Änderung der VgV 2011
Am 17.08.2011 ist die Vierte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge in Kraft getreten. Mit der Änderung der Vergabeverordnung (VgV) wird das Kriterium der Energieeffizienz als wichtiges Kriterium bei der öffentlichen Vergabe oberhalb der Schwellenwerte rechtlich verankert.
Die Änderung der Vergabeordnung dient der Umsetzung des Artikels 9 Abs. 1 der Richtlinie 2010/30 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (ABl. L 153 vom 19.06.2010, S. 1) sowie der Anpassung an die Berichtigung zur Richtlinie 2009/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2009 über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge (ABl. L37 vom 11.02.2011, S. 30).
Die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen nationalen Vergaberegeln sind in der Vergabeverordnung verankert worden.
Die Absätze 4 bis 6 des § 4 VgV wurden ersetzt. Abs. 2 des § 6 wurde durch die Absätze 2 bis 6 ersetzt. Demnach müssen bei energieverbrauchsrelevanten Ausschreibungen besondere Anforderungen beachtet werden. Während § 6 Bauleistungen regelt, regelt § 4 Liefer- und Dienstleistungen.
Wie wird das Merkmal der Energieeffizienz in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt?
Wenn energieverbrauchsrelevante Waren, technische Geräte oder Ausrüstungen Gegenstand einer Lieferleistung oder wesentliche Voraussetzungen zur Ausführung einer Dienstleistung sind, sind gemäß § 4 VgV besonderen Anforderungen zu beachten. So soll in der Leistungsbeschreibung im Hinblick auf die Energieeffizienz Anforderungen an
1. das höchste Leistungsniveau an Energieeffizienz und
2. soweit vorhanden die höchste Energieeffizienzklasse im Sinne der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung
gestellt werden.
Ebenfalls in der Leistungsbeschreibung oder an anderer geeigneter Stelle in den Vergabeunterlagen sind von den Bietern Informationen zu fordern, wie
1. konkrete Angaben zum Energieverbrauch, es sei denn, die auf dem Markt angebotenen Waren, technische Geräte oder Ausrüstungen unterscheiden sich im zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig, und
2. in geeigneten Fällen eine Analyse minimierter Lebenszykluskosten oder die Ergebnisse einer vergleichbaren Methode zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit.
Im Rahmen der Ermittlungen des wirtschaftlichen Angebotes nach § 97 Abs. 5 GWB ist die durch die Informationen ermittelte Energieeffizienz als Zuschlagskriterium angemessen zu berücksichtigen.
Im Weiteren wird in der Verordnung geregelt, dass insbesondere bei der Beschaffung von Straßenfahrzeugen der Energieverbrauch und die Umweltauswirkungen als Kriterien angemessen zu berücksichtigen sind.
Beschaffungen, die unter den Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinie 2004/17/EG und 2004/18/EG fallen, sind von dieser Änderung nicht betroffen. Darunter fällt im Wesentlichen die Lieferung von Militärausrüstung, die Lieferung von sensibler Ausrüstung oder Leistungen speziell für militärische Zwecke oder sensible Leistungen, nicht jedoch Beschaffungen, die keinen unmittelbar militärischen oder sicherheitsspezifischen Bezug haben.
In § 6 wird in Übereinstimmung mit § 4 für die Vergabe von Bauleistungen verankert, dass das Kriterium der Energieeffizienz bei der Beschaffung von Waren, technischen Geräten und Ausrüstungen als wichtiges Kriterium zu berücksichtigen ist mit dem Ziel, dass die Angebote mit den höchsten Leistungsniveaus der Effizienzklassen der Waren, technischen Geräte und Ausrüstungen den Zuschlag bekommen, sofern diese für die Bauleistung wesentlich sind.
Forderung nach dem höchsten Leistungsniveau
Ziel der Regelung ist es, dass künftig bei der Vergabe öffentlicher Aufträge oberhalb der Schwellenwerte Produkte und Dienstleistungen beschafft werden, die im Hinblick auf die Energieeffizienz die höchsten Leistungsniveaus haben und zur höchsten Energieeffizienzklasse gehören (BR-Drs. 345/11).
Künftig sollen bereits im Rahmen der Leistungsbeschreibung die höchsten Leistungsniveaus und Effizienzklassen gefordert werden. Darüber hinaus ist das Kriterium der Energieeffizienz bei der Auswahl des wirtschaftlichen Angebotes nach § 97 Abs. 5 GWB hoch zu gewichten.
Um dies zu erreichen, sollen zunächst auf der Ebene der Leistungsbeschreibung, soweit vorhanden, höchste Energieeffizienzklassen gefordert werden. Sollte es für die betreffende Produktgruppe noch keine Energieeffizienzklasse geben, sollen öffentliche Auftraggeber Anforderungen an das höchste Leistungsniveau an Energieeffizienz stellen. Es geht bei der Berücksichtigung der Energieeffizienz nicht um den Herstellungsprozess der Produkte, sondern allein um die Energieeffizienz bei deren Gebrauch (BR-Drs. 345/11).
Künftig sollen bereits im Rahmen der Leistungsbeschreibung die höchsten Leistungsniveaus und Effizienzklassen gefordert werden. Der Begriff „sollen“ lässt den Auftraggebern im Rahmen der Leistungsbeschreibung Spielraum für die Fälle, in denen die Forderung der höchsten Leistungsniveaus und Effizienzklasse ausnahmsweise nicht möglich ist.
Soweit das Kriterium der Energieeffizienz künftig bei der Auswahl des wirtschaftlichen Angebotes entsprechend hoch zu gewichten ist, bedeutet dies, dass nicht nur der Preis, sondern auch weitere funktionale und qualitative Anforderungen an das Produkt berücksichtigt werden können (BR-Drs. 345/11). Auf der Ebene der Auswahl des wirtschaftlichen Angebotes nach § 97 Abs. 5 GWB ist die Energieeffizienz in jedem Fall als hochgewichtetes Zuschlagskriterium zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im Sinne des § 97 Abs. 5 GWB bleibt somit unberührt (BR-Drs. 345/11).
Ob § 4 oder § 6 Anwendung findet, richtet sich nach der konkreten Leistung, die mit dem Auftrag erfüllt werden soll. Sollte nicht die Erstellung eines Bauwerkes, sondern die Beschaffung eines Produktes oder die Dienstleistung zur Erstellung eines Bauwerkes den Schwerpunkt des Auftrages bilden, so läge bereits keine Vergabe von Bauleistungen im Sinne des § 6 vor. Vielmehr wäre dann § 4 anwendbar (BR-Drs. 345/11).
Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Preis und der Beschaffungskosten, geht die Bundesregierung davon aus, dass durch ein Ansteigen der Nachfrage nach Produkten der höchsten Leistungs-/Effizienzklasse durch diese Regelungen eine erhöhte Stückproduktion die Produktionskosten senken und zur Kostensenkung auf der Nachfragenseite führen könnte.
Hinsichtlich der Nachhaltigkeit entspricht die Verordnung den Anforderungen der Bundesregierung an eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.
Sofern der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung wie in § 4 vorgegeben, das „höchste Leistungsniveau einer Energieeffizienz“ fordert, dürfte für das Zuschlagskriterium „Energieeffizienz“ kein Wertungsspielraum mehr bestehen. Enthält ein Angebot nicht das höchste Leistungsniveau an Energieeffizienz und ist dies so ausgeschrieben, wird sein Angebot die Stufe der Wirtschaftlichkeitswertung nicht erreichen, sondern im Vorfeld wegen Änderung der Verdingungsunterlagen auszuschließen sein.