Starke Marken unter einem Dach
2003 hatte sich Xella erstmals auf der Messe Bau der Öffentlichkeit präsentiert. Heute ist das Unternehmen, zu dem so bekannte Marken wie Ytong, Multipor, Fermacell, Silka, Hebel und Fels gehören, zu einem international expandierenden Konzern zusammengewachsen.
Thomas Schwarzmann, Gütersloh,
Fachredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau
Wohl kaum ein anderes Produkt aus dem Baustoffsektor besitzt eine ähnlich hohe Bekanntheit wie der Ytong-Stein. Nicht nur für Handwerker, Architekten und Baustoffhändler steht die Marke Ytong quasi synonym für Porenbetonsteine, selbst Kinder kennen die großformatigen, überraschend leichten Quader aus dem Kunst- oder Werkunterricht. Ausschlaggebend für die Entwicklung dieses Baustoffs vor mehr als 90 Jahren war ein Mangelzustand: Die schwedische Regierung wollte nach dem Ersten Weltkrieg unabhängiger von Energie- und Rohstoffimporten werden und erließ schärfere Richtwerte für die Wärmedämmung von Gebäuden. So wurde im südschwedischen Yxhult erstmals in industriellem Maßstab Porenbeton hergestellt und der ursprüngliche Produktname „Yxhults Anghärdade Gasbetong“ zu Ytong verkürzt. In Deutschland erlebte dieser Baustoff nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Durchbruch, nachdem Wirtschaftsminister Ludwig Erhardt 1952 empfahlt, den Stein für den Wiederaufbau zu verwenden. Seitdem schrieben Produkt und Marke eine kontinuierliche Erfolgsgeschichte, die sich bis in die Gegenwart fortsetzt. Denn in Zeiten von Energieeinsparverordnung und KfW-Förderung erfüllt die neueste Generation der Porenbeton-Steine die aktuellen Erwartungen an Wärmedämmung und Ressourcenschonung – und die Marke Ytong ist einer der wichtigsten Grundpfeiler der Xella-Gruppe.
Traditionsmarken unter einem Dach
Auch andere, vormals eigenständige Marken und Unternehmen durften unter dem Dach der Xella-Gruppe ihre Markenidentität behalten. Vorgänger von Xella ist die 1940 gegründete Haniel Bau-Industrie, ein Hersteller von Kalksandsteinen. Das Familienunternehmen kaufte Anfang des Jahrtausends mehrere, ihrerseits traditionsreiche Baustoffproduzenten wie die Fels-Werke, zu der auch die Marke Fermacell gehört, die Hebel- und die Ytong-Werke und benannte sich in Xella-Baustoffe um. Zu Xella gehören außerdem die Marken Silka und Multipor. Durch den neuen Konzernnamen Xella fiel es leichter, die Mitarbeiter der verschiedenen Einzelunternehmen unter ein gemeinsames Dach zu bringen. Schließlich galt es, nicht nur ganz unterschiedliche Produkte, sondern auch ganz verschiedene Firmenkulturen zu verbinden. Aus heutiger Sicht hat sich diese Strategie der Xella-Gruppe bewährt, denn anders als manche Kritiker bei der Vorstellung von Xella auf der Bau 2003 in München vorhergesagt hatten, machten sich die einzelnen Marken des Konzerns nicht gegenseitig Konkurrenz, sondern ergänzen sich. Für Außenwände in den unteren Geschossen kommen Ytong-Steine und Multipor-Platten zum Einsatz, Innenwände werden aus Gründen des Schallschutzes und der Statik häufig aus Kalksandstein gebaut, und für den Dachausbau und den Trockenbau sind Gipsfaserplatten im Portfolio. Dadurch stehen die einzelnen Marken und Unternehmensteile in einem fruchtbaren Wettbewerb um die jeweils beste technische Lösung für eine Bauanforderung. Vorsitzender der Geschäftsführung der Xella International GmbH ist Jan Buck-Emden, der seit 2001 im Unternehmen tätig ist und daher den gesamten Prozess des Zusammenwachsens beobachten konnte.
Investition in Forschung und Produktentwicklung
Diesem Wettbewerb stellen sich die verschiedenen Marken mit separaten Vertrieben, schließlich gilt es häufig auch unterschiedliche Entscheider und Zielgruppen anzusprechen. Gemeinsame Wege geht man aber bei der Forschung, Entwicklung und Qualitätskontrolle. So wurden die vorher getrennten Abteilungen von Hebel und Ytong im Jahre 2004 an zwei Standorten in Brandenburg zusammengeführt.
50 Millionen Euro investierte Xella hier innerhalb der vergangenen 10 Jahre in Grundlagenforschung und die Entwicklung neuer Produkte und unterhält damit eine der größten Forschungsabteilungen der Baustoffindustrie. „Wir versuchen hier die Frage zu beantworten: Was braucht der Kunde in 20 Jahren?“, erläutert Torsten Schoch, Geschäftsführer der Xella Technologie- und Forschungsgesellschaft. Außerdem stelle man die Qualität von Ausgangs- und Endprodukten sicher und entwickle neue Produkte.
Sparsamer Umgang mit Ressourcen
Eines dieser Sahnehäubchen ist der Ytong Energy+, ein Baustein, der aus zwei Schichten Porenbeton und einem Kern aus Multipor besteht. Dadurch erreicht er eine Wärmeleitfähigkeit von λeq = 0,06 W/mK, was bei einer Wanddicke von 40 cm einen Wärmedurchgangskoeffizienten von U = 0,15 W/m2K ergibt. In Dänemarkt ist dieses Produkt bereits seit mehreren Jahren auf dem Markt, in Deutschland wurde es erstmals 2012 beim Bau des „M1 Hauses“ eingesetzt, einem massiven Energieplus-Haus in Brieselang. Der sparsame Umgang mit Ressourcen gehört bei allen Marken und Produkten zur Firmenphilosophie bei Xella. „Egal ob wir an Kalksandstein, Gipsfaserplatten oder Porenbeton denken, Ziel ist ein geschlossener Kreislauf“, erklärt Torsten Schoch. Schon heute sei man in der Lage, Baustellenabfälle sortenrein zurückzunehmen und wieder hochwertige Produkte daraus zu machen.
Steigende Anforderungen führen
zu Wachstum
Die steigenden Anforderungen an Baustoffe sieht man bei Xella positiv. Im Hallenbau steigen die Anforderungen an den Wärmeschutz. So können die Montagebauteile der Marke Hebel ihre Vorteile ausspielen. Durch die Urbanisierung steigen auch die Anforderungen an den Schallschutz. Hier bewähren sich Kalksandsteine von Silka. Mit dem neuen WDVS von Multipor trägt man außerdem dem gestiegenen Anspruch an Brandschutz, Wiederverwertbarkeit und Ressourcenschonung Rechnung und erschließt sich eine ganz neue Zielgruppe: den Maler.
Auch international setzt man bei der Xella International GmbH, die seit 2008 den Private Equity-Gesellschaften PAI und Goldman Sachs gehört,
auf Wachstum durch neue maßgeschneiderte Produkte. In mehr als 30 Ländern ist man bereits vertreten. Außerhalb Europas verfügt die Gruppe
untere anderem über Werke in Russland, Mexiko und China, dem derzeit interessantesten Wachstumsmarkt für Xella.⇥■