Schuppen-Schalung
Meva-Sonderkonstruktion für U-Bahn-HaltestelleIm Gesamtprojekt der Stuttgarter Straßenbahnen AG erhielt Züblin den Auftrag für den Bau des Endhaltestellenbauwerks am Flughafen Stuttgart. Für eine anspruchsvolle Schuppenwand setzte das Bauunternehmen auf die Kompetenz von Meva.
Die Verlängerung der Stadtbahnlinie U6 in Stuttgart erlaubt es Reisenden künftig ohne Umsteigen von Gerlingen im Nordwesten der Stadt direkt zum Flughafen im Süden zu fahren. Die Bahn durchquert die Großstadt und verbindet zahlreiche Stadtteile. So wird zum Beispiel die Stuttgarter Innenstadt in nur 30 Minuten vom Flughafen aus zu erreichen sein. Dies ist möglich, indem die bestehende Strecke um 3 km bis zum Flughafen erweitert wird.
Premiere einer Bauweise
Die Schuppenwände selbst erforderten in Planung und Umsetzung wesentlich mehr Fingerspitzengefühl. „Es ist das erste Mal für uns, dass wir eine Wand in dieser Art und Weise ausgeführt haben“, erzählt Heiko Wagner, Bauleiter von Züblin. „Der Aufwand war daher schwer einzuschätzen. Mit der Unterstützung von Meva hat diese Premiere für uns aber sehr gut funktioniert.“ Dazu übersetzten die Meva-Ingenieure eine erste, unbemaßte Skizze aus der Ausschreibung in ein detailliertes 3D-Modell. Winkel, Nischen und Abstände sind darin genau eingezeichnet.
Anforderungen des Projekts
Im nach oben offenen Haltestellenbereich zwischen Kongresshotel im Norden und Flughafen im Süden ragen die sogenannten Schuppenwände mit einer Höhe bis zu 9,30 m empor. Die Höhe ist nicht gleichbleibend und orientierte sich in der Planung an einem Rad- und Gehweg in der Nähe. Die Schuppen haben eine Breite von 4 m und sind überlappend angeordnet, um den Eindruck einer geschuppten Fläche zu erzielen. Oben kragen die Schuppenwände aus und verjüngen sich. Diese Verjüngung wurde mittels Rückseitenschalung erzielt. Um dabei einen schnellen und effizienten Baufortschritt zu erreichen, sollte es zudem möglich sein, die Elemente der Sonderschalung miteinander zu koppeln.
Klein anfangen
In 18 Takten werden die Schuppenwände erstellt. Die Geometrie spiegelte sich bereits beim Einbringen der Bewehrung wider, die mit einem exakten Muster am Boden den Formen der Schuppenwände folgte. Anschließend wurden 15 cm hohe Anfänger betoniert, die den Aufbau der Sonderschalungen samt Stützböcken erleichtern.
In drei Teilen
Die schuppenförmige Anordnung zusammen mit der einhäuptigen Betonage erforderte eine besondere Lösung, um den Freiraum zwischen den einzelnen Schuppen abzubilden. Eine von Meva konstruierte Nischenschalung schafft Abhilfe und erlaubte es, die geforderten Geometrien in der Umsetzung einfach und effizient zu realisieren.
Da die Nischen zwischen den Schuppen später beleuchtet werden, war nicht bloß eine rechteckige Aussparung zu planen. Es galt auch die elek-trische Versorgung in Form einer dahinter gelagerten Nische zu gewährleisten. Außerdem benötigte man einen Nischenanfänger am Boden, um die unterschiedliche Winkellage zu
den Blockfugen zu berücksichtigen. Die vordere Nischenschalung ist schließlich das größte Element dieser drei Bauteile. Die Entwicklung einer technisch cleveren Lösung erforderte einiges an kreativer Ingenieursarbeit. Aufgrund der
beengten Verhältnisse entschied man sich dabei für eine Konstruktion aus Stahl.
Detaillierte Lösung
Um die Nischenschalung zwischen den Schuppen einzubringen, waren mehrere Aspekte zu beachten. So wird sie zum einen durch den Rahmen hindurch an der Schalung verschraubt. Weiterhin sind passgenaue Holzplatten in der Aussparung integriert, um dem Frischbetondruck Stand zu halten. Außerdem wird ein Sonderhalter, ein L-förmiges Metallteil, in die Schalung eingebracht. Die lange Seite des L wird am Rahmen der Schuppenschalung fixiert. Sie dient bei einer Schütthöhendifferenz und auftretender Frischbetondruckdifferenz zwischen zwei Schuppen als horizontale Sicherung, indem der Druck in den Rahmen abgeleitet wird. Um die Nischenschalung wieder zu entfernen, wurde sie außerdem trapezförmig konstruiert und mit Gelenkecken versehen. Als Trapez ist die Rückseite schmaler. Ist der vordere Teil frei, kommt es nicht zur Reibung und das Teil kann leicht entnommen werden. Die Gelenkecken erlauben es außerdem, die Seiten einzuklappen.
Nord-Süd-Differenz
Neben dieser Detaillösung gab es auch im Großformat Herausforderungen. Die Geometrien der Schuppenwände unterscheiden sich auf Nord- und Südseite. So ist etwa die Anordnung der Schuppen entgegengesetzt und auch die rückseitige Verjüngung gestaltet sich aufgrund der umgebenden Landschaft unterschiedlich. Die 140 m lange Südseite erhält auf der Rückseite eine Schräge, während auf der mit 93 m kürzeren Nordseite eine Rinne konstruiert wird.
Aufgrund der Form waren passgenaue Sonderschalungen nötig, die sich im Verlauf der Bauarbeiten wiederverwenden lassen. „Unsere Bauabläufe unterscheiden sich je nachdem, in welchem Bereich gearbeitet wird“, erklärt Bauleiter Heiko Wagner die Herausforderungen der Nord-Süd-Differenz. „Nach etwa zwei Einsätzen hatten wir den Bogen raus. Man merkt, dass Meva bei der Planung auch die Praxis im Blick hatte.“
Aus eins mach zwei
Da die Schuppenwände über unterschiedliche Rückseiten verfügen und nach oben über die Baugrube hinausragen, war der Einsatz einer ausschließlich einhäuptigen Schalung nicht möglich. Daher erarbeitete man eine clevere Möglichkeit, um die ein- und zweihäuptige Arbeitsweise zu kombinieren. Der untere Bereich wird mithilfe des Stützbocks STB 450 und der Industrieschalung Mammut 350 gegen die Baugrubenwand betoniert. Dabei erleichtert die vollflächige Frischbetondruckaufnahme von bis zu 100 kN/m² das Arbeiten, weil man bis zu einer Wandhöhe von 4 m nicht auf die Betoniergeschwindigkeit achten muss.
Aufgrund der unterschiedlichen Rückseiten hat der einhäuptige Bereich auf der Nordseite eine Wandstärke von ca. 1 m und auf der Südseite von 1,3 m. An der Nordwand ist zudem der einhäuptige Bereich größer, nimmt daher höhere Kraft auf und wird mit drei Triplex-Stützen gesichert. An der Südwand genügen zwei der modularen Schwerlaststützen von Meva.
Im oberen Bereich der Schuppenwände wird aus der einhäuptigen eine zweihäuptige Schalung. Eine Stahlrahmen-Konstruktion von Meva hält den rund 2,5 m hohen Abschnitt. Da die Schuppenwände insgesamt die gleiche Höhe haben, wird der Höhenunterschied im einhäuptigen Bereich zwischen Nord und Süd durch ein Stützblech an der Stahlrahmen-Konstruktion ausgeglichen.
Mut zu neuen Lösungen
Die Funktion des Stahlrahmens gleicht einem Trockenanker. Im gesamten Bereich des Stahlrahmens wird die Schalung somit nicht durchgeankert. „Ursprünglich war zunächst eine zweiseitige Ankerung vorgesehen“, erinnert sich Projektleiter Christian Hoffmann von Züblin. „Für ein einheitliches Bild der Betonflächen hätten wir daher auch im einhäuptigen Bereich gleichmäßig Blindkonen einbringen müssen. Der Aufwand wäre enorm gewesen.“ Der Vorschlag von Meva mit einem Stahlrahmen zu arbeiten, ermöglicht eine Verschalung, die man im Prinzip als zweimal einhäuptig bezeichnen könnte. Somit entstehen keine Ankerlöcher und die Notwendigkeit von Blindkonen entfällt. Der vereinfachte Arbeitsprozess bietet somit einen deutlichen Zeitvorteil. Gleichzeitig sieht die Fläche ebener und gleichmäßiger aus. Die Bauprofis von Züblin waren von dieser Idee überzeugt und auch dem Auftraggeber, der Stuttgarter Straßenbahnen AG gefiel dieser Vorschlag. „Das war ein absoluter Mehrwert für unser Projekt“, freut sich Hoffmann und lobt die kreative Schalungsplanung vom Partner Meva.
Sichtbeton glatt und strukturiert
Den hohen Sichtbetonanforderungen dieses Projekts kam der Verzicht auf Blindkonen ebenfalls zugute. Um besonders glatte und gleichmäßige Betonoberflächen zu erzielen, wurde die Sonderschalung in den Meva-Werken mit der Alkus-Vollkunststoff-Platte ausgestattet. Die Platten wurden von hinten verschraubt, um Abdrücke von Schrauben zu vermeiden.
Fugen und Ecken wurden mit dem gleichen Kunststoffmaterial verschweißt, aus dem auch die Platten bestehen. Somit kann keine Betonmilch austreten und es wird eine hochwertige Qualität erzielt. Neben den glatten Flächen der Alkus-Vollkunststoff-Platte, findet sich am Rand der Schuppen eine leichte Maserung. Diese wird mithilfe einer Strukturmatrize erzielt. Für eine stimmige Ansicht, wurden die Schalungsplatten passgenau und ohne Erhebung nebeneinander in der Sonderschalung eingebaut.
Die ersten Betonagen waren bereits erfolgreich. „Mit den Sonderlösungen von Meva haben wir eine Schalung im Einsatz, die genau zu unseren Anforderungen passt und das ist gerade bei diesem komplexen Projekt besonders wichtig“, sagt Bau-
leiter Wagner und Projektleiter Hoffmann ergänzt: „Es gab einige planerische Herausforderungen, die gut gelöst wurden und uns einen großen Mehrwert bei der Realisierung des Projekts bieten.“
Meva Schalungs-Systeme GmbH
www.meva.net/de