Auslandsbau trotzt 2009
der internationalen Baukrise
Trotz des teilweise deutlichen Rückgangs der Bauleistung auf wichtigen internationalen Zielmärkten ist das Auslandsgeschäft der deutschen Bauindustrie 2009 überraschend stabil geblieben. Sowohl beim Auftragseingang (27,4 Mrd. Euro; - 5 %) als auch bei der Bauleistung (24,6 Mrd. Euro; - 3 %) wurden die Werte des Jahres 2008 nur geringfügig unterschritten.
Ausgehend von einem hohen Niveau hat die deutsche Bauindustrie das Volumen ihrer Auftragseingänge aus dem Ausland in der abgelaufenen Dekade um gut ein Drittel erhöht. Die starke Fokussierung auf das internationale Geschäft ist auch im Zusammenhang mit der deutschen Baukrise der Jahre 1995 bis 2005 zu sehen. Auch Liberalisierungsbestrebungen auf den internationalen Baumärkten sowie die sukzessive Ausweitung der Europäischen Union auf mittlerweile 27 Mitgliedsländer haben hierbei eine Rolle gespielt.
Wichtig, sowohl für die Entwicklung in den letzten zehn Jahren als auch für die Stabilisierung im vergangenen Jahr, war dabei die Fokussierung der deutschen Auslandsbautätigkeit auf die internationalen Wachstumsmärkte, vor allem in Asien/Australien. Das Volumen der Auftragseingänge aus dieser Region stieg zwischen 2000 und 2009 um mehr als das Vierfache, der Anteil am gesamten internationalen Auftragseingang von 20 % auf über 60 %. Der relative Bedeutungsverlust Amerikas (hier vor allem der USA) ist zu einem erheblichen Teil auf die Insolvenz der Philipp Holzmann AG und deren Ausscheiden aus der Statistik ab dem Jahr 2002 zurückzuführen. Dennoch lag 2009 der Auftragseingang aus Amerika noch um drei Viertel über dem Wert für Europa.
Das Europageschäft der deutschen Auslandsbauer war vom Volumen gesehen in den letzten zehn Jahren zwar relativ stabil, spielte aber mit einem durchschnittlichen Anteilswert von 16 % am internationalen Auftragseingang keine besondere Rolle. Bei wichtigen europäischen Wettbewerbern im internationalen Geschäft sieht dies ganz anders aus. Die Bauunternehmen aus Frankreich, Schweden, Österreich, Spanien sowie den Niederlanden wickelten durchschnittlich 70 % ihres internationalen Geschäftes in Europa ab. Da hier 2009 die Bautätigkeit um mehr als 8 % eingebrochen ist, dürften davon auch die Auslandsaktivitäten der genannten Länder negativ betroffen gewesen sein.
Das langfristige stabile Wachstum des deutschen Auslandsgeschäftes ist ausschließlich darauf zurückzuführen, dass in attraktiven Zielregionen Baufirmen übernommen wurden bzw. man eine Kapital-
beteiligung an diesen Firmen einging. Das bis Ende der 80er Jahre noch vorherrschende „traditionelle“ Auslandsgeschäft, also die direkte grenzüberschreitende Akquisition, spielt mittlerweile mit Anteilswerten um die 5-Prozentmarke nahezu keine Rolle mehr. Zudem konzentriert sich dieses Geschäft weitestgehend auf den – von Deutschland aus steuerbaren – europäischen Markt.
Innerhalb Europas kam es in den letzten 20 Jahren zu einem erheblichen Bedeutungswandel. Noch in den 90er Jahren dominierte Westeuropa (die „alte“ EU der 15 Mitgliedsländer) mit einem Anteil von 80 % das europäische Auslandsgeschäft. In den Jahren 2000 bis 2009 sank dieser Anteil auf durchschnittlich 60 %, im abgelaufenen Jahr auf nur noch die Hälfte. Zugelegt in ihrer Bedeutung haben im Gegenzug vor allem die mittel- und osteuropäischen Reformnationen, in denen in den letzten 15 Jahren regelmäßig ein mehr als doppelt so hohes Wachstum der Bautätigkeit zu verzeichnen war wie in Westeuropa.
Der deutsche Auslandsbau weist im internationalen Kontext keine Sonderentwicklung auf. In der Auswertung von European International Contractors, dem Zu-
sammenschluss der großen international agierenden europäischen Baufirmen, spiegelt sich die gleiche Entwicklung wider. Von 2001 bis 2008 (Werte für das Jahr 2009 liegen noch nicht vor) verdoppelte sich hier der internationale Auftragseingang auf rund 165 Mrd. Euro, die Bauleistung legte nur unwesentlich schwächer um 85 % auf 150 Mrd. Euro zu.
Dipl.-Oec. Heinrich Weitz,
Berlin
E-Mail: heinrich.weitz@bauindustrie.de
Fokussierung auf Wachstumsmärkte