Unter der Erde, aber nicht unsichtbar
Die Abfallstrategie hinter dem SuedOstLinkBeim Projekt SuedOstLink, einem wegweisenden Infrastrukturprojekt der deutschen Energiewende, entstehen Bohrschlämme, die sicher entsorgt werden müssen. Hier kommt die Mudcon GmbH ins Spiel.
Der SuedOstLink ist ein wegweisendes Infrastrukturprojekt der deutschen Energiewende. Diese Gleichstromtrasse wird zukünftig Windstrom aus dem Norden Deutschlands in die Industriezentren im Süden transportieren und sie mit nachhaltig erzeugtem Strom versorgen. Auf einer Strecke von insgesamt 540 Kilometern Länge werden Höchstspannungsleitungen unter der Erde den Aufbruch in eine nachhaltigere Zukunft symbolisieren.
Einige der Herausforderungen beim Bau dieser Trasse werden leicht übersehen. Im Zuge der notwendigen Horizontalbohrungen muss eine sichere Entsorgung der dabei entstehenden Bohrschlämme garantiert werden. Eine perfekte Aufgabe für die Mudcon GmbH, ein Tochterunternehmen der leistungsstarken Seier Gruppe: Mit innovativen Verfahren stellt das Unternehmen die Einhaltung höchster Standards sicher, so dass auch der Bau so nachhaltig wie möglich abgewickelt werden kann.
SuedOstLink: Ein Mammutprojekt mit Umweltanspruch
Mehr Windkraft bedeutet mehr saubere Energie – doch ohne leistungsfähige Stromnetze bleibt das Potenzial ungenutzt. Der SuedOstLink soll genau das ändern. Er wird Windstrom aus dem Norden bis nach Bayern transportieren, und zwar mittels Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ). Diese Technik eignet sich besonders für lange Strecken, weil sie Energie effizienter überträgt als das im üblichen Wechselstromnetz passiert.
Was auf dem Papier zunächst nach einer eleganten Lösung aussieht, stellt alle Beteiligten ingenieurtechnisch vor enorme Herausforderungen, weil die Leitung vollständig unter der Erde verläuft. Wo Straßen, Flüsse und Schutzgebiete unterquert werden müssen, kommen Horizontalbohrungen zum Einsatz. Diese ermöglichen zwar eine grabenlose Verlegung der Kabel, erzeugen jedoch eine große Menge Bohrschlamm. Dieses Gemisch aus Bentonit, Wasser und Aushubmaterial darf nicht einfach beseitigt werden. Vielmehr ist der Verursacher verpflichtet, dafür zu sorgen, dass es fachgerecht aufbereitet und entsorgt werden kann.
Das macht die Entsorgung der Bohrschlämme zu einer wichtigen Aufgabe hinsichtlich der Umweltverträglichkeit und nicht nur zu einem kleinen Nebenaspekt des Großprojekts. Böden und Wässer müssen geschützt werden und die Arbeiten dennoch reibungslos weiterlaufen. Jeder einzelne Meter der Trasse muss nicht nur gebaut, sondern auch mit Blick auf seine Umweltauswirkungen durchdacht werden.
Spezialist für nachhaltige Abfallentsorgung
Auf dem Abschnitt A1 des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, der auf einer Länge von 88 Kilometern durch Sachsen-Anhalt führt, übernimmt die Mudcon GmbH die verantwortungsvolle Aufgabe der fachgerechten Entsorgung der Bohrschlämme. Als Spezialist für nachhaltige Abfallentsorgung trägt das Unternehmen entscheidend dazu bei, dass die Arbeiten am SuedOstLink den hohen ökologischen und gesetzlichen Standards gerecht werden und so nicht nur das Produkt, sondern auch der Bau der Trasse im Zeichen der Nachhaltigkeit und der Energiewende stehen.
Genau dafür hat Mudcon spezifische Verfahren entwickelt, die den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft entsprechen. Wertvolle Rohstoffe können zurückgewonnen und neu eingesetzt werden. Dazu werden die Bentonit-anteile aus dem Bohrschlamm extrahiert und in eigenen Anlagen aufbereitet.
Wichtig ist diese Vorgehensweise besonders in Naturschutzgebieten oder Flächen mit Grundwasserschutz. Jeder Schritt wird lückenlos dokumentiert, um die strengen Auflagen zu erfüllen und diesen Prozess nachvollziehbar zu machen. Das Ziel dabei: Die Projektpartner bei der Einhaltung der komplexen Umweltauflagen entlasten.
Der Erfolgsfaktor der Mudcon: Expertise
In den vergangenen Jahren haben sich die Vorschriften für den Umgang mit Abfällen im Bauwesen verschärft. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) stellt hohe Ansprüche an die Vermeidung, Verwertung und Entsorgung von Abfällen, um Ressourcen im Wirtschaftskreislauf zu halten und die Umweltbelastung zu vermindern. Nicht nur technisch, sondern auch logistisch und rechtlich stellt dies die Infrastrukturbaubranche vor große Herausforderungen.
So gab es beispielsweise einen Erlass des Landes Niedersachsen aus dem Jahr 2015. Durch das Verbot, Bohrschlämme als Dünge- oder Bodenverbesserungsmittel einzusetzen, wurde Bohrschlamm als ordnungsgemäß zu entsorgender Abfall eingestuft. Dabei liegt die Pflicht zur fachgerechten Entsorgung der Abfälle beim Verursacher. „2015, nachdem das Land Niedersachsen das Verbot ausgesprochen hatte, stand die Branche vor einer großen Herausforderung – für viele schier unvorstellbar. Nicht für die Seier Gruppe: Aus der Herausforderung wurde eine Chance gemacht und die Mudcon gegründet, um die Branche wieder handlungsfähig zu machen“, erklärt Carsten Weiß, Geschäftsführer der Mudcon GmbH.
Laut des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2007 (Az.7C5.07) dient daher ein zur Entsorgung beauftragtes Drittunternehmen lediglich als technischer Gehilfe bei der Erfüllung der Abfallentsorgerpflicht oder der Pflicht zur Abfallverwertung. Große Unternehmen wie 50Hertz vertrauen deshalb auf Unternehmensgruppen wie die Seier Gruppe mit ihrer Tochter Kuhlmann Leitungsbau GmbH & Co. KG, die durch ihre enge Zusammen-arbeit mit Mudcon eine rechtssichere Entsorgung gewährleistet.
Gegründet wurde die Mudcon GmbH 2018 mit dem Ziel, nachhaltige und rechtskonforme Lösungen zu entwickeln. Sie begleitet Tiefbauunternehmen bei ihren Projekten, verwertet alle anfallenden Bohrschlämme und sorgt für einen reibungslosen und rechtskonformen Ablauf, inklusive einer lückenlosen Dokumentation. Zu diesem Ablauf gehören auch Probenahmen und Analysen durch akkreditierte Labore. Zum Einsatz kommen ein umfangreicher Fuhrpark sowie ein ausgereiftes Dispositionsmanagement.
Da gemäß einem Gutachten aus dem Frühjahr 2021 Bohrschlämme zudem zur Gruppe 01 05 des Europäischen Abfallverzeichnisses (EAV) gehören, müssen sie in einer professionellen Entsorgungsanlage ordnungsgemäß aufbereitet werden. Seit September 2019 ermöglicht Mudcon dies in einer unternehmenseigenen Einrichtung. Die Kapazität der Anlage liegt bei 13.000 Tonnen pro Jahr.
Mit diesem Handeln hat sich Mudcon in den vergangenen Jahren die Marktführerschaft erarbeitet. Heute können bis zu 150 Aufträge gleichzeitig mit einem Volumen bis zu 5000 Kubikmeter abgewickelt werden. Mudcon ist bereits bestens auf die steigenden Mengen bei der Verwertung von Bohrschlämmen vorbereitet. Das Unternehmen unterstützt seine Geschäftspartner mit effizienter und rechtskonformer Entsorgungstechnik. „Wir suchen permanent nach neuen Möglichkeiten, Anlagetechniken zu verfeinern und dadurch die Effizienz unserer Anlagen zu steigern“, berichtet Betriebsleiter Günther Sievers.
Am Beispiel des SuedOstLink zeigt die Seier Gruppe, dass nachhaltige Kreislaufwirtschaft nicht nur ein regulatorisches Muss ist, sondern ein echter Erfolgsfaktor für Großprojekte. Denn wer Verantwortung für Ressourcen übernimmt, trägt nicht nur zum Umweltschutz bei – sondern auch zum Gelingen der Energiewende.
Seier Holding GmbH & Co. KG
www.seier-gruppe.de
Herr Weiß, der SuedOstLink ist eines der zentralen Projekte der deutschen Energiewende. Welche spezifischen Herausforderungen haben Sie bei der Abfallentsorgung der Bohrschlämme bisher erlebt und wie trägt die Mudcon GmbH zur Lösung dieser Probleme bei?
Eine zentrale Schwierigkeit sind kurzfristige und unvorhersehbare Veränderungen der Bodenklassen. Da sich dadurch die gesamte Bearbeitung der Stoffe ändern kann, setzen wir auf eine intensive Eigenüberwachung. Dies ermöglicht uns, Verwertungswege frühzeitig und flexibel anzupassen. Ein kontinuierlicher Austausch zwischen dem Personal auf der Baustelle, die Sichtkontrollen durchführen und Informationen über Veränderungen sofort kommunizieren, und den Experten von Mudcon sorgt für eine schnelle Identifikation von Abweichungen und eine unmittelbare Reaktion darauf.
Darüber hinaus kann sich das Abfallaufkommen kurzfristig erheblich verändern. Um diese Spitzen zuverlässig abzufangen, setzen wir auf ein vorausschauendes und hochflexibles Dispositionsmanagement. Dadurch sind wir in der Lage, schnell und effizient auf Schwankungen zu reagieren und eine reibungslose Entsorgung sicherzustellen.
Die Mudcon GmbH ist bekannt für ihren Fokus auf nachhaltige und rechtssichere Entsorgungslösungen. Wie stellen Sie sicher, dass die Prozesse über die gesamte Projektlaufzeit hinweg höchsten Standards genügen?
Als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb (EFB) mit ISO 9001, ISO 14001, SCC*- und SCL-Zertifizierungen heben wir uns deutlich vom Branchendurchschnitt ab.
Unsere Mitarbeitenden sind in der Probennahme gemäß LAGA PN98 befähigt und werden zudem regelmäßig zu den Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes geschult. Unsere Maschinen werden laufend gewartet und wir sind stets offen für neue Methoden und Betriebsstoffe.
Einen zentralen Fokus legen wir außerdem auf unseren kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Wir stehen in engem Austausch mit Anlagenherstellern, experimentieren mit neuer Maschinentechnik und fördern den kreativen Austausch zwischen Betriebsleitung, Anlagenführern und Kolonnenführern. Als agiles Unternehmen können wir schnell gemeinsam Entscheidungen treffen und innovative Lösungen entwickeln.
Zusätzlich profitieren wir von der engen Integration in die Seier Gruppe. Unsere Schwester IBV Hamburg GmbH & Co. KG berät uns in Fragen der Ersatzbaustoffverordnung, des KrWG und der Analytik – ein entscheidender Vorteil für die Qualitätssicherung.
Auch die Arbeitssicherheit hat höchste Priorität: Unsere Teams sind professionell geschult und tragen vollständige persönliche Schutzausrüstung (PSA). Durch regelmäßige Überprüfungen unserer LKW und PSA, begleitet von Schulungen und Unterweisungen, stellen wir sicher, dass alle Vorschriften konsequent eingehalten werden. Dass wir stets auf höchstem Sicherheitsniveau arbeiten. zeigen auch unsere SCC*- und SCL-Zertifizierungen – sowie die enge Abstimmung mit unserem HSE-Management.
Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Wie möchten Sie persönlich Unternehmen und Entscheidungsträger für die Bedeutung nachhaltiger Abfallentsorgung sensibilisieren?
Ein wesentlicher Punkt ist die klare Kommunikation von Tiefbauunternehmen gegenüber ihren Auftraggebern: Bohrschlamm ist Abfall und muss entsprechend behandelt werden. Hier besteht ein eindeutiger Handlungsbedarf der Auftraggeber, denn die Verantwortung für eine fachgerechte Entsorgung liegt direkt bei ihm als Abfallerzeuger.
Deshalb stellen wir unser Konzept immer wieder möglichen Auftraggebern vor und arbeiten an einer steigenden Sensibilität für dieses Thema in der gesamten Branche. Durch die enge Verbindung zu unserem Schwesterunternehmen, der Kuhlmann Leitungsbau GmbH & Co. KG, können wir dieses Bewusstsein zudem gezielt bei Kunden aus dem öffentlichen und privaten Sektor fördern.
Oft werden in der Bauwirtschaft nicht alle umweltbezogenen Fragestellungen konsequent zu Ende gedacht. Dabei erzeugt die Branche eine der höchsten Emissionslasten – insbesondere im Umgang mit wertvollen Ressourcen wie Trinkwasser.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Nachhaltige Abfallentsorgung im Dialog. Nur, wenn Behörden, Auftraggeber und ausführende Unternehmen abgestimmt handeln kann der Umgang mit Bohrschlämmen effizient und rechtssicher geregelt werden und so maßgeblich zu einer sauberen Zukunft beitragen.
Um dieses Bewusstsein zu schärfen, bieten wir gezielte Beratungen, Vorträge und Schulungen an – sowohl auf Fachtagungen als auch direkt für Bauunternehmen und Auftraggeber. So bringen wir Fachwissen in die Praxis und zeigen auf, wie nachhaltige Entsorgungslösungen erfolgreich umgesetzt werden können.
Bohrschlämme müssen nicht nur fachgerecht entsorgt, sondern idealerweise verwertet werden – genau das ermöglicht die unternehmenseigene Anlage von Mudcon seit 2019 (s. Foto). Hier werden die Bohrschlämme in feste und flüssige Bestandteile getrennt: Das aufbereitete Wasser geht in die Kläranlage, der Boden wird – je nach Beschaffenheit – zur Renaturierung oder Verfüllung genutzt.
Mit einer Kapazität von 13.000 Tonnen pro Jahr entspricht die Anlage den Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und vereinfacht den Prozess für Bauunternehmen: Wer eine Bodenanalyse nach LAGA vorliegen hat, spart sich die spätere Untersuchung des Bohrkleins.
Kleinmengen bis 15 Kubikmeter können zudem ohne vorherige Analyse angeliefert und direkt vor Ort beprobt werden. Das spart Zeit und Kosten – und sorgt für eine nachhaltige Lösung, die Umwelt und Bauprojekte gleichermaßen entlastet.