Über Nacht OPA

Innovatives Sanierungskonzept für schnellen Baufortschritt

Bei Instandsetzungsarbeiten auf der A1 sorgen Wirtgen Group Maschinen beim Dünnschichteinbau und Feinfräsen für den qualitativ hochwertigen Einbau einer neuen Deckschicht – und das in nur 42 statt geplanter 55 Nächte.

Im Ruhrgebiet, der mit Abstand am dichtesten besiedelten Region Deutschlands, hat Straßen.NRW vor rund 15 Jahren auf der A1 zwischen dem Westhofener Kreuz und der Anschlussstelle Dortmund/Unna die ersten Autobahn-Kilometer mit einem lärmmindernden, offenporigen Asphalt (OPA) einbauen lassen. 2016 war die Deckschicht verschlissen und eine komplette Instandsetzung der 3-spurigen Autobahn mit Standstreifen erforderlich. Auf der rechten Fahrspur und dem Standstreifen galt es zusätzlich, auch die Binderschicht zu erneuern.

Weil der 7,2 km lange Streckenabschnitt eine der Hauptschlagadern des deutschen Straßennetzes ist und Tag für Tag von durchschnittlich 100.000 Fahrzeugen pro Fahrtrichtung bei einem Schwerverkehrsanteil von etwa 17% frequentiert wird, wollte man eine Vollsperrung vermeiden. Wirtgen Fräsen und Vögele Fertiger übernahmen schließlich Nacht für Nacht die Hauptrollen und sanierten den Asphaltbelag Stück für Stück und Spur für Spur. Das Mischgut stammte unter anderem aus einer Benninghoven Mischanlage. Sie alle haben ihren Job gut gemacht – so gut, dass die Maßnahme schon nach 42 Nächten komplett abgeschlossen war.

Innovatives Instandsetzungskonzept

Um die Verkehrsbehinderung während der Instandsetzung zu minimieren, entwickelte Straßen.NRW ein innovatives Konzept: In den verkehrsarmen Abend- und Nachtstunden zwischen 20 Uhr und 5 Uhr sollte jeweils eine der 3,75 m breiten Spuren auf einer Länge von ca. 700 m – 900 m erneuert werden. Heike Gerlach, Abteilungsleiterin Straßenbau der Autobahnniederlassung Hamm, fasst das wie folgt zusammen: „Wenn man tagsüber nicht merkt, dass hier nachts eine Baustelle war, haben wir alles richtig gemacht.“

Das bedeutete für die linke und mittlere Fahrspur: Absperren des betreffenden Abschnitts, Abtragen der Deckschicht mit Feinfräswalzen, Reinigen der Fräsfläche, Aufbringen einer SAMI-Schicht (Stress Absorbing Membrane Interlayer), Einbauen einer neuen Deckschicht, Markierung der Fahrbahn und Abkühlen. Auf der rechten Spur war etwas mehr zu tun: Hier trugen Kaltfräsen die Deck- und Binderschicht in zwei Arbeitsschritten ab. Dann wurde Binderschicht-Material in 12 cm Stärke eingebaut. In einer weiteren Nachtschicht wurde auf der rechten Spur und auf der Standspur die Fahrbahn 4 cm tief gefräst und in dieser Stärke durch eine neue OPA-Deckschicht ersetzt. Danach folgte der letzte Schritt: das Einbringen von speziellen, 2 cm tiefen Fugen an den Nähten. Sie sorgen für den dauerhaften Verbund zwischen den einzelnen Einbauspuren, ohne den Wasserabfluss im offenporigen Asphalt zu behindern.

Feinfräsen und Dünnschichteinbau

Die Dortmunder Gehrken Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG als Generalunternehmer und Projektkoordinator führte die Arbeiten aus. Die Schlüsselpositionen besetzte das Unternehmen mit Geräten der Wirtgen Group. So arbeitete Fräsdienstleister GMS Fahrbahnsanierungen GmbH ausschließlich mit Wirtgen Kaltfräsen: zwei Großfräsen vom Typ W 210i sowie die neuen Kompaktfräsen W 100 CFi und W 150 CFi. Nach der Reinigung der Fräsfläche erledigte ein Vögele Sprühfertiger Super 1800-3i SprayJet zwei Aufgaben zeitgleich: Mit dem integrierten Sprühmodul brachte er die neue SAMI-Schicht auf und baute darauf unmittelbar die neue Deckschicht im Heißeinbau (DSH-Belag) ein. Der Asphalt für die Baustelle kam zum Teil aus einer Benninghoven Mischanlage BA 3000 der Kemna Bau Andreae GmbH & Co. KG im nahe gelegenen Kamen-Heeren.

Die Maschinenperformance hat die Auftraggeber auf der ganzen Linie begeistert. Dipl.-Ing. Udo Mattigkeit, Projektleiter bei Straßen.NRW, berichtet, dass „die Maschinen am Ende noch leistungsfähiger waren als die Kalkulation im Vorfeld ergeben hatte. Deshalb haben wir nach den ersten Nächten die Abschnitte verlängert und bis zu 1.300 m pro Nacht saniert. So benötigten wir schlussendlich 13 Nächte weniger als ursprünglich veranschlagt. Und die Qualität der neuen Deckschicht ist top.“

Grundlage für dünne Schicht

Eine der verwendeten Maschinen war die W 150 CFi, die leistungsstärkste Kaltfräse der Wirtgen Kompaktklasse. Sie kann dank ihres geringen Transportgewichts auf den meisten Strecken ohne besondere Transportgenehmigung befördert werden – ein großer Vorteil, wenn es darum geht, Fräseinsätze flexibel und schnell auszuführen.

Der Frontlader mit 283 kW Leistung und einer Fräsbreite von 1,50 m ist ideal für größere Baustellen mit beengten Platzverhältnissen. Dort unterstützt das ausgereifte Sichtkonzept in Kombination mit den Kamerasystemen den Fahrer beim Manövrieren der Fräse. Insbesondere in den Nachtstunden haben die vielen Kameras rund um die Fräsen den Fahrern auf der A1 die Arbeit erheblich erleichtert. „Ich sehe genau, wo das Fräsgut im LKW landet. Außerdem erkenne ich, was unmittelbar vor und hinter der Fräswalze passiert“, erklärt Fräsenfahrer Jens General. Dazu kommt die extrem gute Ausleuchtung des gesamten Arbeitsumfelds der Fräsen durch helle LED-Leuchten. Die gute Sicht führt einerseits zur mehr Sicherheit und hilft andererseits, die gewünschte Präzision abzuliefern.

Ein hoher Lenkeinschlag der Vorderachse sorgt zudem für kleinste Wendekreise, während große Bandschwenkwinkel von jeweils 60° nach links und rechts die Materialverladung auch in schwierigen Baustellensituationen ermöglichen. Um die Kraft der W 150 CFi optimal auf die Straße zu bringen, verfügt dieses Modell darüber hinaus über ISC (Intelligent Speed Control). Wie eine Antischlupfregelung beim Auto verhindert das System durchrutschende Ketten und garantiert die maximale Traktion aller Fahrwerke für die maximal mögliche Fräsleistung. Ebenfalls im Einsatz: zwei Großfräsen W 210i von Wirtgen. Dank ihrer hohen Leistungsfähigkeit und präziser Fräs- und Nivellierprozesse sind sie prädestiniert für die wirtschaftliche Abwicklung unterschiedlichster Fräsanwendungen – wie beim Feinfräsen auf der A1.

Maximale Ebenheit durch Multiplex-Nivelliersystem

Für das Fräsen der 4 cm starken Deckschicht waren Feinfräswalzen ausgeschrieben. GMS entschied sich bei diesem Projekt daher für Feinfräswalzen vom Typ LA6 mit 2 Meißeln pro Schneidlinie. Sie sind im Gegensatz zu einer Standard-Fräswalze mit 672 statt 168 Fräsmeißeln bestückt. Der Schneidlinienabstand von 6 mm erzeugt eine sehr fein strukturierte Fahrbahnoberfläche mit geringer Rautiefe, die eine optimale Verzahnung der Fräsfläche mit der neu einzubauenden Schicht ermöglicht. Außerdem setzte GMS auf das Multiplex-Nivelliersystem, das sich insbesondere für den Einsatz bei Feinfräsarbeiten zur Egalisierung von Unebenheiten in Längsrichtung eignet. Dazu werden auf einer oder beiden Maschinenseiten mehrere Sensoren (z. B. Seilzug-, Ultraschall-, Zylindersensor) kombiniert, die die tatsächliche Fahrbahnhöhe messen. Die Nivellierautomatik ermittelt dann aus diesen Ergebnissen den Mittelwert. Anhand dieses Wertes stellt die Steuerung automatisch die Frästiefe ein. Auf diese Weise werden Längswellen sehr gut ausgeglichen und eine hohe Ebenheiterzielt.

Unmittelbar nach dem Fräsen wurde die Fräsfläche mit Saug-Kehrwagen penibel gereinigt, so dass kurze Zeit später der Vögele Fertiger Super 1800-3i SprayJet in Aktion treten konnte. Der Sprühfertiger wurde speziell für den Einbau von dünnen Schichten im Heißeinbau auf Versiegelung (DSH-V) und für den konventionellen Einbau mit Vorsprühen gebaut. Er kann aber auch Deck- und Binderschichten einbauen, ohne das Sprühmodul zu aktivieren. Das Team von Gehrken hat den Einbau auf ca. 5.000 m² Nacht für Nacht mit einem Vorschub von 7 - 8 m/min in 2-3 Stunden komplett erledigt. Dadurch blieb genügend Zeit für das Abkühlen des Belags und das Aufbringen der Markierung, so dass pünktlich um 5 Uhr der erneuerte Abschnitt für den Verkehr freigegeben werden konnte.

Dünnschichteinbau: Vögele SprayJet-Technologie optimal für OPA-Deckschicht

Insbesondere beim Einbau von OPA ist ein Sprühfertiger unverzichtbar, denn unter dem offenporigen Asphalt muss eine SAMI-Schicht zum Schutz gegen die Durchfeuchtung der Unterlage eingebaut werden. Auf dieser Schicht wird das Oberflächenwasser aus der Deckschicht des OPA kanalisiert und zu den Rändern geleitet. Das Material der Wahl sind wasserundurchlässige Emulsionen aus polymermodifiziertem oder gummimodifiziertem Bitumen. Diese Schichten entfalten nur dann ihre Wirkung, wenn sie unbeschädigt sind. Dadurch verbietet es sich, dass Lkw über den aufgesprühten Film fahren. Die Vögele SprayJet-Technologie löst dieses Problem, indem der frisch aufgetragene Bitumenfilm direkt im Anschluss an die Applikation mit Asphalt überbaut wird.

Das SprayJet-Pinzip

Um die Bitumenemulsion flächendeckend aufzutragen, ist der SprayJet-Fertiger mit fünf Sprühbalken ausgestattet. Drei der Balken sind fest installiert. Sie befinden sich unmittelbar hinter dem Abdruckbalken zwischen den Raupenfahrwerken bzw. hinter den Fahrwerken rechts und links. An jeder Seite ist zusätzlich ein beweglicher Sprühbalken mit je sieben Düsen angebracht. Er ermöglicht einen lückenlosen Emulsionsauftrag selbst bei wechselnden Einbaubreiten. Die Sprühmenge lässt sich dabei exakt im Bereich von 0,3 bis 1,6 kg/m² dosieren – auf der A1 waren es 0,5 kg/ m². Über das Farbdisplay erhält der Fertigerfahrer alle wichtigen Informationen und kann die gewünschte Sprühmenge sehr einfach eingeben. Dabei sprühen die SprayJet-Düsen im Impulsbetrieb, und die Sprühimpulse werden abhängig von der eingestellten Emulsionsmenge, der Einbaugeschwindigkeit und der Einbaubreite automatisch gesteuert. Das garantiert einen gleichmäßigen, flächendeckenden Film. Die gesamte Sprühtechnik ist als eine in sich geschlossene funktionale Einheit realisiert. Dadurch kann der Super 1800-3i SprayJet sowohl als Sprüh- als auch als Standardfertiger eingesetzt werden. Seine maximale Sprühbreite beträgt 6,00 m. Als Standardfertiger ohne Sprühfunktionalität beträgt die maximale Einbaubreite sogar 9,00 m.

Die vorgesprühte Bitumenemulsion muss, um ihre Funktion zu erfüllen, „brechen“. Das heißt, das enthaltene Wasser muss entweichen. Dabei hilft die Verwendung spezieller, schnell brechender, kationischer polymermodifizierter Emulsionen. Sie wird mit einer Temperatur von 70 bis 80 °C aus dem Tank des SprayJet aufgesprüht. Kommt sie dann mit dem weit über 100 °C heißen Mischgut in Kontakt, verdampft der Großteil des Wassers – die Emulsion „bricht“. Eventuell noch verbliebenes Wasser kann später aus der Bitumenemulsion durch die Poren der Asphaltschicht verdunsten.

Super 1800-3i SprayJet: Einfache Bedienung – hohe Qualität

Neben der SprayJet-Technologie hat der Super 1800-3i SprayJet all das zu bieten, was einen Vögele Fertiger auszeichnet. So kompensiert der gefederte Abdruckbalken zuverlässig Stöße der Mischgutfahrzeuge – das sorgt für eine hochwertige und ebene Asphaltdecke.

Neuer Asphalt: Benninghoven Mischgut aus der Nachbarschaft

In einigen Nächten war auch bei der Mischgutherstellung ein Produkt der Wirtgen Group mit von der Partie: Die Benninghoven Mischanlage der Kemna Bau Andreae GmbH & Co. KG. 1999 in Kamen-Heeren errichtet, überzeugt die stationäre Asphaltmischanlage vom Typ BA 3000 seither durch hohe Qualität und Wartungsfreundlichkeit: „Die Dame ist ausgesprochen zuverlässig“, lobt Mischmeister Christoph Schauf. Ein Grund für die Qualität ist die konservative Auslegung der wartungsfreundlichen, hochwertigen Komponenten. Sie können dauerhaft bei Temperaturen von über 400 °C betrieben werden. Zudem sind alle Antriebe intelligent außen angelegt, um sie vor zu großer Hitze zu schützen.

Weil die Anlage in Kamen nahe einem Wohngebiet liegt, ist Kemna als Betreiber daran interessiert, die Geräusch- und Staubemissionen gering zu halten. Das löst Benninghoven durch die Kapselung aller Komponenten. Weiterhin verhindert diese Einhausung eine Wärmeabstrahlung und optimiert so die Energiebilanz. Beispielhaft ist neben dem niedrigen Energieverbrauch auch die Wärmeisolierung der Heißbereiche. Diese trägt zur Schonung der Ressourcen bei und steigert damit die Kosteneffizienz.

Brennertechnologie heizt richtig ein

Zum wirtschaftlichen Betrieb trägt auch der leistungsstarke Benninghoven Brenner bei. In Kamen-Heeren ist ein 3-fach-Brenner installiert, der Braunkohlestaub, Gas oder Öl verarbeiten kann. Per Knopfdruck ist es möglich, den Brennstoff zu wechseln – ganz ohne mechanische Umbauten. Damit sind die Betreiber vor Stillstandzeiten der Anlage aufgrund von Rohstoffmangel oder Lieferschwierigkeiten gefeit. Und nicht zuletzt kann bei Preisschwankungen schnell zu einem wirtschaftlicheren Brennstoff gewechselt werden.

Wirtgen Group

www.wirtgen-group.com

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