höhenunterschiede an Bordsteinanlagen. Andersherum benötigen Menschen mit Rollator oder Rollstuhl niveaugleiche Straßenquerungen. Der Ansatz lautet: „Getrennte Querungsstellen mit differenzierter Bordsteinhöhe“.
Kreisverkehr bringt Schwierigkeiten für sehbehinderte Menschen
Neben der optimierten Anbindung der bestehenden Infrastruktur war die Verkehrsregulierung und Verkehrsberuhigung für die Planer ein wichtiger Aspekt der Baumaßnahme. Der Schallpegel sollte reduziert und die Schadstoffbelastung durch lange Wartezeiten an den Ampeln minimiert werden. Dabei stand die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer im Mittelpunkt. Insbesondere die neu angelegten Querungsmöglichkeiten sollten deshalb barrierefrei gestaltet werden. Hierzu Matthias Wolf: „In Punkto Sicherheit haben Kreisverkehre im Vergleich zu signalgeregelten Knotenpunkten eine Reihe beachtlicher Vorteile: Die niedrige Geschwindigkeit der durchfahrenden Fahrzeuge und die bessere Übersichtlichkeit führen dazu, dass sich weniger Unfälle ereignen und dass Unfälle glimpflicher ablaufen. Gleichzeitig kann dabei der Verkehrsfluss gesteigert werden. Es entstehen weniger Abgase, weniger Lärm und geringere Wartungskosten gegenüber einer Ampellösung. Rollstuhl- und Rollatornutzer kommen in aller Regel mit dieser Verkehrssituation gut zurecht. Sehbehinderte Menschen dagegen kann sie vor erhebliche Schwierigkeiten stellen. Während bei einer Kreuzung der Weg einzelner Fahrzeuge über das Gehör relativ gut verfolgt werden kann, ist dies bei einem Kreisverkehr kaum möglich, denn die akustische Richtungsunterscheidung der Verkehrsströme ist hier nur schwierig zu beurteilen. Zudem gibt es keine hörbaren Ruhephasen in den Verkehrsströmen, wie beispielsweise an lichtsignalgesteuerten Kreuzungen. Ein diffuser Geräusche-Brei lässt einen blinden Menschen z. B. nicht erkennen, ob ein Fahrzeug an der Stelle ausfährt, an der er queren möchte“, so Wolf.
Getrennte Bereiche mit differenzierter Bordsteinhöhe
Aus diesem Grund setzten die Planer hier bei allen 9 neu geschaffenen Querungsstellen auf getrennte Bereiche mit differenzierter Bordsteinhöhe. Die Querungsbereiche für sehbehinderte Menschen weisen eine Bordhöhe von 6 cm auf, der Tastbord dient dabei als taktiles Element. Daneben führt die „Nullabsenkung“ mit Bordhöhe 0 cm vom Gehweg- auf das Straßenniveau hinab. Zwischen diesen beiden Ebenen und zu den benachbarten Borden mit üblichen Höhen von 10 bis 12 cm gleichen „Adapter“ die Höhenunterschiede aus. Matthias Wolf ergänzt: „Mit Rücksicht auf gehbehinderte Menschen müssen Nullabsenkungen zwar so breit wie nötig, für sehbehinderte Menschen aber so schmal wie möglich gestaltet sein, denn der Blindenstock sollte bei normalem Pendeln zumindest einen Rest der Bordsteinkante erfassen. Daraus folgt, dass die Nullabsenkung nicht schmaler sein darf als 90 cm, vor allem aber nicht breiter sein sollte als 100 cm. Außerdem sollte die gesamte Absenkung inklusive Adapter von Null auf drei Zentimeter Höhe nur eine maximale Breite von 1,50 m aufweisen.“
Bau normgerechter Querungsstellen aus einem Guss
Die Entscheidung für die Materialwahl fiel auf ein spezielles Bordsteinsystem der Firma Hermann Meudt. Der Bordsteinspezialist aus Wallmerod bietet mit den Bordsteinkomponenten „Fase 2“ und „0-Absenkung“ zwei Systemlinien, mit denen beliebige getrennte Querungsstellen errichtet werden können. Matthias Wolf: „Mit den dazugehörigen Bodenindikatoren und einer Reihe von Adaptersteinen ist es möglich, mit hoher Individualität den gesetzlichen Forderungen gerecht zu werden. Das Komplettsystem der Firma Meudt ermöglicht zudem eine Gestaltung der Querungsstellen aus einem Guss.“
Am 29.06.2015 wurde für die drei Kreisel die offizielle Verkehrsfreigabe erteilt. Im Verlauf der Bauarbeiten seit Mai 2014 wurden für rund 4,1 Millionen Euro 4.670 m Bordsteine, 8.000 m² Pflasterfläche und 8.850 m² Asphaltierung eingebracht. Außerdem wurden Rohrleitungen in einer Gesamtlänge von 1.325 m vergraben. Auch Gas-, Wasser- und Stromleitungen wurden erneuert und die Straßenbeleuchtung mit zeitgemäßer LED-Technik ausgestattet.