BESCHÄFTIGTE AUF STRASSENBAUSTELLEN

Verbesserter Arbeits- und Gesundheitsschutz

Der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) hat die Technische Regel für die Sicherheit der Beschäftigten auf Straßenbaustellen erarbeitet. Der ASTA ist eine Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und hat u.a. die Aufgabe, Technische Regeln zu ermitteln, mit denen die in der Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStättV) gestellten Anforderungen konkretisiert werden.

Im ASTA sowie seinen Projektgruppen und Arbeitskreisen sind die Interessen der unterschiedlichen Beteiligten vertreten. Dies sind die öffentlichen Arbeitgeber, die privaten Arbeitgeber, die Länderbehörden, die Gewerkschaften, die Unfallversicherungsträger und die Sachverständigen/ Wissenschaftler. An der Erarbeitung der ASR A5.2 waren u.a. auch Vertreter der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) beteiligt.

Nachdem der ASTA die ASR A5.2 am 5.12.2013 beschlossen hatte, wurde von Vertretern der Verkehrsseite Diskussionsbedarf zur beschlossenen Fassung angemeldet. Die beschlossene Fassung wurde daraufhin zur Information der breiten Fachöffentlichkeit im April 2014 als Entwurf auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zugänglich gemacht. Da es noch Diskussionsbedarf mit der Verkehrsseite gibt, wird es zum rechtsgültigen Erlass der ASR A5.2 im Gemeinsamen Ministerialblatt voraussichtlich erst Ende des Jahres 2015 kommen.

Warum eine neue ASR A5.2 Straßenbaustellen?

In der Vergangenheit hat sich im Rahmen von Unfalluntersuchungen bzw. bei der Kontrolle von Straßenbaustellen durch staatliche oder berufsgenossenschaftliche Aufsichtspersonen immer wieder herausgestellt, dass

– die für die sichere Verkehrsführung geltende Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA 95) und

– die für den Schutz der Beschäftigten geltende Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

in der Planungs-, Ausschreibungs- oder Ausführungsphase nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Vorgegebene Mindestmaße, Sicherheitsabstände und Arbeitsraumbreiten wurden dabei nicht oder nur unzureichend eingehalten. In der Folge ergaben sich für die Beschäftigten, die im Grenzbereich zum Straßenverkehr arbeiten müssen, nicht akzeptable Arbeitsbedingungen in Verbindung mit erhöhten Gesundheits- und Unfallrisiken.

Geltungsbereich der „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA-95)

Die „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA-95) sind Richtlinien zur Konkretisierung der StVO mit dem Ziel, den Verkehr sicher zu lenken und zu leiten. Die Verbände der Bauwirtschaft und die BG BAU haben sich seit dem Jahr 2006 verstärkt dafür eingesetzt, dass die Arbeitsbedingungen auf Straßenbaustellen und insbesondere der Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch den fließenden Verkehr in den „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA-95) durch entsprechende Hinweise und Präzisierungen verbessert werden. Wichtiges Ziel war dabei, den Beschäftigten für die durchzuführende Arbeit auch im Grenzbereich zum vorbeifließenden Verkehr eine den Körperabmessungen des arbeitenden Menschen entsprechende freie Bewegungsfläche sowie einen Sicherheitsabstand zu den äußeren Begrenzungen der vorbeifahrenden Fahrzeuge, inkl. Spiegel, Ladung etc., zur Verfügung zu stellen. Da die RSA-95 nicht die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz regeln sondern die Sicherheit des fließenden Verkehrs, wurden entsprechende Initiativen im zuständigen Arbeitskreis der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) aus formalen Gründen abgelehnt.

Um die Frage des Geltungsbereiches der RSA abschließend und verbindlich zu klären, gab es am 15.6.2011 ein Gespräch im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS, heute: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)) unter Beteiligung der „Bundesanstalt für Straßenwesen“ (BASt) und der Länder. Das BMVBS kam nach Prüfung zu dem Schluss, dass Regelungen für die Sicherheit der Beschäftigten auf Baustellen im Straßenverkehr in den RSA aus rechtlichen Gründen nicht erfolgen können. Die RSA betreffen lediglich die Sicherung von Arbeitsstellen zum Zweck der Gewährleistung des Verkehrs und regeln verkehrsrechtliche Grundsätze und Zuständigkeiten für alle verkehrslenkenden, -beschränkenden oder –verbietenden Maßnahmen auf öffentlichen Verkehrsflächen nach Maßgabe der StVO. Hinsichtlich der Regelungsgrenzen der RSA wurde festgehalten: „…Somit endet die Regelungsmöglichkeit der RSA an der Außenkante der temporären Markierung oder beim Erfordernis einer Sicherung mit Baken an deren Außenkante…“.

Zusammenfassend wurde festgelegt, „… dass der zuständige Arbeitskreis 3.5.4 der FGSV beauftragt werden soll, den Geltungsbereich der RSA in diesem Lichte zu präzisieren (RSA ausschließlich verkehrsrechtliche Regelungen, nachrichtlicher Hinweis, dass weitergehende Belange, z.B. Arbeitsschutzregelungen, durch entsprechende einschlägige Regelungen unabhängig davon getroffen werden)…“

Die arbeitsschutzrechtlichen Belange sollten somit durch entsprechende Hinweise und Präzisierungen im Arbeitsschutz- und Arbeitsstättenrecht erfolgen.

Unterschiedliche Formulierungen der RSA-95 zu Mindest- bzw. Sicherheitsabständen

Die in den RSA 95 beschriebenen Mindest- bzw. Sicherheitsabstände zwischen dem vorbeifließenden Straßenverkehr und der Arbeitsstelle werden auf unterschiedliche Bezugslinien bezogen.

Gemäß RSA-95 Teil A, Punkt 10.0 (3) gilt:

Zwischen dem Arbeitsbereich der Arbeitsstelle (z.­B. Grabungskante, Baugeräte) und dem Verkehrsbereich sind möglichst folgende Mindestabstände (Richtwerte) einzuhalten, soweit nicht vom Baulastträger andere Maße vorgeschrieben werden:

a) 0,3 m auf innerörtlichen Straßen,

b) 0,5 m auf Straßen außerorts,

c) 0,15 m auf Geh- und Radwegen.

RSA-95 Teil A, Punkt 10.0 (4) legt fest:

(4) …. Abstandsmaße beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf die Mitte der Verkehrseinrichtungen.

RSA-9 Teile B / C, Abschnitt 2.2.1 sowie Teil D 2.3.2 formulieren zum gleichen Sachverhalt:

Bei der Festlegung der Fahrstreifenbreiten sollte ggf. berücksichtigt werden, dass zwischen Absperrgeräten und einem Baugrubenrand ein Sicherheitsabstand von mindestens 0,3 m innerorts bzw. 0,5 m zur Verfügung steht. Auch aus den Regelplänen der RSA-95 ist zu erkennen, dass der Arbeitsbereich der Arbeitsstelle in einem Abstand, der etwa der Breite des Bakenblattes entspricht, beginnt.

Problem

Die unterschiedlichen Bezugslinien und fehlende grafische Darstellungen in den RSA 95 für Mindest- und Sicherheitsabstände haben in der Vergangenheit zu sehr unterschiedlichen und zum Teil falschen Interpretationen dieser Bezugslinien geführt. Gleichzeitig sind die dort vorgesehenen Mindestabstände aus Sicht des Arbeitsschutzes teilweise zu gering bemessen. Beispiel Arbeitsstelle kürzerer Dauer auf Autobahnen: Bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von bis zu 120 km/h wird ein Abstand von 50 cm aus verkehrlicher Sicht als ausreichend angesehen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den Mindest- und Sicherheitsabständen aus der RSA 95 um Mindestmaße handelt, die in Abhängigkeit des Einzelfalls erforderlichenfalls vergrößert werden müssen.

Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

Diese Verordnung dient der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten. Dabei gelten als Arbeitsstätten in dem hier diskutierten Zusammenhang Orte im Freien, die zur Nutzung für Arbeitsplätze vorgesehen sind. Sie gilt auch für sogenannte „Funktionsflächen, d. h. Flächen, die dem Beschäftigten außerhalb eines Arbeitsmittels, z. B. eines Asphaltfertigers, oder einer Fräse zur Verfügung gestellt werden müssen, um das Arbeitsmittel zu bedienen. Die Arbeitsstättenverordnung gilt nicht für den Betrieb von Arbeitsmitteln. Hier ist die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) einschließlich der nachgeordneten Technischen Regeln (TRBS) anzuwenden. Der reine Betrieb eines Arbeitsmittels oder Fahrzeuges, z. B. eines Sicherungsfahrzeugs ist demnach sicherheitstechnisch über die BetrSichV zu bewerten.

Vorhandenen Regelungen in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

Gemäß Arbeitsstättenverordnung muss die freie unverstellte Fläche am Arbeitsplatz eines Beschäftigten so bemessen sein, dass sich die Beschäftigten bei ihrer Tätigkeit ungehindert bewegen können. Arbeitsplätze sind in der Arbeitsstätte so anzuordnen, dass Beschäftigte nicht durch Einwirkungen von außerhalb gefährdet werden. Beschäftigten sind durch Sicherheitsabstände bzw. geeignete Schutzvorrichtungen vor Fahrzeugen zu schützen. Die Auswahl der geeigneten Schutzvorrichtung, die Bemessung der freien Bewegungsfläche sowie des Sicherheitsabstandes hat im Einzelfall im Rahmen einer schriftlich dokumentierten Gefährdungsbeurteilung zu erfolgen.

Problem

Die fehlenden Maße für Sicherheitsabstände und freie Bewegungsflächen sowie das Fehlen einer grafischen Darstellung haben in der Vergangenheit oft dazu geführt, dass die ArbStättV nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurde.

Arbeitsbedingungen, Gesundheits- und Unfallrisiken für Beschäftigte

Werden die RSA-95 und die Arbeitsstättenverordnung bei der Planung und Ausführung nicht oder unzureichend berücksichtigt, so führt dies zu zu gering bemessenen Arbeitsraumbreiten und Sicherheitsabständen für die Beschäftigten. Sie sind dann häufig gezwungen, unmittelbar neben oder sogar im Bereich des fließenden Verkehrs zu arbeiten. Liegen Arbeitsplätze neben Maschinen, wie z.B. Bedienplätze an Fertigern oder Fräsen, so haben die Beschäftigten keine Möglichkeit, vor zu dicht vorbeifahrenden Fahrzeugen auszuweichen.

Von 1993 bis 2003 wurden durch Fremdverschulden allein in Nordrhein-Westfalen 15 Straßenwärter getötet und 289 überwiegend schwer verletzt. Aktuelle Zahlen bestätigen diese Häufigkeiten für NRW im Wesentlichen bis heute. Der BG BAU sind aus den letzten 4 Jahren 57 Unfälle bekannt, bei denen Beschäftigte vom Verkehr an- oder überfahren wurden. Hierbei kamen 20 Arbeitskräfte zu Tode, 37 wurden schwer verletzt. Der Verband Deutscher Straßenwärter (VDStra) gab im Oktober 2014 auf seiner Internetseite an, dass jährlich durchschnittlich 9 Straßenwärter tödlich verunfallen.

Nach unterschiedlichen Berechnungen ist das reale Risiko eines Beschäftigten bei Arbeiten im Grenzbereich zum Straßenverkehr zwischen 12–48 mal höher, einem tödlichen Unfall zu erliegen, als bei anderen Beschäftigungsgruppen in der gewerblichen Wirtschaft. Für die Beschäftigten, die auf Straßenbaustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr arbeiten müssen, ist das Risiko, selbst vom Verkehr angefahren zu werden oder zumindest durch Unfälle mit direkten Kollegen belastet zu werden, deutlich höher als für einen durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer. Die Beschäftigten, die im Grenzbereich zum Straßenverkehr arbeiten, sind darüber hinaus zusätzlichen Gefährdungen durch Lärm, Abgase und Witterung ausgesetzt. Hinzu kommen die psychischen Belastungen auf derartigen Arbeitsplätzen, z.B. die ständige Gefahr angefahren zu werden, Beschimpfungen von genervten Autofahrern, psychische Verarbeitung von Unfällen von Kollegen.

Festlegen und Beurteilen von Schutzmaßnahmen auf der Grundlage von Arbeitsschutzgesetz, Baustellenverordnung und Arbeitsstättenverordnung

Bei der Planung und Ausführung von Straßenbaustellen müssen neben den Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) unter anderem das Arbeitsschutzgesetz, die Baustellenverordnung und die Arbeitsstättenverordnung berücksichtigt und angewendet werden. Dies gilt auch für Arbeitsplätze und Verkehrswege im Grenzbereich zum Straßenverkehr, bei denen Beschäftigte durch den fließenden Verkehr gefährdet werden können.

Minimierung von Gefährdungen nach Arbeitsschutzgesetz

Für den Schutz von Beschäftigten auf Baustellen sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch die Gefährdungen durch den fließenden Verkehr im Grenzbereich zum Straßenverkehr zu beurteilen und geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen festzulegen. Dabei sind die allgemeinen Grundsätze gemäß  § 4 ArbSchG zu berücksichtigen. Straßenbaustellen sind danach insbesondere so zu so zu planen und einzurichten, dass Gefährdungen durch den fließenden Verkehr für Beschäftigte  möglichst vermieden und verbleibende Gefährdungen möglichst gering gehalten werden.

Welche Maßnahmen sich im konkreten Einzelfall als geeignet erweisen, ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Dabei ist insbesondere den spezifischen Gefährdungen  bei unterschiedlichen Tätigkeiten auf Straßenbaustellen Rechnung zu tragen. Entsprechende Maßnahmen zur Lenkung und Leitung des Verkehrs dürfen ausschließlich von den hierfür zuständigen Behörden angeordnet werden.

Pflichten des Bauherrn nach der Baustellenverordnung

Der Bauherr ist verpflichtet, so zu planen, dass bei der Ausführung unter anderem die geltenden Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und Regeln zum Arbeitsschutz eingehalten werden können. Die Baustellenverordnung fordert zudem, bei der Planung der Ausführung eines Bauvorhabens unter anderem die allgemeinen Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes sowie den Stand der Technik zu berücksichtigen. Der Stand der Technik wird insbesondere beschrieben in staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Regeln, z. B. den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR).

Bei der Erstellung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes muss der vom Bauherrn zu bestellende Koordinator nach Baustellenverordnung bereits in der Planungsphase unter anderem die Gefährdungen durch den öffentlichen Verkehr berücksichtigen und Maßnahmen unter Berücksichtigung unter anderem der staatlichen Gesetze, Verordnungen sowie des Stands der Technik (z. B. ASR) zum Schutz von Beschäftigten vorsehen.

Es ist immer wieder festzustellen, dass bei konkreten Baumaßnahmen kein Koordinator für die Planungsphase benannt ist und die Baustellenverordnung in diesem Punkt nicht eingehalten wird. Wichtige Aspekte des Arbeitsschutzes bleiben hierdurch in der Planung unberücksichtigt. In der Ausführungsphase zeigt sich dann immer wieder, dass z. B. nicht die erforderlichen Bauflächen zur Verfügung gestellt werden, um unter Einhaltung der geltenden gesetzlichen Grundlagen und des Stands der Technik zu bauen und gleichzeitig den Verkehr in der gewünschten Form aufrecht zu erhalten. Auch in Hinblick auf spätere Sanierungs- und Wartungsmaßnahmen von Straßen ist festzustellen, dass die in der Baustellenverordnung geforderte „Unterlage mit den erforderlichen, bei möglichen späteren Arbeiten zu berücksichtigenden Angaben zu Sicherheit und Gesundheitsschutz“ nicht während der Planung der Ausführung erstellt wird. Hierdurch wird in einigen Fällen versäumt, für zukünftige Sanierungs- und Wartungsmaßnahmen z.B. ausreichend Breite Fahrbahnen zur Verfügung zu stellen, um auch in der Zukunft während der Sanierungsarbeiten den Verkehr in der gewünschten Form aufrecht zu halten.

Schutzmaßnahmen gemäß Arbeitsstättenverordnung

Gemäß Arbeitsstättenverordnung

–   muss die freie unverstellte Fläche am Arbeitsplatz so bemessen sein, dass sich die Beschäftigten bei ihrer Tätigkeit ungehindert bewegen können und

– sind die Beschäftigten durch Sicherheitsabstände bzw. geeignete Schutzvorrichtungen vor Fahrzeugen zu schützen.

Die Auswahl der geeigneten Schutzvorrichtung, die Bemessung der freien Bewegungsfläche sowie des Sicherheitsabstandes müssen im Einzelfall im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung erfolgen.

Platzbedarf der freien Bewegungsfläche

Der erforderliche Platzbedarf der freien Bewegungsfläche muss im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden. Hierbei sind die Körpermaße der Beschäftigten sowie die auszuführenden Bewegungsabläufe zu berücksichtigen. Auch Platzbedarfe für ein durch Arbeitsverfahren bedingtes Hinauslehnen aus Führer- und Bedienständen von Fahrzeugen und Maschinen zur Einsichtnahme in den Fahr- und Arbeitsbereich ist zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung der Körpermaße kann man sich anthropometrischer Normen bedienen oder aber einfach die Tätigkeit vorab simulieren und z.B. mit einem Zollstock nachmessen, wieviel Platz für die freie Bewegungsfläche erforderlich ist.

Bemessung des Sicherheitsabstandes

Der Sicherheitsabstand beschreibt den Abstand zwischen der freien Bewegungsfläche des Beschäftigten und den äußeren Begrenzungen der vorbeifahrenden Fahrzeuge (inkl. Spiegel, Ladung etc.).

Da die Energie eines Aufpralls und somit das Verletzungsrisiko von der Geschwindigkeit des am Beschäftigten vorbeifahrenden Verkehrs abhängig ist, muss der Sicherheitsabstand sowohl in Längsrichtung zum ankommenden Verkehr als auch in Querrichtung zum vorbeifahrenden Verkehr die Geschwindigkeit berücksichtigen. Darüber hinaus berücksichtigt der Sicherheitsabstand z. B. unbeabsichtigte Bewegungen von Beschäftigten aus dem Bereich von Arbeitsplätzen und Verkehrswegen heraus oder unbeabsichtigte Fahrbewegungen des fließenden Verkehrs und die mit höherer Geschwindigkeit zunehmende Sogwirkung, z.B. durch vorbeifahrende Lkw.

Ein Blick in die Regelwerke der Straßenbauer und -planer zeigt eine vergleichbare Herangehensweise: Hinsichtlich Fahrlinienabweichungen wird in den Regelwerken für die Verkehrsplanung von einem geschwindigkeitsabhängigen Zusammenhang ausgegangen, siehe z.B. geschwindigkeitsabhängiger Bewegungsspielraum nach RAS-Q. Die mit steigender Geschwindigkeit des vorbeifahrenden Verkehrs zunehmende Sogwirkung wird z.B. für die Standsicherheit von Verkehrszeichen berücksichtigt, indem auf innerörtlichen Straßen ein Bemessungsstaudruck von 0,25 kN/m2 und auf Landstraßen von 0,42 kN/m2 angesetzt wird, also nahezu der doppelt Staudruck.

Neben der Geschwindigkeit sind weitere Einflussfaktoren bei der Festlegung des Sicherheitsabstandes zu berücksichtigen, z. B.:–

– Kurvigkeit der Straßenführung,

– fehlende Ausweichmöglichkeiten, z.B. durch Bordsteine, seitlichen Bewuchs,

– Gegenverkehr,

– Fahrstreifenbreiten,

– Fahrzeugarten,

– Verkehrsdichte und

– Sichtverhältnisse.

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung dieser Randbedingungen muss der Sicherheitsabstand gemäß Arbeitsstättenverordnung im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden.

Was ändert sich durch die ASR A5.2 ?

Die ASR A5.2 „Straßenbaustellen“ dient dem Schutz der Beschäftigten vor den Gefahren des Straßenverkehrs. Sie konkretisiert die seit Jahrzehnten geltenden Forderungen der ArbStättV und beinhaltet keine neuen Sachverhalte. Sie unterstützt durch Maße und Grafiken alle am Bau Beteiligten bei der Wahl der Schutzmaßnahmen, der Bemessung der freien Bewegungsfläche und der Sicherheitsabstände sowie der Auswahl von Schutzvorrichtungen. Sie löst nach der Veröffentlichung im Gemeinsamen Ministerialblatt die sog. Vermutungswirkung aus. Das bedeutet, dass derjenige, der sie anwendet, davon ausgehen kann, die Arbeitsstättenverordnung bezüglich der beschriebenen Gefährdungen ausreichend berücksichtigt zu haben. Ein Abweichen von der ASR ist möglich, wenn die gleiche Sicherheit auf andere Art und Weise gewährleistet wird.

Erforderlichen Straßenbreiten bei Anwendung der ASR A5.2 im Vergleich zur RSA-95

Aus verkehrlicher Sicht werden oft die Landstraßen und die innerörtlichen Straßen als besonders kritisch eingeschätzt. Deshalb wurde bei der Entwicklung der ASR A5.2 die RSA-95 als Grundlage herangezogen. Im Interesse einer möglichst einheitlichen Sprachregelung wurde in der ASR A5.2 analog der Standardregelung der RSA-95 für Abstandsmaße als Bezugslinie für die Maßkette die Mittelachse der Leitbake gewählt. Für den korrekten Vergleich der möglichen Straßenbreiten bei Anwendung der RSA-95 bzw. der ASR A5.2 wird im Folgenden beispielhaft die Situation für Landstraßen gegenübergestellt. Bei richtiger Anwendung der RSA- 95 sowie der Arbeitsstättenverordnung zeigt sich, dass sich Innerorts und auf Landstraßen annähernd die gleichen Breiten wie bei Anwendung der ASR A5.2 ergeben.

In welchen Fällen sind Arbeitsstättenverordnung bzw. ASR A5.2 anzuwenden?

Im Zusammenhang mit dem Schutz der Beschäftigten vor den Gefahren des Straßenverkehrs sind Arbeitsstättenverordnung bzw. ASR A5.2 immer nur dann anzuwenden, wenn sich Beschäftigte im unmittelbaren Grenzbereich zum Straßenverkehr aufhalten und dort ihre Arbeit verrichten müssen. Zusätzlich hat immer die verkehrsrechtliche Absicherung nach StVO und RSA-95 zu erfolgen.

In Bauphasen, in denen keine Beschäftigten im unmittelbaren Grenzbereich zum Straßenverkehr arbeiten, reicht die Absicherung nach verkehrsrechtlichen Erfordernissen (StVO, RSA-95) aus.

Wesentliche Inhalte der ASR A5.2

Nachfolgend werden wesentliche Inhalte aus dem Entwurf der ASR A5.2 zusammengefasst und vereinfacht dargestellt: Dem Grundprinzip des Arbeitsschutzes folgend soll zunächst versucht werden, Gefährdungen zu vermeiden, siehe auch Erläuterungen zum Arbeitsschutzgesetz weiter oben. Ist dies nicht möglich, so sind die Gefährdungen zu minimieren. Hierbei sind der Stand der Technik sowie das TOP-Prinzip zu berücksichtigen. Das TOP-Prinzip (TOP = Technisch – Organisatorisch – Persönlich) beschreibt die im Arbeitsschutz übliche Rangfolge von Maßnahmen, wonach technische Maßnahmen vor organisatorischen oder persönlichen Maßnahmen zur Anwendung kommen sollen.

Dementsprechend heißt es in der ASR A5.2, Punkt 4.1:

(1)… Gefährdungen durch den fließenden Verkehr können z.B. vermieden werden durch eine vollständige Umleitung des Verkehrs bei einbahnigen Straßen oder eine Überleitung des Verkehrs auf die Gegenfahrbahn bei zweibahnigen Straßen.

(2) Sofern Gefährdungen für Beschäftigte durch den fließenden Verkehr nicht vermieden werden können, sind diese so weit wie möglich zu minimieren.

Im Punkt 4.2.1 werden technische Schutzmaßnahmen für Straßenbaustellen längerer Dauer beschrieben:

(1) Zur Minimierung der Gefährdungen durch den fließenden Verkehr sind zur räumlichen Trennung von Arbeitsplätzen und Verkehrswegen auf Straßenbaustellen vorrangig Fahrzeug-Rückhaltesysteme einzusetzen…

(3) Können Fahrzeug-Rückhaltesysteme nicht eingesetzt werden, z.B. aufgrund fehlender

Aufstellflächen oder Unterschreitung der Mindestaufbaulänge, sind Verkehrseinrichtungen (z.B. Leitbaken, Leitkegel, Leitschwellen, -borde oder -wände) zur Führung des Straßenverkehrs zu verwenden…

Als Mindestbreite für Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Straßenbaustellen wird für reine Kontroll-, Steuer- und Bedientätigkeiten, z.B. im Mitgängerbetrieb, ein BM von 80 cm vorgesehen. Der seitliche Sicherheitsabstand SQ von Arbeitsplätzen und Verkehrswegen auf Straßenbaustellen zum fließenden Verkehr ist geschwindigkeitsabhängig und beträgt beim Einsatz von großen Leitbaken zwischen 30 cm bei einer zul. Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h bis zu 90 cm bei einer zul. Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h.

Da bei der Bemessung des Sicherheitsabstandes SQ beim Einsatz von z.B. Leitbaken ausschließlich die leitende Wirkung der Verkehrseinrichtung betrachtet wird, nicht jedoch die Auswirkung eines Durchbrechens von Fahrzeugen durch die Absperrung, wird der gleiche Grundgedanke bei der Bemessung der Sicherheitsabstände beim Einsatz von transportablen Schutzeinrichtungen angewendet. Hieraus ergeben sich für den Einsatz von transportablen Schutzeinrichtungen zum Schutz der Beschäftigten auf derart kurzfristigen Arbeitsplätzen teilweise geringere Sicherheitsabstände SQ als bei Betrachtung des „crashens“ einer solchen Schutzeinrichtung und der daraus folgenden dynamischen Querverschiebung. Die Sicherheitsabstände für transportable Schutzeinrichtungen betragen somit zwischen 30 cm bei einer zul. Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und bis zu 100 cm bei einer zul. Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Wegen der gegenüber Leitbaken höherwertigen Schutzfunktion der transportablen Schutzeinrichtungen wird der Sicherheitsabstand SQ nicht von der Mittelachse, sondern von der dem Verkehr zugewandten Seite der transportablen Schutzeinrichtung gemessen. Hierdurch stehen dem Verkehr 0,15 m mehr zur Verfügung. Wenn zusätzlich der gemäß RSA-95 beim Einsatz von Leitbaken vorgesehene Abstand von 0,25 m zwischen Gelbmarkierung und Bakenblatt entfallen und die Gelbmarkierung bis direkt an die transportable Schutzeinrichtung herangeführt werden kann , ergibt sich in der Summe bei der Absicherung durch transportable Schutzeinrichtungen eine Platzersparnis von 0, 4 m gegenüber der Verwendung von Leitbaken. Der Sicherheitsabstand SL zum ankommenden Verkehr ist ebenfalls geschwindigkeitsabhängig. Anders als in den Regelplänen der RSA-95 dargestellt, beziehen sich die Maße im Arbeitsschutz zwangsläufig auf das lichte Maß zwischen Sicherungselement und Arbeitsraum. Unterstützt und verdeutlicht werden die hier erläuterten Inhalte der ASR A5.2 durch eindeutige Maßketten in Grafiken, welche übliche Arbeitsverfahren im Straßenbau nach heutigem Stand der Technik darstellen.

Öffnungsklauseln

In verschiedenen Abschnitten der ASR A5.2 sind Öffnungsklauseln eingebaut, welche beschreiben, wie die Schutzmaßnahmen zu wählen sind, wenn die Mindestmaße aus den Tabellen nicht eingehalten werden können. Hiernach sind als Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung Schutzmaßnahmen festzulegen, die mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen. Dabei sind z. B. folgende Kriterien zu berücksichtigen:

– Zulässige Höchstgeschwindigkeit des fließenden Verkehrs,

– Kurvigkeit der Straßenführung,

– fehlende Ausweichmöglichkeiten, z. B. durch Bordsteine, seitlichen Bewuchs

– oder Gegenverkehr,

– Fahrstreifenbreiten,

– Fahrzeugarten und

– Verkehrsdichte, Sichtverhältnisse.

Des Weiteren sind geeignete Maßnahmen beispielhaft aufgeführt, wie z. B.

– temporäre Fahrbahnverbreiterung für den vorbeifließenden Straßenverkehr,

– Überwachung der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit z. B. durch polizeiliche Maßnahmen,

– Anzeige der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit durch elektronische Messverfahren,

– in lokal begrenzten Abschnitten weitere Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit,

– Herausfiltern und Umleiten des Lkw-Verkehrs,

– Durchführung der Arbeiten in verkehrsarmen Zeiten oder

– Temporäre Lichtzeichenanlage zur zeitweiligen Sperrung des fließenden Verkehrs (Nutzen von Zeitfenstern).

An Stellen, an denen Beschäftigte nicht ausreichend durch Verkehrseinrichtungen etc. vor den Gefährdungen des fließenden Verkehrs geschützt werden, z.B. im Bereich von Straßenkreuzungen oder für einzelne kurzfristige Tätigkeiten mit besonderem Platzbedarf, sind ergänzende Maßnahmen zur Minimierung der Gefährdung erforderlich, z.B. eine kurzzeitige Sperrung, Verkehrsbeschränkungen für Lkw. Auch der Einsatz von Polizei an diesen Stellen zur Lenkung und Leitung des öffentlichen Straßenverkehrs kann eine geeignete Maßnahme sein.

Zusammenfassung

Die ASR A5.2 ist ein modernes und flexibles Hilfsmittel, welches allen am Straßenbau Beteiligten wichtige Informationen liefert und anschaulich darstellt. Wesentliches Ziel der ASR A5.2 ist es, den Beschäftigten für die durchzuführende Arbeit auch im Grenzbereich zum vorbeifließenden Verkehr eine den Körperabmessungen des arbeitenden Menschen entsprechende freie Bewegungsfläche sowie einen Sicherheitsabstand zu den äußeren Begrenzungen der vorbeifahrenden Fahrzeuge (inkl. Spiegel, Ladung etc.) bzw. zum ankommenden Verkehr zur Verfügung zu stellen. Durch das Berücksichtigen von erforderlichen Breiten für die Sicherheitsabstände und Arbeitsräume in der Planung können verkehrsentlastende Maßnahmen rechtzeitig eingeplant und ausgeschrieben werden. Hierdurch kann proaktiv zur Stauvermeidung beigetragen werden.

Gegenüber der RSA- 95 ergeben sich keine Mehrbreiten für Arbeitsstellen längerer Dauer auf Landstraßen, vorausgesetzt, dass bei dem Vergleich die RSA-95 und die Arbeitsstättenverordnung richtig angewendet werden.

Bauarbeiten und der laufende Straßenverkehr müssen möglichst gut aufeinander abgestimmt werden. Deshalb muss bereits in der Planung berücksichtigt werden, dass die Baustellenabsicherung ggf. den unterschiedlichen Bauphasen angepasst und je nach Erfordernis mehrmals umgestellt werden muss. Im Rahmen der Baumaßnahme erforderliche Vollsperrungen einer Straße können so entfallen oder auf ein Minimum beschränkt werden. Zu enge Straßen können in der Bauzeit provisorisch verbreitert werden. Umleitungsstrecken sollten für zusätzliche Verkehrsströme ausgelegt werden. Arbeiten, die den Verkehr stark behindern würden, lassen sich in verkehrsschwache Zeiten legen. Lastkraftwagen mit großer Breite können vor der Baustelle herausgefiltert und auf eine Lkw-Umleitungsstrecke geschickt werden. Auch die frühzeitige Information der Verkehrsteilnehmer über geplante Baumaßnahmen und mögliche Alternativstrecken tragen zur Entlastung der Situation bei. Die intensive Zusammenarbeit mit den öffentlichen Medien hat sich hierbei bewährt.

Grundsätzlich bleibt jedoch festzustellen:

Jedes Bauen stört den Verkehrsfluss. Das Aufrechterhalten aller Fahrspuren, vorzugsweise ohne Geschwindigkeitsreduzierung, ohne Beeinflussung des Verkehrs, ohne Zusatzkosten, ohne zusätzlichen Zeitaufwand und bei simpelster Verkehrsführung bei gleichzeitiger Durchführung einer Straßenkomplettsanierung ist ein Wunschgedanke, der bei näherem Hinsehen als nicht realistisch erkannt werden muss. Er kann nicht Gegenstand ernsthafter Diskussionen sein.

Soll der Verkehr trotz Bauarbeiten an der Baustelle vorbeigeführt werden, so müssen hierfür entsprechend zusätzliche Maßnahmen, Bauflächen, Bauzeiten und daraus folgende Kosten eingeplant und bereitgestellt werden. Will der Auftraggeber hingegen kostengünstig, schnell und mit bester Produktqualität bauen, ist eine Vollsperrung oftmals die bessere Lösung. Bei einer Vollsperrung fallen z.B. Längs- und Quernähte weg. Hierdurch verbessert sich die Produktqualität der Straße und somit die Haltbarkeit. Eine geringere Reparaturhäufigkeit verringert die Belastung der Verkehrsteilnehmer.

Nicht zu vernachlässigende Mitnahmeeffekte bei einer Vollsperrung sind geringere Baukosten und -zeiten. Verkürzte Bauzeiten kommen auch den Verkehrsteilnehmern zugute. Diesen Vorteil haben bereits jetzt viele Baulastträger und Verkehrsbehörden erkannt und setzen ihn erfolgreich in der Praxis um.

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