Rohrleitungen als Teil von Hybridnetzen
In ein paar Wochen ist es wieder soweit. Am 6. und 7. Februar 2014 öffnet das Institut für Rohrleitungsbau Oldenburg (iro) die Räume der Jade-Hochschule. Mehr als 3.000 Besucher und über 300 Aussteller werden erwartet.
Nach dem Oldenburger Rohrleitungsforum ist vor dem Oldenburger Rohrleitungsforum: Diese Formulierung frei nach dem Zitat eines berühmten Fußballtrainers soll die Vorfreude auf eine Veranstaltung wecken, die die Tiefbaubranche seit vielen Jahren ins niedersächsische Oldenburg lockt. Rund 130 Referenten und Moderatoren stehen für sechs parallele Vortragsreihen, in denen die Wasser- und Abwasserfraktion ebenso zu Wort kommen, wie die „Gaser und Öler“. Gemeinsam wird über die aktuellen Entwicklungen einer Branche diskutiert, die in wesentlichen Teilen von Energiewende, demografischem Wandel und Klimawandel geprägt ist.
Ausblicke in die Zukunft des Leitungsbaus
Auch in 2014 steht die Leitungsinfrastruktur und ihr Wandel im Mittelpunkt der Veranstaltung. Über die Power to Gas-Initiative oder Smart grids wird schon länger diskutiert, folgerichtig sind in diesem Jahr die Hybridnetze dran, die als mögliche Antwort auf die so genannte Speicherlücke im elektrischen Energieversorgungssystem gelten. Im Hybridnetz, das Systeme und Netze für Strom, Gas und Wärme miteinander koppelt, kann Energie von einer Form in eine andere umgewandelt werden. Und genau das sorgt für die erforderliche Flexibilität und Stabilität, um Angebot und Nachfrage zu regulieren. Doch bei der Diskussion um die zukunftsträchtige Technik darf die klassische Rohrleitung nicht fehlen. Welche Bedeutung werden bei der absehbaren Entwicklung hin zum Hybridnetz noch Rohrleitungen spielen? Was muss ich unter betrieblichen Aspekten dabei bedenken? Welche Einflüsse sind bei der Planung einer Leitung, die in das System eingebunden sein soll, zu berücksichtigen? Welche Veränderungen sind zu erwarten, im ausgebauten und im vorhandenen Netz? Auf dem nunmehr schon 28. Oldenburger Rohrleitungsforum werden diese, aber auch andere Themen unter dem Motto „Rohrleitungen als Teil von Hybridnetzen – unverzichtbar im Energiemix der Zukunft“ diskutiert. Hinzu kommen die „Klassiker“, die seit vielen Jahren ihren festen Platz auf dem Oldenburger Forum haben. Wie die „Diskussion im Cafe“ oder der „Ollnburger Gröönkohlabend“, der den ersten Veranstaltungstag in der Kongresshalle der Weser-Ems-Halle traditionsgemäß beschließen wird.
Abwasserwärme – ein enormes Potenzial
Die Fachwelt ist sich mittlerweile einig, dass in den Abwasserkanälen ein enormes Wärmepotenzial verborgen ist. So verwundert es nicht, dass es eine Vielzahl an Projekten unterschiedlichster Größenordnung gibt. Unter dem Oberbegriff „Projektgebiet Hybridnetz“ werden sie auf dem Oldenburger Rohrleitungsforum vorgestellt. Vorhaben in urbanen Modellquartieren der D-A-CH-Region, der Energiebunker in Hamburg Wilhelmsburg sowie das Projekt Oldenburg-Drielake gehören hierzu. Ob die Konzepte, die in Großstädten, wie zum Beispiel Wien, realisiert werden, dabei auf kleinere oder ländlich geprägte Kommunen übertragbar sind, auch darüber sollen die Vorträge Aufschluss geben. Noch drei weitere Vortragsblöcke widmen sich dem Thema Abwasserwärme: So befasst sich ein Referat intensiv mit der Abwasserwärme in Oldenburg, angefangen bei einer Potenzialanalyse für das Stadtgebiet Oldenburg über das konkrete Projekt „Stadthafen“ bis zur Beschreibung der Funktionsweise und Erfahrung mit modernen Kanal-Wärmetauschersystemen, wie sie zum Beispiel bei der Pilotanlage für das iro in der Ofenerstraße in Oldenburg eingebaut wurden. Der Vortrag „Abwasserwärme als Baustein zur integrierten Wärmeversorgung“ schließt hieran an. Mike Böge von der iro GmbH Oldenburg beschreibt die positiven Betriebserfahrungen der Pilotanlage. Abschließend wird noch das Thema „Abwasser- und Erdwärme als Teil von Hybridnetzen“ behandelt. Unter anderem wird über ein spezielles Rohrkonzept berichtet, das sowohl die Abwärme aus dem Abwasser als auch die Wärme aus dem umgebenden Erdreich aufnimmt. Ein weiterer Vortrag zeigt die Möglichkeit der Erdwärmegewinnung durch Nutzung stillgelegter Altrohrleitungen auf.
HDD ein Dauerbrenner
Selbstverständlich wird in Oldenburg nicht nur über Abwasserwärme diskutiert. Klassische Themenfelder wie „Rohrwerkstoffe“ und „Horizontal Directional Drilling (HDD)“ bekommen selbstverständlich genauso ihren Raum wie Themen aus den Bereichen Korrosionsschutz, Schweißtechnik, Fernwärme, Recht oder EDV. „Dabei zeigen insbesondere die Vorträge zum Thema HDD sehr eindrucksvoll, wie abwechslungsreich und spannend der Berufsalltag in unserer Branche sein kann“, erklärt Prof. Dipl.-Ing. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e.V. und Geschäftsführer der iro GmbH Oldenburg.
Mit Begeisterung dabei
Dass die Rohrleitungsbranche eine überaus attraktive Branche ist wurde gerade erwähnt. Daher ist es der Hochschule und insbesondere dem Institut ein besonderes Anliegen bei den Studenten das Interesse und die Begeisterung für diesen Berufszweig zu wecken. Bei der alljährlichen Vorstellung der Abschlussarbeiten von Studierenden aus den Bereichen des Rohrleitungsbaus oder des allgemeinen Baubetriebes kommt dies deutlich zum Tragen. Sie entstehen zum Ende des Studiums in enger Zusammenarbeit mit der Praxis. „Und die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen“, ist Wegener überzeugt und verweist auf mehrere überregionale Preise, die die Qualität der Arbeiten belegen. Platz wird auch den branchenspezifischen Verbänden eingeräumt, die in Vorträgen oder mit Ausstellungsständen ihr Leistungsspektrum präsentieren können.
Es darf gestritten werden
Heiß diskutiert wurde in den letzten Monaten über das Reizthema Fracking. Dahinter verbirgt sich das Aufschließen von Schiefergas unter Einsatz von Chemikalien. Die Gegner dieser Technologie befürchten eine Verunreinigung des Grundwassers. In den USA wird das Fracking bereits eingesetzt und man wird dies unter energiepolitischen Gesichtspunkten in Zukunft noch deutlich ausbauen. In Deutschland und Frankreich gibt es hingegen zurzeit ein Fracking-Verbot. „Ich finde es gut, dass in unserer Veranstaltung auch unbequeme Themen aufgegriffen werden“, erklärt Hausherr Wegener, „denn es gilt auszuloten, ob neue Technologien nicht weiterentwickelt und neue Energieträger unter Vermeidung einer Gefahr für Mensch und Umwelt erschlossen werden können.“
Kontrovers diskutiert werden soll natürlich auch im Rahmen der Diskussion im Cafe. „Schlauchliner – der Weisheit letzter Schluss“ lautet das verheißungsvolle Thema, über das sich ausgewiesene Fachleute der Branche unter der Moderation von Dr.-Ing. Bert Bosseler, Wissenschaftlicher Leiter des IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur, Gelsenkirchen, hoffentlich trefflich streiten werden.
Institut für Rohrleitungsbau Oldenburg (iro)
Ina Kleist
Nutzung der Wärme aus dem Abwasser
Bei der Nutzung der Abwasserabwärme sind einige grundsätzliche Aspekte zu berücksichtigen. So sollte der in der Kanalisation eingebaute Wärmetauscher in lokaler Nähe zum Energieabnehmer liegen. Die Auswahl der Wärmetauscher – z.B. Edelstahlelemente, spezielle Schlauchliner oder Kunststoffrohre - ist u. a. abhängig von den örtlichen Gegebenheiten. Sind Einbauten im Sohlbereich z.B. erlaubt oder muss ein freier Querschnitt gewährleistet sein? Für den optimalen energetischen und wirtschaftlichen Nutzen einer Anlage sind aber vor allem die Abstimmung der Systemkomponenten und die Steuerung der Heizungsanlage entscheidend. Wie im Strom-/Gasbereich so gibt es auch bei der Abwärmenutzung im Abwasserbereich eine Überschneidung zweier technischer Fakultäten: in diesem Fall der Kanalbau und die Heizungstechnik. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener technischer Bereiche wird daher in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.