„Nachhaltigkeit und Innovationen sind Kernthemen von Allplan“

Die Baustelle früher in die Planungen einbinden

Gespräch mit Dr. Detlef Schneider, Geschäftsführer der Allplan Deutschland GmbH, über den Deutschen Baupreis, den Stand der Digitalisierung, und über Synergien innerhalb der Nemetschek-Unternehmensgruppe

THIS: Herr Dr. Schneider, Sie unterstützen den Deutschen Baupreis. Warum dieses Engagement?

Dr. Detlef Schneider: Der Deutsche Baupreis konzentriert sich auf Verbesserungen im Bauprozess, auf Innovationen. Das sind auch Kernthemen von Allplan. Schon seit der Gründung durch Prof. Georg Nemetschek 1963 haben wir uns darauf konzentriert, den Bauprozess mit digitalen Methoden zu verbessern. Umso mehr gefällt uns, dass es dieses Jahr einen Sonderpreis für Digitalisierung gibt. Da der deutsche Markt für uns sehr wichtig ist, unterstützen wir gerne deutsche Innovationen im Bauwesen.

THIS: Wie hat sich das Thema „Digitalisierung“ in den letzten Jahren in Deutschland entwickelt?

Dr. Detlef Schneider: Hierzulande haben wir etwas später angefangen. In Großbritannien, Skandinavien und Australien ist man, was die Einführung von BIM angeht, schon ein Stück weiter. Aber es ist nicht das erste Mal, dass sich Deutschland einem Thema langsamer nähert, um dann stark aufzuholen.

Wenn die Planungsmethodik einer großen Branche auf ein neues Niveau gehoben werden soll, ist die Qualifizierung ein Kernthema. Wir haben einen Beitrag geleistet, indem wir viel für die Ausbildung getan haben – von einheitlichen BIM-Zertifizierungen bis hin zur Unterstützung der Hochschulen. Schulungsangebote werden heute überall sehr gut angenommen. Das ist das beste Zeichen für eine erfolgreiche Einführung von BIM in Deutschland.

THIS: Nun ja, in Sachen Digitalisierung ist
Deutschland sicherlich nicht der Vorreiter ...

Dr. Detlef Schneider: Stimmt. In anderen Ländern, etwa in England oder Singapur, ist man deutlich pragmatischer unterwegs, da laufen Bauantrag und Baugenehmigung bereits digital. Von diesen Ländern können wir noch eine Menge lernen. Aber auch in Deutschland sehen wir den digitalen Bauantrag auf einem guten Weg. Wenn auch erstmal nicht mit BIM, sondern planbasiert.

THIS: Liegt das daran, dass wir in Deutschland eine etwas andere Struktur des Baugewerbes haben als in anderen Ländern?

Dr. Detlef Schneider: Unsere Stärke in Deutschland ist der Mittelstand, nicht nur im Bauwesen. Wir haben in der Regel andere oder kleinere Strukturen. Das bringt bei der Digitalisierung Herausforderungen mit sich.

THIS: Welche Herausforderungen sehen Sie?

Dr. Detlef Schneider: Wenn man den kompletten Planungsprozess anschaut, wir haben in kleineren Unternehmen ein, zwei oder drei Leute, die sich innerhalb ihres Berufsbildes um ein breites Spektrum an Leistungen und die intensive Zusammenarbeit mit Planungspartnern – vom Design bis zur Abnahme – kümmern. Hier besteht auf unserer Seite die Herausforderung, den Kunden ein breites und leicht bedienbares funktionales Portfolio anzubieten.

Bei großen Firmen drehen sich die Herausforderungen mehr um Effizienz, Transparenz sowie die Kontrolle bei der Zusammenarbeit und die Automatisierung von Prozessen. Diese Büros haben viele Planer, die an einem Projekt gleichzeitig arbeiten, und noch mehr Partner und Nachunternehmer, die sie in ihre Prozesse integrieren müssen. Das erhöht die Anforderungen an das Datenmanagement.

THIS: Wem gehören Daten, wer hat welche Rechte?

Dr. Detlef Schneider: Ich halte das Thema für ausreichend geklärt – in dem Sinne, dass es die Branche nicht abhalten sollte, digitale Projekte anzugehen. Cloud-Anbieter machen da einen guten Job.

Leider erzeugen viele CDEs im Markt Datensilos, die am Ende der Bauphase irgendwo archiviert werden. Wir verfolgen einen Building-Lifecycle-Intelligence-Ansatz, der deutlich smarter ist.

THIS: Haben inzwischen die Anforderungen der Bauherren
Einfluss auf die Planung oder Zugriff auf die Daten?

Dr. Detlef Schneider: Ich würde es in zwei Themen unterteilen: Das eine ist der Betrieb, da sind wir beim digitalen Zwilling. Gerade bei komplexen Gebäuden und Projekten ist aufgrund des immer noch hohen Anteils manueller Fertigungsprozesse die Wahrscheinlichkeit groß, dass nicht exakt so gebaut wird wie geplant. Daher ist es für den Betrieb wichtig, nicht nur die Planungsmodelle zu haben, sondern auch Änderungen nachzuführen, die sich während der Bauphase ergeben.

Ein zweiter Punkt ist der Informationsgehalt der Modelle. Im Baubetrieb spielt die geometrische Detailtiefe der Planungsmodelle eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist, dass alle Bauteile so attribuiert werden, dass möglichst alle Informationen in die Facility-Management-Software übernommen werden können. Das spart Geld und erhöht die Qualität der Betriebsmodelle. Wenn der digitale Zwilling von Anfang an up-to-date gehalten wird, ist er eine wertvolle Informationsgrundlage für 30 bis 80 Jahre.

THIS: Sind die Bauwerke aus dem BIM-Prozess bessere
Bauwerke?

Dr. Detlef Schneider: Das ist unser Ziel. Ein sehr wichtiges Thema ist, wie man die Nachhaltigkeit eines Gebäudes schon in der Planungsphase garantieren kann. Die Baukosten betragen je nach Rechenmodell 30 bis 50 Prozent der gesamten Lebenszykluskosten. Daher ist es extrem wichtig, beim Thema Nachhaltigkeit auch die Bauphase im Blick zu haben. Das ist bei weitem noch nicht selbstverständlich.

Wir bei Allplan streben an, den gesamten Lebenszyklus des Bauwerkes stärker und weiter vorne in der Planungsphase zu berücksichtigen. Vom Design bis zur Renovierung. Wenn ich mich in der Bauausführung an einer bestimmten Stelle für Betonfertigteile statt Ortbeton entscheide, ist es hilfreich, wenn das in der Planungsphase schon berücksichtigt wurde.

Dazu zählen Lean-Construction-Themen, wie etwa die Taktung, Baumaschinenmanagement oder Logistik. Zum Beispiel, wo stelle ich idealerweise einen Kran hin? Das adressieren wir als Allplan mit Design-to-Build. Wenn nicht nur der Betrieb optimiert wird, sondern wir auch auf der Baustelle effizient vorgehen, erreichen wir ein neues Niveau von Nachhaltigkeit für unsere Städte.

THIS: Sie nannten Betonfertigteile. Wächst dort der Bedarf?

Dr. Detlef Schneider: Ja, eindeutig. Ende vergangenen Jahres sind wir mit der Firma Precast Software Engineering fusioniert, die sich auf Basis der Allplan-Plattform auf die Planung von Betonfertigteilen konzentriert. Zum einen natürlich, um unseren Kunden eine Plattform für die Fertigteilplanung zu bieten. Zum anderen aber auch, um einen kontrollierten und sicheren Bauprozess früher in die Planung einzubinden.

THIS: Sehen Sie im industriellen Bauen einen Trend?

Dr. Detlef Schneider: Definitiv. Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist die Fusion mit SDS2, mit der wir den konstruktiven Stahlbau abdecken. Auch hier geht es um die Vorfertigung und darum, den Bauprozess möglichst früh in die Planung zu integrieren. Wir wollen es unseren Kunden ermöglichen, möglichst viele Kons-truktionsmethoden in einem Projekt einzusetzen, ohne unsere Plattform verlassen zu müssen. An jeder Stelle des Bauwerks soll genau die Konstruktionsmethode verwendet werden, die dort die höchste Performance hat. Also nicht nur Beton, der bezüglich CO2 heute in der Kritik steht, sondern auch Stahl, Holz und Komposite.

THIS: Sie streben also eine umfassende und möglichst frühe Abdeckung des Bauprozesses durch Allplan an?

Dr. Detlef Schneider: Wir wollen dem Bauherrn ermöglichen, möglichst effizient und nachhaltig zu planen, zu bauen und zu betreiben. Das ist unsere Kernkompetenz, auch innerhalb der Nemetschek Group, mit der wir umfassend aufgestellt sind. Wir haben beispielsweise mit Spacewell ein Schwesterunternehmen, das sich um Facility-Management, Workplace-Management und Energieverbrauchsreduktion im Betrieb von Gebäuden kümmert. Und auch da haben wir gemeinsame Lösungen von Allplan und Spacewell, mit denen wir BIM-Modelle verlustfrei in den digitalen Zwilling überführen.

THIS: Haben Sie dafür auch eine eigene Cloud-Plattform?

Dr. Detlef Schneider: Die beiden Themen Software und Cloud lassen sich nicht mehr voneinander trennen. Fachplaner und Bauherren sollen kontinuierlich in Projekte eingebunden werden, bauausführende Firmen sollen stärker in den Planungsprozess integriert werden. Gerade bei der Lösung von Planungsfehlern hilft die Cloud: Im Koordinationsmodell in der Cloud werden Planungsfehler erkannt und dokumentiert, relevante Beteiligte werden automatisch informiert. So können Lösungen während der Planung strukturiert und gemeinsam erarbeitet werden, anstatt später auf der Baustelle Planungsmängel zeitintensiv, teuer und mit großem Aufwand beheben zu müssen.

THIS: Ich glaube, dass „Transparenz“ ein wichtiges Stichwort für Problemlösungen ist.

Dr. Detlef Schneider: Unbedingt. Viele Planungsbeteiligte und vor allem aber die Bauherren wünschen sich mehr Transparenz und Sicherheit während der Bauphase. Welche Probleme sind gelöst, welche noch offen? Wo steht das Projekt gerade bezüglich Baukosten und Bauzeiten? Transparenz ist auch im Sinne der Bürgerbeteiligung an öffentlichen Projekten wichtig. Wäre es nicht besser, anschauliche virtuelle 3D-Begehungen anzubieten, anstatt stapelweise Pläne auszulegen, die nur Experten richtig lesen können? Hierin liegt auch eine Chance, über die Digitalisierung Vorfreude auf das Neue zu schaffen und politische Entscheidungsprozesse zu verkürzen.

THIS: Apropos Transparenz – zum Abschluss würde ich gerne wissen, ob Sie einen Favoriten für den Deutschen Baupreis haben?

Dr. Detlef Schneider: Wir freuen uns darauf zu sehen, was passiert. Nicht nur bei den Bauunternehmen, sondern auch bei den Sonderpreisen in den Kategorien Digitalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit. Das sind die drei Themen, die wir uns bei Allplan auf die Fahne geschrieben haben. Diese Themen sind wichtig für unsere Kunden, unsere Mitarbeiter und unsere Gesellschaft. Deswegen sind wir auf die Beiträge in diesen Kategorien besonders gespannt. Wir drücken aber allen Teilnehmern die Daumen.

Allplan Deutschland GmbH

www.allplan.de

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