Schadensabwehr mit System
Modernes Regenwasser-ManagementStarkregen-Ereignisse sind gerade in bebauten Gebieten eine steigende Bedrohung. Um sie zu bekämpfen, müssen mehr versickerungsfähige Flächen in den Städtebau integriert werden. Hierzu bieten sich beispielsweise horizontale Dachflächen an.
Es kommt im Zusammenhang mit Starkregenereignissen immer wieder eine gewisse Unsicherheit darüber auf, ob denn diese Wetterphänomene tatsächlich eine Bedrohung darstellen oder ob sie ihre Bedeutung lediglich einer reißerischen Berichterstattung zu verdanken haben. Die Antwort auf diese Frage fällt leider eindeutig aus: Die Gefährdung durch unkontrollierte Wassermassen nimmt zu, und zum Schutz von Menschenleben und Sachwerten sind alle geeigneten Maßnahmen zu treffen.
Wetterbericht und Klimawandel
Die oben erwähnte Unsicherheit findet ihre Ursachen vor allem darin, dass das Wetter natürlicherweise mehr oder weniger starken Schwankungen unterliegt. Die häufig gestellte Frage „Ist das noch Wetter oder schon Klima?“, ist vom Laien kaum zu beantworten. Meteorologen forschen hingegen in definierten Gebieten, bzw. global, werten Unmengen von Daten aus, und denken vor allem in zeitlich großen Dimensionen. Ein Trend gilt unter ihnen erst als solcher, sofern er über einen Zeitrahmen von dreißig Jahren verifiziert werden konnte.
Darüber hinaus liefert die Digitalisierung die Möglichkeit, über ein feinmaschiges Netz permanent und weltweit Wetterdaten zu erheben und mit diesen komplexe Rechenprogramme zu füttern, welche jede Veränderung seismografisch detektieren und dokumentieren. So überstellen z. B. Verkehrsflugzeuge die von ihnen permanent in großer Höhe erhobenen Wetterdaten an Meteorologen und Klimaforscher, ein unbezahlbarer Datenschatz, welcher noch vor wenigen Jahrzehnten nicht zur Verfügung stand.
Und die Experten sind sich einig: extreme Wetterphänomene werden zunehmen. In diesem Sinne äußert sich zum Beispiel eine Abhandlung des DWD (Deutscher Wetterdienst): „Klimaanalysen der letzten 70 Jahre zeigen, dass die Häufigkeit extremer Starkniederschläge mit einer Dauerstufe von 24 h in Deutschland tendenziell zugenommen hat. Auf Basis von Klimaprojektionen kann abgeschätzt werden, dass sich diese Tendenz fortsetzt.
Ein Grund dafür ist z. B. das steigende Aufnahmevermögen der Luft von Wasserdampf mit steigender Temperatur (Clausius-Clapeyron-Beziehung). Klimaprojektionen zeigen, dass solche Wetterlagen in Zukunft vermutlich häufiger vorkommen werden. Hinzu kommt eine zunehmend erhöhte Verweildauer der Wetterlagen, so dass Niederschlagsgebiete langsamer ziehen und Starkniederschläge an einem Ort länger andauern.“ (Autoren: T. Junghänel, P. Bissolli, J. Daßler, M. Ziese)
Wasser als Gefahr
Um Niederschläge als Gefahr verstehen zu können, muss man sich das Zusammenspiel der drei relevanten Faktoren vor Augen führen: Menge, Fläche (Volumen) und Zeit.
Der Deutsche Wetterdienst definiert Starkregenereignisse denn auch wie folgt:
über 5 l/m² Niederschlag pro 5 Min.
über 7,1 l/m² Niederschlag pro 10 Min.
über 10 l/m² Niederschlag pro 20 Min. und
über 17,1 l/m² Niederschlag pro 60 Min.
Für die meisten Niederschlagsereignisse sind unsere baulichen Anlagen bestens gerüstet. Erst wenn „zu viel“ Wasser fällt, dies auf einer „zu kleinen“ Fläche niedergeht, oder der Vorgang „zu lange“ dauert, wird es kritisch, denn dann geschieht, was jeder schon mal bei einer verstopften Regenrinne beobachtet hat: Das Wasser staut sich zunächst, verlässt dann die ihm zugedachte Bahn und sucht sich seinen eigenen Weg, und das ist so ziemlich das einzige, was dann noch sicher ist. Verschärft wird die Situation vor allem im urbanen Raum. Während in ländlichen Gebieten Felder und Auen als temporäre Überflutungsgebiete die Gefahr von Menschen und Gebäuden fernhalten können, wirkt der hohe Versiegelungsgrad in Ballungsgebieten und Innenstädten dem entgegen. Praktisch sämtliche Wege, die dem Wasser hier zur Verfügung stehen, wurden von Menschen gemacht und natürlich auch von diesen dimensioniert.
„Jahrhundert“-Ereignisse häufen sich
Der Klimawandel zeigt uns aber, dass, was gestern noch richtig war, heute bei weitem nicht mehr ausreichen muss. Zwar weisen die Statistiken in den letzten dreißig Jahren hierzulande keinen signifikanten Anstieg der jährlichen Anzahl von Starkregenereignissen auf, und auch die Niederschlagsmenge hat sich in diesem Zeitraum lediglich sehr leicht erhöht.
Allerdings nehmen die extremen Wetterereignisse nachgewiesenermaßen zu, und es gilt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die weit in die Zukunft reichen; ein heute geplantes Gebäude oder Quartier muss nicht nur den gestiegenen, aktuellen Anforderungen gerecht werden, sondern möglichst auch jenen, mit denen wir in achtzig bis hundert Jahren zu rechnen haben. Es ist vorausschauend zu planen, und zwar unter Berücksichtigung erheblicher Reserven.
Zum Beispiel: Eine meteorologische Größe ist der Bemessungsregen (r(5/5)). Dieser beschreibt eine Niederschlagsmenge, die mit fünf Minuten Dauer (D) in einem Intervall (T) von fünf Jahren zu erwarten ist, gemessen in Liter pro Sekunde und Hektar. In Deutschland beträgt dieser Wert aktuell 311 l/s·ha. Starkregenereignisse werden mit dem sogenannten Jahrhundertregen unter der Bezeichnung r(5/100) beschrieben.
Es handelt sich also qua Definition um ein Regenereignis von fünf Minuten Dauer, das in seiner Stärke so alle hundert Jahre einmal vorkommt, bzw. vorkam, denn inzwischen kann man von zahlreichen einschlägigen „Jahrhundertereignissen“ Kenntnis erlangen, ohne hierfür ein dreistelliges Alter erreichen zu müssen. Normen und Richtwerte sind also zu überarbeiten und zukunftssicher zu gestalten.
Schadensabwehr
Schauen wir noch einmal auf die drei oben genannten Determinanten Menge, Fläche und Zeit. Auf den ersten Blick haben wir keinen Einfluss auf ein Starkregenereignis, denn wir können keinen der Faktoren direkt beeinflussen. Allerdings ist es uns möglich, die Qualität der Fläche, auf welcher der Niederschlag anfällt zu gestalten, und wir können den Zeitfaktor entzerren. Im Grunde können wir alle technischen und baulichen Maßnahmen, die zu treffen sind, bei der Natur abschauen.
Mit der Qualität der Flächen ist in diesem Fall der Grad der Versiegelung gemeint. Sofern es uns gelingt, wieder mehr versickerungsfähige Flächen in den Städtebau zu integrieren, weisen wir dem niedergehenden Wasser einen natürlichen Weg, den es zerstörungsfrei nehmen kann. Die oft befürchtete Nutzungseinschränkung des teuren, städtischen Baugrundes ist heute nicht mehr so häufig gegeben, denn längst gibt es beispielsweise versickerungsfähige Pflaster und Beläge, die selbst für Schwerlastverkehr befahrbar sind, wodurch also zahlreiche Parkflächen und Zuwegungen infrage kommen. Durch Veränderung des Faktors Fläche ist also bereits eine gewisse Entspannung der Situation zu erzielen. Diese allein wird allerdings im Zweifel nicht ausreichen, weshalb der Faktor Zeit ins Spiel kommt.
Eine Frage der Zurückhaltung
Das Stichwort heißt Retention (lat. retentio = das Zurückhalten). Retention bedeutet in diesem Zusammenhang, das anfallende Wasser möglichst vor Ort und so lange wie möglich zwischenzulagern, um es zu gegebener Zeit der Versickerung oder dem weiteren Transport zuzuführen. Hierzu eignen sich verschiedene Verfahren, welche natürlich in einem sinnvoll geplanten Systemverbund am effektivsten sind.
Wo immer horizontale Dachflächen vorhanden sind oder entstehen, sollte beispielsweise über deren Begrünung nachgedacht werden. Diese bietet, neben optischen und im Sommer gegebenenfalls auch thermischen Vorteilen, die Möglichkeit, Niederschläge zwischenzuspeichern und peu à peu wieder abzugeben. Dabei reicht die Bandbreite von einer pflegeleichten, extensiven Begrünung bis hin zu voll nutzbaren Dachgärten, welche für die Immobilie außerdem einen erheblichen Mehrwert darstellen können.
Moderne Rigolen als Problemlöser
Einen wesentlichen Beitrag zur Entschärfung des Problems leisten sogenannte Rigolen. Als Rigolen bezeichnete man früher in der Regel mit Kies gefüllte Reservoirs, die sich bei Bedarf füllten, und das Wasser dann zeitversetzt wieder abgaben. Leider war deren Wirkungsgrad mit ca. 30 - 35 % Vol. für heutige Maßstäbe nicht ausreichend. Deshalb kommen inzwischen spezielle Rigolenfüllkörper zum Einsatz, die einen Hohlraumanteil von mindestens 95 % Vol. aufweisen und so im Erdreich lediglich ungefähr ein Drittel des Platzes ihrer Vorläufer beanspruchen.
Die einzelnen, quader- oder würfelförmigen „Bausteine“, die aus einer stabilen Gitterstruktur bestehen, können zu großen unterirdischen Anlagen zusammengesetzt werden. Sie lassen sich im Vollaushub schnell verlegen und verursachen nach Abschluss der Erdarbeiten keine Beeinträchtigung in der Flächennutzung.
Moderne Rigolen können als Versickerungsanlage ausgeführt werden, indem das gesamte System in ein Vlies gehüllt wird. Nach der Füllung geben sie das Niederschlagswasser ganz allmählich an die Umgebung ab, was, wie gesagt, natürlich und deshalb grundsätzlich wünschenswert ist. Wo das nicht möglich ist, kann die Rigole nach außen hin mit einer Kunststoffdichtungsbahn geschlossen werden. In diesem Fall wird das Wasser nach und nach über Drosselschächte in die Kanalisation geleitet, ohne dass diese überlastet wird.
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