Rohrleitungen im Wärme- und Energietransport
„Rohrleitungen im Wärme- und Energietransport“ lautete das diesjährige Motto des Oldenburger Rohrleitungsforums, das am 19. und 20. Februar auf dem Gelände und in den Räumen der Jade Hochschule stattfand. Auch in der 29. Auflage waren viele Themen von der Umgestaltung der Energieversorgung geprägt.
Unter dem Stichwort Hybridnetze war dieser Umbau bereits auf den vergangenen Foren diskutiert und waren neue Techniken und Entwicklungen vorgestellt worden – so etwa die Initiative Power-to-Gas oder die Möglichkeiten der Abwasserwärmenutzung. Auch in diesem Jahr setzte der deutsche Branchentreff wieder Impulse. Gleichsam gegen den Trend der allgemeinen Energiedebatte, die fast ausschließlich mit Blick auf den Strom geführt wird, bildete die Nah- und Fernwärme den inhaltlichen Schwerpunkt eines Programms, das wie in jedem Jahr die Sinne für die aktuellen Entwicklungen und Strömungen des Marktes schärfte. Dass ein großer Teil der benötigten Energie in den Wärmemarkt geht, scheint jedenfalls in der öffentlichen Diskussion bisher kaum Beachtung zu finden. Genau hier setzte das Forum mit seiner Gewichtung den Hebel an. Erstmals beschäftigten sich Vortragblöcke intensiv mit einer Materie, die viele Facetten bietet: Der Transport von temperiertem Wasser muss nicht zwangsläufig über große Distanzen erfolgen, und neben der Beheizung eignet sich Fernwärme auch zur Kühlung; zudem lässt sich Wasser als Energiespeicher nutzen. Dass mit Blick auf die von der Bundesregierung im Rahmen der Energiewende ausgerufenen Ziele am Ausbau der Fernwärme kein Weg vorbeiführt und der Wärmemarkt zudem ein äußerst wichtiger Wirtschaftszweig ist, haben die vielen Referate und Gespräche an der Jade Hochschule jedenfalls gezeigt: in den Vortragsblocks, auf der Fachausstellung, bei der Diskussion im Cafe und natürlich auf dem Grünkohlabend in der Weser-Ems-Halle, der den ersten Ausstellungstag traditionell beschließt.
Plattform für intensiven Austausch
Prof. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des iro e.V. und Geschäftsführer der iro GmbH, eröffnete am Donnerstagmorgen pünktlich die 29. Ausgabe des Oldenburger Rohrleitungsforums, das die Jade Hochschule wie in jedem Jahr für zwei Tage in einen regelrechten Ausnahmezustand versetzt. Stolz zeigte sich der Präsident der Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth, Dr. habil Elmar Schreiber, der das Oldenburger Rohrleitungsforum in seiner Ansprache im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung als Dreh- und Angelpunkt der gesamten Rohrleitungsbranche bezeichnete. „Forumsgründer Prof. Dipl.-Ing. Joachim Lenz, Prof. Thomas Wegener und das Engagement der gesamten iro-Mannschaft haben über die Jahre ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die Fachhochschule in Oldenburg weit über die Grenzen Norddeutschlands bekannt geworden ist“, so der Redner, der das Forum als Plattform für einen intensiven Austausch zwischen Wissenschaft, Industrie und Handwerk bezeichnete. Einen inhaltlichen Schwerpunkt sieht Schreiber in Klimawandel und Energiewende, deren Herausforderungen Gesellschaft und Politik noch jahrzehntelang beschäftigen werden. So zum Beispiel bei der Schaffung von intelligenten Netzen und Leitungsinfrastrukturen oder der Nutzung von alternativen, zukunftsträchtigen Energieformen.
Branche wird interdisziplinär
Auch Stephan Albani, Mitglied des Deutschen Bundestages, hob in seinem Vortrag über aktuelle Aspekte der Forschungspolitik des Bundes die Bedeutung der Oldenburger Hochschule in der Bildungslandschaft der Bundesrepublik hervor. Sie sei eine wichtige Keimzelle für Forschung und Entwicklung zu Themen rund um die unterirdischen Infrastruktursysteme. Hier gelte es, interdisziplinär zu arbeiten, um diese Systeme fit zu machen für die Zukunft und damit fit für die Herausforderungen der Energiewende. Einen Blick in die Forschungslandschaft warf auch Prof. Dr. rer. nat. Gerald Linke, Honorarprofessor der Universität Bochum. Mit der Einschätzung, dass es in der Forschung heute nicht mehr nur um einzelne Fachbereiche gehe, sondern vielmehr um die Kopplung und Vernetzung von verschiedenen Systemen, schloss er sich den Aspekten seines Vorredners an. Insbesondere die Frage, welche Rolle der rohrleitungsgebundene Transport unterschiedlicher Medien bei zukünftigen Schlüsseltechnologien wie zum Beispiel „Power-to-Gas“ oder „Smartgrids“ einnehmen könne, mache die Bedeutung eines Forums zum Thema Rohrleitungen im Wärme- und Energietransport deutlich.
Von der Versorgung zum Versorgungssystem
Eine Auffassung, der sich Oldenburgs neuer Oberbürgermeister Jürgen Krogmann nur anschließen konnte. Anhand konkreter Beispiele – hierzu zählten unter anderem das energetische Konzept des Projektes „Wechloyer Tor“ oder die Aktivitäten von OFFIS, Institut für Informatik, bei der Forschung und Entwicklung sogenannter energetischer Nachbarschaftsmodelle – stellte er eindrucksvoll dar, was sich in der Region zurzeit bewegt. Von den verschiedenen Projekten, denen im Rahmen der zweitägigen Veranstaltung eigene Vortragsblöcke gewidmet waren, geht eine gemeinsame Botschaft aus: Es findet ein Wandel statt von einer Energieversorgung hin zu einem Energieversorgungssystem. Erst durch eine gezielte Abstimmung von Wärmebedarf, Wärmebereitstellung, Strombedarf und Stromerzeugung kann die größtmögliche Effizienz insbesondere mit den vielen kleineren Energieanlagen wie Wärmepumpen oder Blockheizkraftwerken erreicht werden, die zukünftig nötig ist. Das verdeutlichte auch Dipl.-Ing. Thomas Theissen, RWE Deutschland AG, Essen, in seinem Einführungsvortrag über den „F&E Radar als strategisches Element“. Hierbei handelt es sich um ein Forschungsprojekt des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW), dessen Ziel es ist, technische Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und aktiv mit Projekten zu begleiten. Die Ergebnisse sollen Eingang in die energiepolitische Diskussion und in die Festlegung der zukünftigen Rahmenbedingungen finden. Der Beantwortung der Frage, wie Mittel effizient eingesetzt werden und in welche Forschungsprojekte investiert werden soll, kommt laut Theissen dabei eine wesentliche Bedeutung zu. Sicher war sich der Redner auch darin: „Die ‚intelligente Energieversorgung’ der Zukunft wird erst gelingen, wenn die verschiedenen Energieträger und -formen physikalisch, IKT-technisch und ökonomisch gekoppelt werden.“
Fernwärme ein wichtiger Baustein
Und in diesem Energiemix kann die Fernwärme durchaus ein wichtiger Baustein sein. „Sie leistet insbesondere in städtischen Ballungsgebieten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz – den Nutzen erleben die Bürger mit einer geringeren Emissionsbelastung in den Städten sehr unmittelbar“, führte Dipl.-Ing. Lutz Nieke, Bereichsleiter Technik, Stadtwerke Schwerin GmbH (SWS), in seinem Vortrag „Fernwärme als wichtige Säule der Energiewende“ aus. Dabei muss gesehen werden, dass sich Fernwärmesysteme für die Versorger wirtschaftlich lohnen müssen und andererseits für den Bürger bezahlbar bleiben. Auf diese Situation muss die Politik reagieren. „Die Bedeutung der Kraft-Wärme-Kopplung und damit auch der Fernwärmenetze für die Energiewende muss sich in kalkulierbaren und wirtschaftlich tragfähigen Rahmenbedingungen widerspiegeln“, so Nieke. „Deshalb ist es notwendig, dass mit der Neufassung des KWK- Gesetzes auch Regelungen für Bestandsanlagen gefunden werden.“
Vielfältige Ansätze
In diesem Sinne spiegelten die Wortbeiträge der Eröffnungsveranstaltung die vielfältigen Diskussionsansätze zum Thema Rohrleitungen im Wärme- und Energietransport wider. Zum Schluss bleibt nur die Frage, was sich Prof. Wegener und sein Team für das nächste Jahr einfallen lassen werden. Immerhin steht dann die 30. Auflage des Oldenburger Rohrleitungsforums auf dem Programm. Mit dem 11. und 12. Februar 2016 steht bisher nur das Datum fest, während am Motto in den nächsten Monaten noch gefeilt wird.
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Institut für Rohrleitungsbau Oldenburg (iro)