Was bringt das neue Planungs-
beschleunigungsgesetz?

Änderungen für die Zulassung von Großprojekten

Am 7. Dezember 2018 ist das Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren in Kraft getreten. Ob es wie gewünscht die Zulassung von Verkehrswegeprojekten beschleunigen kann, ist aber fraglich.

Das vor einem knappen halben Jahr in Kraft getretene „Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren“ wurde mit dem Hintergrund des Investitionsstaus bei Infrastruktur-Projekten geschaffen. Es soll Bürokratiehürden abbauen und schnellere Genehmigungsverfahren bewirken.

Zur Vorbereitung des Gesetzes hatte das Bundesverkehrsministerium das „Innovationsforum Planungsbeschleunigung“ zur Erforschung der Ursachen langfristiger Genehmigungsverfahren einberufen. Auf Basis dessen Abschlussberichts formulierte das Ministerium die Strategie Planungsbeschleunigung mit zwölf konkreten Vorschlägen. Diese bildeten die Grundlage für das Gesetz.

Das Planungsbeschleunigungsgesetz beruht auf einer Initiative des Verkehrsministeriums und beschränkt sich daher auf eine Anpassung der Genehmigungsverfahren für Bundesfernstraßen, Eisenbahnen und Bundeswasserstraßen. Es ist zu hoffen, dass dies schnellstmöglich bereinigt wird, indem die Regelungen in dem Verwaltungsverfahrensgesetz zusammengeführt werden.

Das Ziel: weniger Planfeststellungen,

mehr Plangenehmigungen

Eine wesentliche Forderung ist die vermehrte Nutzung der Plangenehmigung. Das Planungsbeschleunigungsgesetz sieht insoweit vor, dass auch dann eine Plangenehmigung erteilt werden kann, wenn für das Vorhaben eine Unverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich ist. Die Vorschrift erweitert den Anwendungsbereich des Plangenehmigungsverfahrens, das weniger aufwendig ist als die ansonsten erforderliche förmliche Planfeststellung. Die zuständige Behörde muss daher bei UVP-pflichtigen Vorhaben auch ihr Ermessen ausüben, ob auf die Planfeststellung verzichtet werden kann.

Diese Ermessensentscheidung ist fehleranfällig und kann daher Gegenstand zusätzlicher Rechtsstreite sein. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung hätte es eher gelegen, generell auf die Anordnung des förmlichen Planfeststellungsverfahrens für UVP-pflichtige Vorhaben zu verzichten.

Vorzeitiges Bauen wird möglich –

Rückbau aber nicht ausgeschlossen

Das Bundeswasserstraßengesetz sieht bereits die Möglichkeit vor, vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen im Wege einer „vorläufigen Anordnung“ festzulegen. Anders als bei einem Vorbescheid wird damit die Planfeststellung für diese Teile des Vorhabens noch nicht vorweggekommen und bedarf noch der (endgültigen) Planfeststellung. Die vorläufige Anordnung kommt daher auch nur bei umkehrbaren Maßnahmen in Betracht, oder wenn ein öffentliches Interesse an einem vorzeitigen Beginn vorliegt. Wird der Planfeststellungsantrag zurückgezogen oder die Planfeststellung für unzulässig erklärt, ordnet die Behörde den Rückbau an. Dieses Risiko ist der Preis für vorzeitigen Baubeginn.

Höhere Transparenz durch Internet-
Veröffentlichungen

Das Gesetz sieht zudem die Einbindung eines externen Projektmanagers durch die Behörde und die Veröffentlichung der Planunterlagen im Internet vor. Die Digitalisierung des Verfahrens erhöht die Transparenz. Ob es zu einer Planungsbeschleunigung führt, bleibt abzuwarten. Denn die elektronische Verfügbarkeit der Unterlagen erleichtert auch potentiellen Projektgegnern die Fehlersuche und birgt die Gefahr, dass vermehrt Einwendungen erhoben werden und sich Vorhaben weiter verzögern.

Einsprüche nach Fristablauf erschwert

Eine wirksame Maßnahme zur Projektbeschleunigung ist auch die Beschränkung des Rechtsschutzes. Fristen zur Begründung von Klagen sah das bisherige Recht vor. Diese wurden jetzt sogar von sechs auf zehn Wochen verlängert und damit an die Frist angeglichen, die für UVP-pflichtige Vorhaben nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gilt.

Neu ist die Regelung zum Vorbringen nach Fristablauf. Verspätet vorgebrachte Erklärungen oder Beweismittel dürfen in Verkehrswegesachen jetzt nur noch zugelassen werden, wenn sie genügend entschuldigt sind. Bislang durften sie nur zurückgewiesen werden, wenn sie auch die Erledigung des Rechtsstreits verzögern und über die Rechtsfolgen belehrt worden war.

Es bleibt abzuwarten, ob die Gerichte in der Praxis tatsächlich vermehrt von diesem Recht Gebrauch machen werden. Denn die Verwaltungsgerichtsordnung verpflichtet sie auch, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, ohne an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein.

Anordnungen durch Gesetzgeber in Ausnahmefällen möglich

Die Strategie Planungsbeschleunigung schlägt auch die Festlegung von Trassen durchs Bundesgesetz vor. Das neue Gesetz sieht insoweit keine Regelungen vor. Es ist jedoch der erklärte Wille des Verkehrsministeriums, dringliche Projekte über Maßnahmengesetze direkt durch den Gesetzgeber zuzulassen.

Das Bundesverfassungsgericht hat solche Einzelfallgesetze nicht beanstandet, wenn gute Gründe eine solche Planung rechtfertigen. In anderen Staaten wird von dieser Möglichkeit ebenfalls Gebrauch gemacht - zum Beispiel durch den Staat Dänemark bei der Genehmigung des dänischen Teils der Fehmarnbelt-Querung. Insbesondere schränkt die Planung durch Gesetz den Rechtsschutz des Bürgers stark ein, indem er ihn auf die Verfassungsbeschwerde verweist.

Schnellere Planfeststellungen nicht garantiert

Insgesamt kann bezweifelt werden, ob diese punktuellen Regelungen nennenswert zur Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren führen. Im Wesentlichen beruhen die langen Verfahren auf den extrem angestiegenen Anforderungen; insbesondere des Natur-, Arten- und Gewässerschutzrechts sowie der Ausweitung der Klagemöglichkeiten vor allem für Umweltverbände. Doch das erfordert die Änderung zwingender EU-Vorschriften, für die der deutsche Gesetzgeber nicht zuständig ist.

CMS Hasche Sigle

www.cms.law

„Ein Tropfen auf den heißen Stein...“

Gespräch mit Dr. Christian Scherer-Leydecker, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner bei CMS Deutschland, über die Wirksamkeit des kürzlich in Kraft getretenen Gesetzes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren

THIS: Herr Scherer-Leydecker, mit dem Planungsbeschleunigungsgesetz will der Gesetzgeber besonders Großbauprojekte schneller voranbringen. Wie realistisch ist Ihrer Meinung nach diese Hoffnung?

Christian Scherer-Leydecker: Eine nennenswerte Beschleunigung von Projekten erwarte ich nicht. Es handelt sich um den berühmten Tropfen auf den heißen Stein. Es werden Symptome behandelt, ohne die Ursachen wirksam zu bekämpfen. Eigentlich müssten die ausufernden Anforderungen des Natur-, Arten- und Gewässerschutzrechts und Klagerechte eingedämmt werden. Hier wäre der europäische Gesetzgeber gefordert. Den politischen Willen, dies ernsthaft anzugehen, sehe ich aber nicht. Ich glaube, dass das letztlich auch durchaus von weiten Teilen der Gesellschaft getragen wird, die Infrastrukturprojekte sehr kritisch sehen.

THIS: Das neue Planungsbeschleunigungsgesetz sieht auch einen externen Projektmanager vor. Wie schätzen Sie diese Maßnahme ein?

Christian Scherer-Leydecker: Ein geordnetes und professionelles Projektmanagement von Seiten der öffentlichen Hand ist in jedem Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist allerdings bezeichnend, dass die Verwaltung das offensichtlich nicht selbst leisten kann.

THIS: An welchen Stellen müssten aus Ihrer Sicht zwingend Anpassungen vorgenommen werden?

Christian Scherer-Leydecker: Es sollte bereits in einer frühen Phase des Genehmigungsverfahrens ein Stichtag gesetzlich festgelegt werden. Für das Verfahren und Klagen wären dann die Rechtslage und Tatsachenfeststellungen zu diesem Zeitpunkt maßgeblich. In der Praxis führen nämlich neue gesetzliche Anforderungen und behauptete oder tatsächliche Veränderungen in der Umwelt immer wieder zu einem ständigen Anpassungs- und Begutachtungsbedarf, der Projekte extrem in die Länge zieht und fehleranfällig macht.

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